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Hohe Temperaturen
Bedenken wegen Wasserqualität im Zürichsee – Professor warnt: «Kann zu Durchfall führen»

Wasserqualität, Zürichsee, Temperaturen, Sommer, Seewasser, Algen, Badewasser, Erfrischung, 22.7.22, Foto: Manuela Matt
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Seit einigen Tagen herrschen im Zürichsee stellenweise tropische Temperaturen. An einer Messstation in Oberrieden wurden Temperaturen von über 28 Grad an der Oberfläche gemessen. «Das stellt eine mögliche Beeinträchtigung der Wasserqualität dar», sagt Thomas Posch, Professor für Limnologie an der Universität Zürich.

Leider sei es in den letzten zehn Jahren vermehrt zu solchen Höchsttemperaturen gekommen. «Dies ist ein Effekt der Klimaerwärmung und gehört mittlerweile zur Normalität», sagt Posch. Die hohen Wassertemperaturen beeinflussen die Wasserqualität und das Ökosystem der Seen und seien keinesfalls zu unterschätzen.

Menschen und Hunde tragen Bakterien ein

«Generell gilt für alle Badegewässer: Je näher die Wassertemperatur an die menschliche Körpertemperatur von 36 Grad herankommt, desto kritischer wird die Situation», sagt Posch. Denn bei hohen Wassertemperaturen können sich Bakterien, die von Menschen und Hunden eingetragen werden, schneller vermehren.

Dadurch verunreinigt sich das Wasser des Zürichsees und kleinerer Badeseen. Der Professor warnt sogar: «Eine orale Aufnahme dieses Wassers ist ungesund und kann beispielsweise zu Durchfall führen.»

Limnologe Thomas Posch geht trotz möglichen Bakterien täglich in den See.

Weniger dramatisch klingt es von Seiten des Kantons. Zwar müssten Badegäste mit einer gewissen Verunreinigung rechnen. Wie ein Kantonschemiker am Mittwoch gegenüber der NZZ sagte, gebe es in den Zürcher Gewässern aber erfahrungsgemäss kaum Schwankungen in der Wasserqualität. So würden die warmen Wassertemperaturen nicht dazu führen, dass sich Bakterien übermässig vermehren. Die UV-Strahlung töte Keime an der Wasseroberfläche sogar eher ab.

Auch sind bisher keine Blaualgenblüten im See aufgetaucht. Diese rötlichen Schleier auf dem Wasser können gesundheitsschädigende Gifte bilden, die bei Hund wie Mensch immer wieder zu Problemen führen. Gemäss Aussage der Behörden würden Blaualgen zu dieser Jahreszeit gehäuft dann auftreten, wenn das Wetter im Frühsommer schön war – also anders als dieses Jahr. Denn dann entwickeln sich Grünalgen weniger gut und Blaualgen können quasi in die Lücke springen.

Auch Posch geht weiterhin jeden Tag schwimmen. «Allerdings gehe ich nur am Morgen in den See, um mich abzukühlen.» Die Wasserqualität sei zu dieser Zeit deutlich besser. «Je weniger Menschen und Hunde jeweils bereits im See waren, desto geringer ist die Bakterienkonzentration im Wasser», ist Posch sicher.

Auch Flora und Fauna beeinflusst

Die hohen Wassertemperaturen haben nicht nur Auswirkungen auf die Badegäste, sondern auch auf die Flora und Fauna des Sees. «Hohe Wassertemperaturen setzen beispielsweise den Fischen zu», sagt Posch. Im grossen Zürichsee sei dies zwar weniger dramatisch, da die Fische in tiefere und kältere Wasserschichten ausweichen könnten. In kleineren Seen hingegen könne es für die Tiere zu Stresssituationen kommen.

«Besonders problematisch, und das ist keine Übertreibung, ist es jedoch in Flüssen», betont Posch. In nicht so tiefen Gewässern kommt es immer wieder zu Fischsterben, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. Diese Gefahr droht laut Posch auch in diesem Jahr. Lukas Bammatter, Co-Leiter der kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung, relativiert die aktuelle Situation etwas. «Aktuell sind wir bei fast allen Gewässern noch weit von Abfischszenarien entfernt», sagt er.

Es gebe nur wenige Fliessgewässer im Tösstal, in denen bereits habe abgefischt werden müssen. «Die Lage ist im Vergleich zu den Jahren 2018 oder 2022 deutlich entspannter, weil es bisher relativ viele ergiebige Niederschläge gab», führt Bammatter aus.

«Gruselige Schlingpflanzen»

Auch die Pflanzenwelt im See veränderte sich in den letzten Jahren. Durch die Klimaerwärmung wird der See immer klarer. «Wasserpflanzen wie das Tausendblatt, das an die Wasseroberfläche gelangen kann und Schwimmerinnen und Schwimmer stört, sind dadurch besser sichtbar und können sich schneller vermehren», erklärt Posch. Menschen fürchten sich jedoch laut ihm oft völlig unbegründet vor diesen «gruseligen Schlingpflanzen».

Das Tausendblatt vermehrt sich mit den hohen Temperaturen im Zürichsee.

Die heimischen Pflanzen sind wichtige Biotope und für das Funktionieren des Zürichsees unerlässlich. «Wir müssen akzeptieren, dass der See kein Swimmingpool, sondern ein Biotop ist, und müssen verstehen, dass Wasserpflanzen eine wichtige Rolle spielen», sagt der Limnologe.

See verarmt an Organismen

Die ersten Wochen des diesjährigen Sommers waren von Regen und einigen kälteren Perioden geprägt. Der See habe sich nun relativ rasch aufgeheizt. «Wie schnell sich der See im Sommer erwärmt, spielt jedoch weniger eine Rolle, als wie sehr er sich erwärmt», erklärt Posch. Er vergleicht den See mit einer grossen Batterie, die, einmal aufgeladen, bis in den Winter Wärme an die Umgebung abgebe.

«Generell gilt: Je mehr Wärme der See enthält, desto weniger Sauerstoff ist in der Tiefe des Sees vorzufinden.» Das führe dazu, dass im Frühjahr weniger Nährstoffe an die Seeoberfläche für Lebewesen gelangten, was eine Problematik für das Ökosystem darstelle. «Dadurch kommt es zu einer Verarmung an der Menge der Organismen», sagt der Universitätsprofessor. Diese wären jedoch wichtig für das Funktionieren des Sees. «Das sind alles bekannte Klimaeffekte der Erderwärmung, auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen.»

Auch die Jagd- und Fischereiverwaltung erkannte dieses Phänomen. «Das Problem ist, dass für gewisse Fischarten durch solche Klimaeffekte der Lebensraum zumindest temporär verloren geht», sagt Lukas Bammatter.

Trotz allen Problemen, die der Klimawandel dem Zürichsee einbringt, liebt Posch das Gewässer. «Ich möchte auf keinen Fall auf das Baden am Morgen verzichten. Doch wir sollten uns gewisser Gefahren immer bewusst sein.»

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