Überraschung bei Ausgrabung4000 Jahre alte Pest-DNA in England entdeckt
Erstmals wurde der Pest-Erreger in jahrtausendealten Gräbern nachgewiesen. Die Funde geben Auskunft über die Ansteckungsfähigkeit und Verbreitung der Krankheit.

1350. Die Pest tobt in London, es ist einer der schlimmsten Ausbrüche in der Geschichte der Stadt. Europaweit sprechen Forschende davon, dass rund ein Drittel der Bevölkerung durch die Pest verstorben ist. Die Pest kam und ging in Wellen, ein letztes Mal bäumte sie sich in Grossbritannien 1665 auf. Allerdings scheint das Pestbakterium schon weitaus früher als bislang vermutet auf die Britischen Inseln gelangt zu sein, wie eine aktuelle Ausgrabung zeigt.
Ein Team um die Forscherin Pooja Swali vom Francis Crick Institute in London fand bei zwei verschiedenen Fundstätten in England an den Überresten dreier vor etwa 4000 Jahren verstorbenen Personen Spuren des pestauslösenden Erregers, des Bakteriums Yersinia pestis. Im Südwesten Englands und in Nordengland untersuchten die Wissenschaftler 34 Skelette von Menschen aus der späten Steinzeit und der frühen Bronzezeit. Bei drei untersuchten Personen wurden die Forschenden fündig: Bei den aus dem Zahnmark der Verstorbenen gewonnenen Proben konnte Yersinia pestis festgestellt werden. Von ihren Funden berichtet die Forschungsgruppe im Fachjournal «Nature Communications».
Skelette zweier Kinder
Bei der Begräbnisstätte in Somerset im Südwesten Englands handelt es sich demnach um ein Massengrab, in dem mindestens 40 Tote etwa 15 Meter unter der Erde ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Von 30 Personen wurden Zahnproben entnommen, doch nur bei zweien konnte eine Pestinfektion eindeutig nachgewiesen werden – was allerdings nicht bedeutet, dass die anderen Personen nicht auch an der Pest erkrankt waren.
Die beiden Infizierten sollen zwei Kinder zwischen 10 und 12 Jahren gewesen sein. Auffällig ist, dass die Knochen der in Somerset Begrabenen Spuren von Gewalt aufweisen. Das lässt die Forschenden darauf schliessen, dass es sich nicht um ein Pestgrab handelt, sondern dass das Massengrab nach einer gewaltsamen Auseinandersetzung angelegt wurde. Bei der zweiten Ausgrabungsstätte im nordenglischen Cumbria fand man 4 begrabene Personen. Bei einer davon, einer zwischen 35- und 45-jährigen Frau, konnten die Forschenden die Pest-DNA nachweisen.
«Diese Erbinformationen helfen uns, zu verstehen, welche Gene für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wichtig sind.»
«Dass man Krankheitserreger in jahrtausendealten Proben finden kann, ist unglaublich», wird Swali in einer Mitteilung des Francis Crick Institute zitiert. «Diese Erbinformationen helfen uns, zu verstehen, welche Gene für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wichtig sind.» Denn bei der Analyse der gefundenen Pest-DNA haben die Forschenden festgestellt, dass jenes Gen fehlt, das bei der Übertragung durch Flöhe eine massgebliche Rolle spielt.
Demzufolge haben nicht jene Ungeziefer die Pest nach Grossbritannien gebracht, die auch etwa 3400 Jahre später für die Verbreitung des Schwarzen Todes verantwortlich waren. Dafür konnte jedoch nachgewiesen werden, dass das Erbmaterial der in Grossbritannien entdeckten Pestbakterien grosse Ähnlichkeit mit Pest-DNA aus der Bronzezeit im heutigen Deutschland aufweist. Diese geografische Ausbreitung erklärt das Forschungsteam damit, dass es sich um einen leicht übertragbaren Peststamm handeln könnte.
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