Weekend in PoschiavoZwischenstopp im Kräuterparadies
An wenigen Tagen im Jahr wird die Rhätische Bahn zum «Kräuter Express». Sie hält dann vor den Feldern der Brüder Raselli in Le Prese, wo Besucher zwanzig verschiedene Pflanzenarten beschnuppern dürfen.
Dieser Artikel stammt aus der Schweizer Familie
Ein Jubilar ist es, der mich mitnimmt: Seit 50 Jahren verkehrt der Bernina Express der Rhätischen Bahn (RhB) nun schon täglich zwischen Chur und dem italienischen Tirano, über zehn Millionen Passagiere sassen vor mir drin.
Über Schluchten und gigantische Brücken führt die Reise, durch unzählige Spitzkehren und Tunnels. Die Fahrt ist für mich ein wortwörtlich bewegendes Erlebnis.
Mein Ziel ist Le Prese im Puschlav, dem südlichsten der 150 Täler Graubündens. Hier residiert Reto Raselli, der «Kräuterkönig» der Schweiz, Gründer der Raselli Erboristeria Biologica. Rund 15 Hektaren umfasst sein Reich des Wohlgeruchs. Darin wachsen über 20 Pflanzenarten, welche zu Tee «für Grossverteiler wie auch für Kleinverbraucher» verarbeitet werden. Oder zu Ricola-Bonbons in Laufen BL.
Blühendes Paradies
Zusammen mit der RhB macht Raselli jetzt möglich, dass man seine Felder besichtigen kann: Von Juni bis Oktober stoppt der Bernina Express an jedem letzten Freitag des Monats in Le Prese und heisst deshalb «Kräuter Express».
Drei Rasellis sind es, die im Kraut-Imperium am Lago di Poschiavo das Sagen haben: Fabrizio bewirtschaftet es, Reto ist für die Endproduktion zuständig und Bruno für Führungen. Dem Trio eigen ist die Leidenschaft für sein Wirken: «Wir arbeiten ja nicht in einer Kiesgrube», sagt Bruno, Inhaber des örtlichen «Raselli Sport Hotel», seit fünf Generationen in Familienbesitz. Der sympathische Clan, geht einem auf, ist omnipräsent in Le Prese.
Der Duft seiner Felder ist betörend. Und wohin ich schaue, habe ich das Gefühl, jemand habe knalligste Farben vergossen. Apfelminze nehme ich wahr, Liebstöckel, Alpenkräuter, inklusive einer Sorte legitim pflückbaren Edelweisses. Zum Edelsten aber gehören Kornblumen in Violett, Gelb und Rosa. «Getrocknet kostet ein Kilo mehrere hundert Franken», sagt Bruno, denn die Verarbeitung ist diffizil.
40 Tonnen Kräuter
Die Welt der Rasellis ist wie ein Gegenstück zur schroffen, von Urtümlichkeit bestimmten Anreisestrecke auf den höchstgelegenen Geleisen Europas, die als «spektakulärste Alpenüberquerung» beworben wird.
«Pro Jahr werden 400’000 Setzlinge ausgebracht», sagt Bruno Raselli. Geerntet werden rund 40 Tonnen Kräuter maschinell, unablässig gejätet werden muss aber von Hand – «Das geht ganz schön ins Kreuz.»
Nach dem eintägigen Trocknen bei 40 Grad bleibt von einem Kilo Kraut gerade noch ein Achtel zurück. Mich beeindruckt, welcher Aufwand dafür betrieben wird. Mit null Chemie, «aber viel Liebe für die Produkte».
Ich erfahre, dass es drei verschiedene Schnitte gibt für Tees. Und die werden in sagenhaftem Tempo portioniert: Zwei Maschinen fertigen je 10’000 herkömmliche Beutel pro Stunde, zwei andere je 3000 pyramidenförmige in gleicher Zeit. «Wer mit dem ‹Kräuter Express› anreist, bekommt ein Müsterchen», sagt Bruno durchs Geratter.
Was die Rasellis von den auf 965 Metern gelegenen Feldern holen, findet reissenden Absatz. Gepflückt wird von Mai bis Ende Oktober, und bis zum Frühjahr sind die Behältnisse in der Lagerhalle nahezu leer.
Das ist urplötzlich auch mein Magen. In Brunos «Sport Hotel» lasse ich mir einen Teller Pizzoccheri auftischen, Buchweizenteigwaren, zu denen man mir Salami, Coppa, Mortadella und Rohschinken aus eigener Produktion reicht. «Ein Mittagessen ist bei jeder Feldführung inbegriffen», sagt mein Lieblingsgastronom im Puschlav.
Bevor ich im «Kräuter Express» den Heimweg antrete, bekomme ich einen Tee kredenzt. Im Sortiment gäbe es den Antistress-Tee, aber für so einen war mein Raselli-Besuch zu wonniglich. Bruno stellt mir einen Silhouetten-Tee hin. Ob er meint, ich müsste abnehmen?
Eine Zusammenarbeit der Schweizer Familie mit Schweiz Tourismus
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