Studie zu Anti-Impf-PostsZwölf Personen für zwei Drittel der Corona-Desinformation verantwortlich
Ein Kreis aus prominenten Anti-Impf-Persönlichkeiten erreicht laut einer Studie 59 Millionen Follower auf Facebook, Twitter und Co.
Lediglich ein Dutzend Menschen stecken hinter dem Grossteil der online geteilten Falschinformationen zum Coronavirus. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Center for Countering Digital Hate (CCDH), einer in London ansässigen Non-Profit-Organisation, die sich auf die Bekämpfung von Hass im Internet spezialisiert hat. Demnach seien rund 65 Prozent der auf Social Media geteilten Inhalte denselben zwölf Personen zuzuordnen – dem sogenannten Desinformations-Dutzend.
«Im Internet lebt vor den Augen der Öffentlichkeit eine kleine Gruppe von Personen, die über kein relevantes medizinisches Fachwissen verfügen und ihre eigenen Taschen zu füllen versuchen», schreibt CCDH-Gründer Imran Ahmed. Diese würden Social-Media-Plattformen missbrauchen, «um die Bedrohung durch das Coronavirus falsch darzustellen und Fehlinformationen über die Sicherheit von Impfstoffen zu verbreiten».
Laut dem Bericht haben die zwölf Online-Persönlichkeiten zusammen eine Reichweite von 59 Millionen Nutzern. Alleine bei Facebook seien sie für 73 Prozent der Anti-Impf-Inhalte auf der Plattform verantwortlich. 95 Prozent der gemeldeten Corona-Fehlinformationen würden nicht entfernt, wie es weiter heisst. CCDH hatte für die Studie 812’000 Anti-Impf-Beiträge analysiert, die zwischen Februar und März 2021 auf Facebook und Twitter geteilt wurden.
Auch Ärzte unter Impfgegnern
Zu den prominenten Verbreitern falscher Informationen gehören Ty und Charlene Bollinger, Sherri Tenpenny, Rizza Islam, Rashid Buttar, Erin Elizabeth, Sayer Ji, Kelly Brogan, Christiane Northrup, Ben Tapper und Kevin Jenkins. Viele von ihnen gehören religiösen Gemeinschaften an oder sind in Kanälen aktiv, die sich Wellness-Inhalten widmen. Auch befinden sich diverse Ärztinnen und Ärzte unter den einflussreichen Impfgegnern. Unter ihnen ist etwa die Osteopathin Sherri Tenpenny, die sich regelmässig gegen das Tragen von Masken ausspricht und behauptet, Masken würden das Immunsystem unterdrücken.
Auch ein Neffe des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy gehört laut CCDH zum Desinformations-Dutzend. Robert F. Kennedy Junior habe unter anderem Verschwörungstheorien verbreitet, die Corona-Impfstoffe mit Autismus und die Corona-Pandemie mit der Mobilfunktechnologie 5G in Verbindung bringen.
Auch Verschwörungstheorien wie jene, wonach Corona-Impfstoffe Frauen unfruchtbar machen würden und Microsoft-Gründer Bill Gates hinter der Pandemie stecke, werden laut dem Bericht regelmässig von den einflussreichen Anti-Impf-Persönlichkeiten verbreitet.
Forscher fordern Sperre der Benutzerkonten
Einige Social-Media-Plattformen haben zwar eine Handvoll der genannten Accounts entfernt. Das CCDH fordert Facebook, Instagram, Twitter und Youtube jedoch dazu auf, konsequent alle Konten dieser Personen zu sperren.
«Facebook, Google und Twitter haben Richtlinien eingeführt, um die Verbreitung von Fehlinformationen über Impfstoffe zu verhindern, doch bis heute haben alle bei der Durchsetzung versagt», schreibt Imran Ahmed. Aktualisierte Richtlinien und Erklärungen hätten wenig Wert, wenn sie nicht konsequent durchgesetzt würden. Würden die wenigen Konten gesperrt, die für die Mehrheit der impfkritischen Inhalte verantwortlich seien, liesse sich die Menge an Desinformation erheblich reduzieren, heisst es weiter.
Biden macht Falschinformationen für Todesfälle verantwortlich
Auch US-Präsident Joe Biden hatte sich letzte Woche zur Verbreitung von Desinformation zur Pandemie geäussert. Falschinformationen in den sozialen Netzwerken zum Coronavirus und den Impfungen seien für den Tod vieler Menschen verantwortlich, so Biden. Der oberste Gesundheitsbeamte der US-Regierung, Vivek Murthy, erklärte die Desinformation letzten Donnerstag offiziell zu einem Gesundheitsrisiko. «Wir leben heute in einer Welt, in der Fehlinformationen eine unmittelbare und heimtückische Bedrohung für die Gesundheit unserer Nation darstellen», sagte er.
Während der Pandemie haben Murthy zufolge Falschinformationen auch dazu geführt, dass Menschen keine Masken getragen hätten. Nun sei der Effekt auch bei der Impfbereitschaft erkennbar. Moderne Technologieunternehmen hätten es ermöglicht, dass «Fehlinformationen unsere Informationskanäle vergiften», klagte Murthy.
Sprecher: «Facebook hilft, Leben zu retten»
Facebook wehrt sich gegen die Kritik der US-Regierung. «Wir werden uns nicht von Vorwürfen ablenken lassen, die nicht von Fakten gedeckt sind», erklärte ein Unternehmenssprecher. Es sei eine Tatsache, dass mehr als zwei Milliarden Menschen wichtige und akkurate Informationen zum Coronavirus auf Facebook gefunden hätten. Zudem hätten 3,3 Millionen Amerikaner die Funktion genutzt, mit der Nutzer herausfinden können, wie und wo sie geimpft werden können. «Die Tatsachen zeigen, dass Facebook hilft, Leben zu retten. Punkt», erklärte der Sprecher.
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