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Meinung

20 Jahre Mutterschaftsurlaub
Die Mütter benötigen mehr als nur 14 Wochen

Gabrielle und Dragica in Bern, 2004. Gabrielle hält ein Baby im Arm, im Hintergrund hebt Dragica ein weiteres Kind hoch. Mütter hoffen auf Annahme der Mutterschaftsversicherung.
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Vor 20 Jahren feierte die Schweiz einen längst überfälligen Meilenstein: 2005 erhielten berufstätige Mütter in der Schweiz nach einer Geburt endlich bezahlten Urlaub, 14 Wochen mit 80 Prozent Lohn. Frauenorganisationen und Politikerinnen hatten dafür ein Jahrhundert lang gekämpft. Die erste Petition hatten sie 1904 eingereicht.

So war die Mutterschaftsversicherung zwar ein grosser Sieg. Gleichzeitig war sie schon damals ein Minimalstandard. Denn damit sie 2005 endlich durchkam, hatten die Initiantinnen viele Abstriche machen müssen. Frühere Vorstösse hatten viel grosszügigere Lösungen vorgesehen. Bereits 1984 hatte eine Initiative 16 Wochen mit vollem Lohnersatz für Mütter und zusätzlich 9 Monate Elternurlaub gefordert.

Viel zu kurz, sagen Mütter und Hebammen

Und was schon vor 20 Jahren minimal war, ist es heute erst recht. Für die meisten Mütter reichen die 14 Wochen bei weitem nicht aus. Über 80 Prozent der Mütter in der Schweiz beziehen zusätzlich unbezahlten Urlaub oder kündigen. Nur 18 Prozent kehren gleich nach 14 Wochen an ihren Arbeitsplatz zurück. Hebammen empfehlen eine Erholungszeit von mindestens 9 Monaten. OECD-Länder kennen im Schnitt eine Elternzeit von 61 Wochen.

Vielen Müttern geht es nicht gut. Rund 15 Prozent erleiden eine postpartale Depression (Symptome ein bis zwei Jahre nach der Entbindung). Die WHO empfiehlt eine Stillzeit von 6 Monaten, doch viele Mütter brechen früher ab – oft aus beruflichen Zwängen. Schon Schwangere sind schlecht geschützt: Mangels vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaubs arbeiten viele bis zur letzten Minute.

Mütter zahlen Preis für «Eigenverantwortung»

Frauen in der Schweiz leisten jährlich fast eine Milliarde Stunden unbezahlte Kinderbetreuungsarbeit. 87 Prozent der Mütter in der Schweiz sind zusätzlich berufstätig. Sie arbeiten (bezahlt und unbezahlt) wöchentlich fast 70 Stunden. Kein Wunder, sind Frauen in der Schweiz psychisch stark belastet, wie die jüngste Schweizerische Gesundheitsbefragung zeigte.

Die Politik verweist auf «Eigenverantwortung» – doch den Preis zahlen Mütter und Kinder. Es ist Zeit für konkrete Verbesserungen:

  • Deutliche Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs, insbesondere ein vorgeburtlicher Mutterschaftsurlaub.

  • Eine zusätzliche bezahlte Elternzeit.

  • Leistungen unabhängig vom Erwerbsstatus.

  • Bessere Arbeitsbedingungen für Mütter, zum Beispiel das Recht auf flexible Arbeitszeiten sowie ein umfassender Kündigungsschutz.

  • Der Einbezug von Fachpersonen wie Hebammen und Pädagoginnen und Pädagogen in die Familienpolitik.

Eine Elternzeit, wie sie aktuell diskutiert wird, ist dabei ein zentraler Pfeiler. Sie muss aber zusätzlich zur Mutterschaftsversicherung sein – wie die Modelle, die der Bundesrat in seiner unlängst verabschiedeten Studie untersucht hat. Eine Streichung der Mutterschaftsversicherung aus der Verfassung, wie sie die geplante «Familienzeit»-Initiative offenbar vorsieht, wäre hingegen verheerend.

Wer eine familienfreundliche Politik betreiben will, muss die besonderen Bedürfnisse und Belastungen von Müttern berücksichtigen. Der Kampf dafür dauert schon lang – und ist noch lange nicht beendet.

Lisa Briner und Elena Möri gehören zum Netzwerk «Eidgenössische Kommission dini Mueter».