Abnehm-Hype um WegovyBegehrte Fett-weg-Spritze kommt in die Schweiz
Anderthalb Jahre nach der Zulassung durch die Arzneimittelbehörde Swissmedic ist die Abnehmspritze Wegovy von Novo Nordisk hierzulande erhältlich – aber nur in beschränkten Mengen.
Darauf haben Abnehmwillige lange gewartet. Anderthalb Jahre nachdem die Arzneimittelbehörde Swissmedic die Abnehmspritze Wegovy für die Behandlung von Fettleibigkeit zugelassen hat, liefert der Hersteller Novo Nordisk diese Woche die ersten Dosen in der Schweiz aus.
Das dänische Unternehmen bestätigt gegenüber dieser Redaktion, dass Wegovy «im Rahmen einer kontrollierten und kontingentierten Einführung zur Behandlung von Adipositas erhältlich sein» soll.
Konkret heisst das: Das Angebot in der Schweiz wird vorerst begrenzt sein. «Patientinnen und Patienten sollen Wegovy nur innerhalb der Zulassung und unter ärztlicher Aufsicht anwenden», schreibt das Unternehmen, das dank seiner Abnehmspritzen zum wertvollsten Europas geworden ist.
Novo Nordisk appelliert an die Ärzteschaft, in erster Linie «Patientinnen und Patienten mit dem höchsten medizinischen Bedarf» zu behandeln. Und: Bei allfälligen Lieferengpässen soll das Arzneimittel «verantwortungsvoll und erst nach einer medizinischen Abklärung» verschrieben werden.
Dass Wegovy erst jetzt in die Schweiz kommt, hat mit Produktionsengpässen des Herstellers zu tun. Denn seit das Mittel vor zwei Jahren in den USA zur Behandlung von Adipositas zugelassen wurde, herrscht um Wegovy und andere verwandte Abnehmspritzen ein riesiger Hype.
Befeuert wird dieser durch Erfahrungsberichte in den sozialen Medien von Promis wie Elon Musk oder dem ehemaligen NBA-Star Charles Barkley. In Zulassungsstudien verloren die Teilnehmenden im Durchschnitt 12,5 Prozent ihres Körpergewichts.
Der Wirkstoff von Wegovy zügelt den Appetit
Wegovy enthält den Wirkstoff Semaglutid. Er gehört zur Klasse der GLP-1-Rezeptoragonisten und imitiert ein Hormon, das den Appetit zügelt und die Ausschüttung von Insulin ankurbelt. Semaglutid wurde ursprünglich als Mittel zur Behandlung von Diabetes Typ 2 entwickelt und ist in der Schweiz unter dem Markennamen Ozempic erhältlich. Eine Ozempic-Spritze ist niedriger dosiert als eine Wegovy-Spritze.
Auch bei Ozempic gibt es Lieferschwierigkeiten. Die Nachfrage nach dem Diabetesmittel sei riesig, sagte Philipp Gerber, Leitender Arzt an der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung am Universitätsspital Zürich, Anfang September zu dieser Redaktion. Patienten würden sich Ozempic auf Selbstzahlerbasis verschreiben lassen, und zwar als Abnehmspritze und nicht wie vorgesehen zur Behandlung von Diabetes. Das führe zu einer Unterversorgung jener Diabetes-Patienten, die diese Medikamente dringend brauchten. «Das sollte unbedingt vermieden werden», sagte Gerber.
Die Wegovy-Spritze ist nicht für jedermann gedacht, sondern muss ärztlich verschrieben werden. Gemäss Swissmedic darf die Spritze nur «in Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Ernährung und verstärkter körperlicher Aktivität» angewendet werden. Und zwar bei erwachsenen Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder höher (Adipositas) oder bei Menschen mit einem BMI von 27 bis 30 (Übergewicht) bei Vorliegen mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung.
Der Preis für eine Monatsdosis steht noch nicht fest
Eine Behandlung mit Wegovy kann einen teuer zu stehen kommen. Die Spritze muss einmal wöchentlich verabreicht werden. In Deutschland kostet eine Monatsdosis rund 300 Franken. In der Schweiz schlägt eine Monatsdosis der Diabetes-Spritze Ozempic mit 130 Franken zu Buche. Welchen Preis Novo Nordisk für Wegovy verlangen wird, steht noch nicht fest.
Ebenfalls unklar ist, ob die Kosten einer Behandlung mit Wegovy von den Krankenkassen übernommen werden. Saxenda, das schwächer wirkende Vorläufermedikament von Wegovy mit einem Wirkstoff aus der gleichen Wirkstoffklasse, wird über die Grundversicherung vergütet – allerdings erst ab einem BMI von mindestens 35 oder einem BMI von mindestens 28, falls zusätzliche gewichtsbedingte Begleiterkrankungen vorliegen.
Fest steht: Von der neuen Fett-weg-Spritze könnten in der Schweiz Hunderttausende Menschen profitieren. Gemäss der Gesundheitsbefragung vom vergangenen Jahr sind 31 Prozent der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig, 12 Prozent sind adipös respektive fettleibig. Männer sind dabei deutlich häufiger betroffen.
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