IAA MobilityZwei Wege, ein Ziel beim Heimspiel
Heute beginnt in München die IAA Mobility 2021: BMW zeigt zwei Premieren auf zwei Rädern und einen kompakten Ausblick ins Jahr 2040, Audi setzt mit dem Grandsphere auf Grandezza.
Andere Stadt, neues Show-Konzept und ein verschobener Schwerpunkt: Die heute beginnende IAA Mobility in München hat bis auf das Kürzel IAA (Internationale Automobil-Ausstellung) nicht mehr viel mit ihrer Vorgängerin in Frankfurt gemein. Neben der geschrumpften Neuheiten-Ausstellung in den Messehallen gibt es weitere Standorte, verteilt über das komplette Stadtgebiet. Dort sollen Besucher einen konkreten Ausblick auf die Mobilität von morgen erhalten.
Dabei zeigen sich die beiden bayrischen Hersteller – BMW (München) und Audi (Ingolstadt) – natürlich besonders motiviert. Sie wollen das Heimspiel an der Isar nutzen, um der in Aufruhr geratenen Auto- oder besser Mobilitätswelt zu zeigen, wohin der Weg in die Zukunft führt. Und trotz der örtlichen Nähe verfolgen die beiden konkurrenzierenden Premium-Hersteller vollkommen unterschiedliche Wege.
Mensch vor Maschine und viel Grandezza bei Audi
Mit dem Grandsphere zeigt Audi nichts weniger als seinen neuen Luxusliner, der in vier Jahren zunächst parallel zum heutigen A8 angeboten werden und ihn später dann völlig ersetzen soll. Das alles natürlich mit einer gehörigen Ladung Strom an Bord. Der Nobel-Audi ist mit satten 5,35 Metern deutlich länger als der A8, mit einer Höhe von knapp 1,40 Metern auch flacher. «Zum ersten Mal haben wir eine Limousine gleichsam von innen nach aussen entwickelt, nicht mehr Technik oder Fahrdynamik sollten im Mittelpunkt stehen, sondern der Innenraum», erklärt Audis Designchef Marc Lichte. So wurde also festgelegt, dass das Auto Platz für vier Erwachsene bieten muss, die ihre Reise auf verstellbaren Lounge-Sesseln geniessen können. Vor allem in der ersten Reihe sollen die Passagiere eine besondere Lebens- und Erlebnis-Sphäre vorfinden. «Ein Raum- und Freiheitsgefühl, das auch einer Jacht oder der ersten Klasse eines Langstrecken-Airbus zur Ehre gereichen würde», heisst es bei Audi. Alles dient dem Wohlbefinden der Menschen, die sich um nichts mehr kümmern müssen. Die «Maschine Auto» ordnet sich dem Menschen unter, bedient ihn mit gewünschten Informationen zum Beispiel über das Reiseziel.
Vor allem aber soll der Audi der Zukunft den Menschen vor Verantwortung, Stress und nötiger Konzentration auf das gefährliche Treiben auf der Strasse bewahren. Wie das? Natürlich mit autonomer, also fahrerloser Fortbewegung. Also werden beim Grandsphere Lenkrad und Pedale eingezogen, alle Instrumente, Anzeigen und Schalter unsichtbar gemacht. Nichts profan Alltägliches, das an das Autofahren im 21. Jahrhundert erinnert, soll die neue Harmonie zwischen Mensch und Technik stören. Dabei muss die Technik des Autonomen Höchstleistungen bringen und beherrschen. Schliesslich hat der Grandsphere zwei Elektromotoren mit zusammen 530 kW/720 PS, verteilt 960 Newtonmeter auf die beiden Achsen, erledigt spielerisch leicht und trotzdem mit der Ernsthaftigkeit eines Hochleistungscomputers alle Aufgaben wie lenken, bremsen, navigieren und darf dabei keinesfalls Fussgänger oder Radfahrer gefährden.
Daneben nimmt sich der Auftritt von BMW überraschenderweise fast schon bescheiden aus: Auf vier Rädern zeigen die Münchner fürs Jahr 2040 ein geradezu vernünftiges Kompaktfahrzeug und überraschen dafür mit zwei völlig neuen Ansätzen auf zwei Rädern – dem i Vision Amby und dem Motorrad Vision Amby. Der Begriff Amby steht für «Adaptive Mobility». Die beiden Fahrzeuge interpretieren dabei die Grundidee adaptiver urbaner Mobilität auf zwei Rädern in unterschiedlichen Facetten. Beide besitzen einen E-Antrieb mit drei Geschwindigkeitsstufen für unterschiedliche Strassenarten. Der Antrieb ermöglicht bis zu 25 km/h für den Einsatz auf Radwegen, bis zu 45 km/h auf innerstädtischen Strassen und bis zu 60 km/h Höchstgeschwindigkeit auf mehrspurigen Strassen und ausserorts. Während beim E-Bike i Vision Amby stetig in die Pedale getreten werden muss, beschleunigt das Motorrad Vision Amby per Gasgriff und besitzt Fussrasten statt Pedale.
Mit dem i Vision Circular gibt die BMW Group zudem einen Ausblick auf ein Kompaktauto mit konsequentem Fokus auf Nachhaltigkeit und Luxus für das Jahr 2040. Der Viersitzer ist vollelektrisch angetrieben und zeigt auf rund vier Metern Länge ein grosszügiges Innenraumangebot. Gleichzeitig ist er konsequent nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) gestaltet und steht damit für das ambitionierte Vorhaben der BMW Group, der nachhaltigste Hersteller für individuelle Premiummobilität zu werden. «Das übergeordnete Ziel des i Vision Circular war es, ein Fahrzeug zu gestalten, das für geschlossene Materialkreisläufe optimiert ist und eine Quote von 100 Prozent recycelten Materialien beziehungsweise 100 Prozent Recyclingfähigkeit erreicht», schreibt BMW und betont: «Wir zeigen an der IAA, dass wir auch in Zukunft Teil des Mobilitätsangebots in Grossstädten sein möchten, selbst wenn Automobile dort in Zukunft immer weniger Raum bekommen sollten.»
Trotz der Aussichten auf weniger Raum dürfte der Audi Grandsphere aus Oberbayern als eines der Highlights der IAA gefeiert werden, auch wenn autonomes Fahren mit Level 4 wohl nicht schon in vier Jahren möglich sein wird, wenn der Luxus-Audi auf die Strasse kommt.
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