Party in den Niederlanden180 Personen stecken sich trotz Corona-Zertifikaten in Disco an
Nachdem ein Club in Enschede wieder geöffnet worden war, infizierte sich an einem Abend rund ein Drittel der Gäste. Offenbar hatten Partygänger QR-Codes ausgetauscht.
Nach mehr als einem Jahr durfte der Club Aspen Valley in den Niederlanden wieder seine Tore öffnen. Doch gleich am ersten Öffnungstag, dem 26. Juni, haben sich mindestens 180 von insgesamt 650 Gästen mit dem Coronavirus angesteckt, wie «De Standaard» berichtet. Dies, obwohl alle Partygänger eine ID und ein Corona-Zertifikat in Form eines QR-Codes in der niederländischen Corona-Check-App vorweisen mussten, der wiederum nur bei einem negativen Test, einer Impfung oder einer Genesung ausgestellt wird.
Doch laut Berichten nutzten einige Besucher Schlupflöcher aus, um sich Eintritt in den Aspen Valley Club in der Gemeinde Enschede zu verschaffen. So sollen sich mehrere Personen Screenshots von QR-Codes geschickt haben. An der Party musste dann weder Maske getragen noch ein Sicherheitsabstand eingehalten werden.
Regierung hatte erst gerade Lockerungen beschlossen
Der Vorfall in Enschede hat das niederländische «Test for Entry»-System auf den Prüfstand gestellt, dass eigentlich die Rückkehr zur Normalität ermöglichen sollte. Nachdem die niederländische Regierung am 26. Juni die meisten Einschränkungen fallen gelassen hatte, lag die Zahl der gemeldeten Neuansteckungen am Sonntag landesweit bei 1215 Fällen – rund 145 Prozent höher als eine Woche zuvor.
Laut der örtlichen Gesundheitsbehörde könnte die Zahl der Fälle unter den Menschen, die an der Veranstaltung teilgenommen haben, noch weiter steigen. «Das Contact-Tracing ist in vollem Gang», sagte die Gesundheitsbehörde der Region Twente in einer Erklärung und rief alle Teilnehmer auf, sich in Isolation zu begeben und sich testen zu lassen.
«Ich verstehe, dass jetzt alle Massnahmen fordern», sagte der Bürgermeister von Enschede, Onno van Veldhuizen, in einer Stadtratssitzung. «Aber wir können nur etwas tun, wenn wir wissen, was die Ursache des Problems ist.» Sollte tatsächlich ein Missbrauch der QR-Codes hinter dem Ausbruch stecken, wäre der Bürgermeister nach eigenen Aussagen schockiert. «Wenn man das tut, muss man angesichts von 25’000 Corona-Toten wirklich aufwachen. Es ist sehr unreif, die Corona-Tests zu missbrauchen und damit andere zu gefährden», sagte er.
«Es wurde beim Einlass überall geschummelt»
Ein 20-jähriger Partygänger erzählte der lokalen Zeitung «Tubantia», dass neun seiner 18 Freunde, die an der Veranstaltung teilgenommen hatten, positiv auf Covid-19 getestet wurden. Als er dann selbst Symptome entwickelt und ein Testzentrum aufgesucht habe, habe es sich bei allen anderen in der Warteschlange ebenfalls um Besucher der Party im Aspen Valley gehandelt. «Es wurde beim Einlass überall geschummelt», sagte er. «Es ist ein grosses Drama.»
Tommy de Groot, ein Vertreter des Nachtclubs, sagte gegenüber den lokalen Medien, dass der Partyveranstalter alles in seiner Macht Stehende getan habe, um beim Einlass für die Sicherheit der Besucher zu sorgen. «Etwas, was mich aber stört: Besucher können ihren Test 40 Stunden im Voraus machen», sagte der Sprecher zu «Tubantia». «Jemand kann sich also am Freitagnachmittag testen lassen, geht dann zum Fussballtraining, trinkt ein Bier mit Freunden und kommt dann nach 33 Kontakten zu uns.»
Dass sich Besucher mit Kopien von Zertifikaten Eintritt verschaffen konnten, hält de Groot für unwahrscheinlich. «Wenn man den QR-Code zeigt, ist eine sich bewegende Figur auf einem Fahrrad zu sehen. Wenn jemand einen Screenshot des Codes zeigt, bewegt sich die Figur nicht.» Der Club bleibt während der Ermittlung vorsorglich geschlossen.
Probleme beim Testen
Am Wochenende der Party gab es in den Niederlanden laut «NL Times» ausserdem Probleme beim Testen. Ein IT-Ausfall, der wahrscheinlich auf einen Cyberangriff zurückzuführen ist, führte zu langen Wartezeiten auf Testergebnisse. Einige Personen erhielten zudem ein negatives Ergebnis, ohne überhaupt einen Test gemacht zu haben.
Ein junger Mann aus Amsterdam feierte am Tag der grossen Öffnung wie nach einem negativen Testergebnis in überfüllten Bars, nur um am Tag darauf herauszufinden, dass ein Fehler gemacht worden war und er doch Corona hatte.
Die niederländische Regierung hat am 26. Juni die Maskenpflicht in Innenräumen aufgehoben. Zudem muss in Geschäften, die nach Zertifikaten, einem negativen Test oder einem Nachweis einer Corona-Genesung verlangen, kein Abstand von 1,5 Metern mehr eingehalten werden. Das Land hat eine der höchsten Impfquoten Europas: Mehr als 60 Prozent der niederländischen Bevölkerung haben mindestens eine Covid-19-Impfung erhalten. Diese Woche begann das Land mit der Impfung von Kindern ab 12 Jahren.
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