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100 Jahre Schweizer Cup
Streikende Spieler, drohende Präsidenten und ein abgewatschter Bundesrat

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1967: Ein Sitzstreik im Endspiel

Spieler von Lausanne-Sports protestieren am 15. Mai im Wankdorf-Stadion in Bern kurz vor Schluss des Cupfinals vergeblich bei Schiedsrichter Karl Goeppel gegen einen Penalty-Entscheid. Mit dem verwandelten Penalty gewinnt der FC Basel den Cupfinal gegen Lausanne-Sports mit 2:1. Die Lausanner protestieren mit einem Sitzstreik gegen den umstrittenen Penalty und weigern sich weiterzupielen. Lausanne-Sports verliert schliesslich das Spiel am gruenen Tisch forfait mit 3:0. (KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str)

Es ist eigentlich völlig unvorstellbar. Frustriert setzen sie sich hin. Und stehen nicht mehr auf, obwohl das Spiel noch läuft. Der Cupfinal 1967 endet mit einem Sitzstreik und einer 0:3-Forfait-Niederlage von Lausanne-Sports gegen den FC Basel. 

Schuld ist eine Szene in der 88. Minute. 1:1 steht es, als eine Flanke von Odermatt in Richtung Hauser fliegt. Der Basler spürt einen Schubser seines Gegenspielers Grobéty und fällt. Schiedsrichter Göppel pfeift Elfmeter.

«Eine klare Schwalbe!», klagt Grobéty noch Jahrzehnte später. Hauser behauptet: «Wer Fussball gespielt hat, weiss, dass man da natürlich aus dem Gleichgewicht kommt.» Und Odermatt sagt mit einem Schmunzeln: «Der Hauser, das wusste man, der konnte gut fliegen.»

Die Waadtländer graben erst ein Loch beim Penaltypunkt. Und als Hauser trotzdem zum 2:1 trifft, beenden sie das Spiel sitzend.

Besondere Pointe: Ausgerechnet Lausannes Coach Karl Rappan ordnet das Mittel an, das in dieser Zeit von Studentinnen und Studenten weltweit für politisch linke Anliegen genutzt wird. Die gesamte Familie des erfolgreichsten Trainers der Schweizer Cupgeschichte war während des Zweiten Weltkriegs in Zürcher Naziorganisationen engagiert gewesen.

2012: Der gewatschte Bundespräsident

Einmal, zweimal, dreimal tatscht, watscht, schnippst er Ueli Maurer nach dem Final 2012 von hinten gegen den Kopf. Scheinbar unbemerkt – und doch wird FCB-Verteidiger Aleksandar Dragovic durch die TV-Kameras ertappt. Und so muss sich der Österreicher beim Bundesrat entschuldigen.

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Damit könnte die Geschichte enden. Würden nicht Mitspieler dem angesäuselten Dragovic Wochen später an der Meisterfeier das Mikrofon in die Hand drücken. «Dieser Ueli Maurer oder wie auch immer der heisst», hebt er an. Und endet mit: «Innerlich, und das weiss, glaube ich, jeder, hat es sehr, sehr viel Spass gemacht.»

Die Fans auf dem Barfüsserplatz singen: «Hau dr Ueli um!» Die nationale Politik ist entsetzt. Einzelne Medien zerreissen den FCB als «FC Primitiv». Dragovic muss seine Sommerferien unterbrechen, um in Bern zu Kreuze zu kriechen. Und FCB-Präsident Bernhard Heusler kündigt Staatskundeunterricht für alle Basler Profis an.

1925: Der Sandoz-Pokal

Der Cup-Wettbewerb hatte in der Schweiz leichte Anlaufschwierigkeiten. Von 1909 bis 1913 wurde der Anglo-Cup gespielt, der aber mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs endete. Danach lancierte das Sportgeschäft Och Frères den Och-Pokal. Der wurde aber bloss zweimal ausgetragen. 1921 gewann der FC Bern, 1922 der FC Concordia Basel.

Weil sie sich nicht einigen konnten, wer den Pokal behalten durfte, wurde 1925 eine Ligapartie zum Entscheidungsspiel erkoren. Es gewannen die Berner. Heute ist die Trophäe wieder im Besitz der Firma Och.

Fussball Helvetia Schweizer Cup Final 2018 - FC Zürich - BSC Young Boys YB; Der Pokal vom Schweizer Cup 2018. © Christian Pfander

Als erstmals 1925 der Schweizer Cup ausgetragen wurde, fehlte dem Verband das Geld für einen neuen Preis. Also stiftete der Lausanner Bankier Aurèle-Gilbert Sandoz jenen Pokal aus 6,86 Kilogramm Silber, um den noch heute gespielt wird.

2004: Das verrückteste Cupspiel der Geschichte

César trifft, steigt den Zaun hoch zu den Fans und kriegt von Schiedsrichter Urs Meier Gelb-Rot. Im ersten Spiel für den FC Zürich kennt der Brasilianer die hiesigen Regeln wohl noch nicht ganz. Aber in der 63. Minute scheint das beim Stand von 5:2 für den FCZ gegen die Grasshoppers sowieso nur eine Randnotiz zu sein.

30 Minuten später ist alles anders – GC schiesst innerhalb von sieben Minuten drei Tore und erzwingt die Verlängerung in diesem Cup-Halbfinal. Dort trifft Richard Nuñez zum 6:5 für GC. Dass Meier in der 116. Minute ein klares Foul an FCZ-Verteidiger Alain Nef im GC-Strafraum übersieht, passt zu diesem verrückten März-Abend (der hier in voller Länge nachgeschaut werden kann).

6:5 fuer die Grasshoppers durch Richard Nunez, links, gegen den Zuercher Goalie Davide Taini, rechts, beim Fussball Cup Halbfinalspiel zwischen den Grasshoppers und dem FC Zuerich, am Mittwoch, 3. Maerz 2004, in Zuerich. (KEYSTONE/Eddy Risch)

Im Final verliert das klar favorisierte GC dann gegen den FC Wil 2:3. Dabei versinken die Ostschweizer gerade im Chaos. 2003 ist bekannt geworden, dass Präsident Andreas Hafen bei seinem Arbeitgeber UBS 51 Millionen Franken abgezweigt und einige in den FCW gesteckt hat. Unter seinen ukrainischen Nachfolgern mit Präsident Igor Belanow verhindert nur eine Nachlassstundung den Konkurs.

Als Wil den Final gewinnt, ist Belanow darum schon wieder Ex-Präsident. Ein paar Wochen nach dem Cupsieg steigen die Wiler ab.

2016: Das FCZ-Double aus Abstieg und Cupsieg

Ausgerechnet im Letzigrund findet der Final 2016 statt. Vier Tage zuvor haben ein paar Zürcher Krawallbuben die Katakomben des Stadions gestürmt, um ihrem Frust über den Abstieg des FC Zürich freien Lauf zu lassen. Jetzt hängt in der Südkurve eine klare Botschaft: «Günned de Final, gönd hei und schämed oi wiiter.»

Ein Spruchband der FCZ Fans in der Suedkurve mit den Aufschrift "Guenned de Final, goend hei und schaemed oi wiiter" waehrend Schweizer Fussball Cup Final zwischen dem FC Lugano und dem FC Zuerich, im Stadion Letzigrund in Zuerich, am Sonntag, 29. Mai 2016. (KEYSTONE/PATRICK B. KRAEMER)

Das Team von Uli Forte erfüllt den Auftrag mit einem 1:0 über Lugano und macht das Double aus Abstieg und Cupsieg perfekt – als drittes Team nach Luzern (1992) und Wil (2004).

Zum Abschluss dieses Nachmittags platzieren Alain Nef und Gilles Yapi den Pokal vor der Südkurve. Es wirkt wie eine Opfergabe an die Fans. Verteidiger Philippe Koch sagt über den Sieg: «Es fühlt sich wie ein Trostpreis an.» In der nächsten Saison steigt der FCZ direkt wieder auf.

2017: Das fairste Team wird gedeckelt

Ist das fair? Die US Montfaucon darf 2017 als fairste Mannschaft der Schweiz in der ersten Cuprunde mitmachen. Und wird dafür von Neuchâtel Xamax abgewatscht. Fast im Minutentakt muss die Wandtafel, auf der das Resultat geschrieben steht, geputzt und neu beschriftet werden. 0:21 steht dort am Ende. Das Team aus der zweithöchsten Spielklasse hat kein Erbarmen mit den Amateuren aus der 5. und damit tiefsten Liga der Schweiz.

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Ein einmaliges Erlebnis dürfte es für die Jurassier trotzdem gewesen sein. Und einen Platz in den Annalen des Schweizer Cups haben sie auch auf sicher. Kein Team hat je höher verloren.

2011: «I will kill you all!»

Erst lacht man in der Fussballschweiz über diesen Bulat Tschagajew, der Neuchâtel Xamax in Xamax Vainach umbenennen will und bei Heimspielen tschetschenische Volkstänze zeigt. Ständige Trainerwechsel, ein abgewiesener Asylbewerber als Geschäftsführer, ein offensichtlich gefälschtes Papier der Bank of America: Es gibt Geschichten zuhauf.

Le proprietaire de Neuchatel Xamax Bulat Chegaev, a gauche, avec directeur de Xamax Islam Satujev, a gauche, lors de la rencontre de football de superleague entre Neuchatel Xamax et le FC Bale, ce dimanche 11 decembre 2011 au Stade de La Maladiere de Neuchatel. (KEYSTONE/Sandro Campardo)

Am 1. Juni 2011 aber ist es nicht mehr lustig. 0:2 liegt Xamax in der Pause des Endspiels gegen den FC Sion zurück, als Tschagajew in die Kabine marschiert und laut mehreren Aussagen brüllt: «I will kill you all!»

Es ist eine Drohung, die Spieler und Trainer umso ernster nehmen, als der Tschetschene in seiner Amtszeit auch schon mal mit bewaffneten Bodyguards in der Garderobe auftaucht und mit einem Trainer eine handgreifliche Auseinandersetzung hat.

Die Neuenburger verlieren den Final. Im Winter entzieht die Liga dem Club die Lizenz, und am 25. Januar 2012 deponiert Xamax die Bilanz. Tschagajew wird schliesslich zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt wegen ungetreuer Geschäftsführung, versuchten Betrugs und Urkundenfälschung.

1997: Das erste Elfmeterschiessen

Es gibt viele Wege, um in die Geschichtsbücher einzugehen. Gürkan Sermeter ereilt im Cupfinal 1997 das Schicksal, als erster Spieler in einem Endspiel des Schweizer Cups einen Penalty im Elfmeterschiessen zu verhauen. Dieses ist zwar schon 1984 eingeführt, aber bis zu diesem Final nie nötig geworden. Vor der Regeländerung gab es nach einem Unentschieden ein Wiederholungsspiel. Beim Cupsieg von La Chaux-de-Fonds gegen Grenchen 1948 sogar deren zwei.

Walliser Fans feiern am Sonntag, 8. Juni 1997 in Bern den Sieg des FC Sion im Cupfinal gegen den FC Luzern. (KEYSTONE/Edi Engeler)

Sermeters Luzerner verlieren 1997 gegen Sion. Klar, denn die Walliser sind in einem Cupfinal scheinbar unbesiegbar. 13-mal in Folge gewinnen sie ein Endspiel. 2006 sogar als erster und bislang einziger Unterklassiger. Nach 0:1-Rückstand gleichen sie im Wankdorf gegen YB noch aus und gewinnen (natürlich) im Penaltyschiessen.

Erst 2017, im 14. Final, wird diese unglaubliche Sion-Cupfinal-Symbiose von Basel gestoppt. Es gibt Stimmen, die behaupten, das liege daran, dass es im Walliser Kantonswappen nur 13 Sterne gibt.

1978: Die Legende von La Rondinella

Die Spieler von Servette Genf jubeln auf einer Ehrenrunde mit dem Pokal nach dem Sieg im Cupfinal gegen die Berner Young Boys, aufgenommen am 20. Juni 1979 im Wankdorf-Stadion in Bern. Servette gewinnt das Wiederholungsspiel mit 3:2. (KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str)

Servette gewinnt in der Saison 1978/79 fast alles: Liga, Cup, Liga-Cup und den inzwischen vergessenen Alpenpokal. Aber einmal, da scheint die Übermannschaft bezwungen. 1:0 führt La Rondinella am 7. Oktober 1978, bis ein eigentlich bereits pensionierter Schiedsrichter in der Nachspielzeit Elfmeter pfeift.

La Rondinella? Das ist ein Team aus der 3. Liga im Berner Jura. Im Stadion Saint-Joux stehen zwischen 2000 und 4000 Menschen so dicht am Spielfeldrand, dass die Spieler erst Platz schaffen müssen, um Corner zu treten. Beim Torjubel über das 1:0 wird ein Spieler des Heimteams von den eigenen Fans verletzt und muss raus.

Wann der Penalty gegeben wird? Irgendwann zwischen der 94. und 97. Minute. Es gibt keine Aufzeichnung des Spiels, dafür viele Erzählungen. Klar ist, dass Serge Trinchero verwandelt und Servette in der Verlängerung 4:1 gewinnt. La Rondinella ist raus. Aber der Name lebt als Legende weiter.

1963: Schaffhausens fieser Trick

Der FC Amriswil spielt nur in der 2. Liga. Und doch kommt der FC Schaffhausen nicht über ein 1:1 hinaus. Da greift der Club aus der höchsten Schweizer Spielklasse in die Trickkiste: Er bittet an einem Mittwoch um 16 Uhr zum Rückspiel.

Ein Termin, den die Amateure nicht wahrnehmen können, weil sie alle arbeiten. Amriswil legt einen Rekurs ein, der aber vom Verband abgewiesen wird. Begründung: «Gewisse Inkonvenienzen als Folge einer erfolgreichen Cupsaison» sollten doch bitte «durch besondere Begeisterung überbrückt werden».

Amriswil tritt wenig begeistert nicht an, verliert Forfait und wird gebüsst.