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Hohe Ausgaben für Landkäufe
Zürich kämpft mit viel Geld gegen die Wohnungsnot

Drohnenaufnahmen von Zürich wärend dem Sonnenaufgang.

22. September 2021
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Stadtrat Daniel Leupi überweist Bundesrätin Karin Keller-Sutter 140 Millionen Franken.

So lässt sich das grösste Landgeschäft umschreiben, das die Stadt Zürich im letzten Jahr getätigt hat. Mit diesem hat sie ihr Kaufvolumen innerhalb von nur zwei Jahren um das Zehnfache gesteigert.

Im Dezember war erst die ungefähre Lage des Grundstücks in Seebach bekannt. Nun, nachdem die Übertragung im Grundbuch stattgefunden hat, teilt das zuständige Finanzdepartement von Daniel Leupi (Grüne) auf Anfrage mit, dass es sich um das Ruag-Areal am nördlichen Stadtrand handelt. Dieses liegt an der Bahnlinie Richtung Flughafen.

Die Stadt Zürich kauft teures Land von der Ruag. In Seebach werden Satellitenteile hergestellt. Das Land dafür hat die Stadt für 140 Millionen Franken gekauft.
Die dazugehörigen Adressen sind: Stelzenstrasse 29, 33, 39, 43, 47, 53 
sowie Schaffhauserstrasse 568, 580.
Beyond Gravity.
05.01.2024
(Tages-Anzeiger/Urs Jaudas)

In den dortigen Gebäuden fertigt die Firma Beyond Gravity Teile für Satelliten. Die Firma gehört zur Ruag International, einem abgespaltenen Teil der Ruag, des Rüstungskonzerns des Schweizer Staates. Die Ruag wiederum hatte den Geschäftsbereich 2009 von Oerlikon Space übernommen.

2019 teilte der Bundesrat die Ruag in zwei Sparten auf. Eine davon, die Ruag International, soll durch das zuständige Finanzdepartement von Karin Keller-Sutter (FDP) vollständig privatisiert werden. Dazu zählt auch die Weltraumabteilung Beyond Gravity. «Angestrebt wird, diese bis spätestens 2025 zu verkaufen», sagt Clemens Gähwiler, Sprecher von Ruag International.

Wegen dieser Abstosspläne hat die Ruag International auch das dazugehörige Areal in Seebach letztes Jahr zum Verkauf ausgeschrieben. Man habe ein zweistufiges, öffentliches Bietverfahren durchgeführt, sagt Clemens Gähwiler. «Das Ziel war, einen Marktpreis zu erreichen.»

Dass die bisherige Eigentümerin der Bund war, brachte der Stadt Zürich also keinen Vorteil. Sie zahlt 140 Millionen Franken für 35’000 Quadratmeter Land sowie mehrere Gebäude. Die meisten davon stammen aus den 1960er-Jahren.

Der Quadratmeterpreis fällt für das Ruag-Areal mit 4000 Franken fast doppelt so hoch aus wie für das ähnlich grosse Koch-Areal, das die Stadt 2013 erwarb. 2021 wiederum betrug der mittlere Quadratmeterpreis für bebaute Grundstücke in der Stadt 8700 Franken.

Allgemein liessen sich Quadratmeterpreise nur begrenzt miteinander vergleichen, sagt Kornel Ringli, Sprecher von Liegenschaften Stadt Zürich. Entscheidend seien auch die mögliche Ausnutzung eines Grundstückes, die Qualität der Gebäude oder das Arrondierungspotenzial, also das eventuelle Zusammenlegen mit benachbarten Parzellen, die bereits der Stadt gehören.

Fast doppelt so viel gekauft wie 2022

Mit dem Kauf des Ruag-Areals hat die Stadt ein – aus ihrer Sicht – erfolgreiches Erwerbsjahr abgeschlossen. Gemäss Angaben von Liegenschaften Stadt Zürich hat sie 2023 für insgesamt 358 Millionen Franken 15 Grundstücke erstanden. Oft handelte es sich dabei um Wohnhäuser. Die Gewerbehallen in Seebach bilden eine Ausnahme, auch vom Preis her. Der zweitteuerste Kauf, eine Siedlung im Stadtteil Affoltern, kostete 63 Millionen Franken.

Unter dem Druck der links-grünen Parlamentsmehrheit hat die Stadt Zürich in den letzten zwei Jahren ihre Bodenkäufe enorm gesteigert. Dies gelang auch dank einer Volksabstimmung, die dem Stadtrat die alleinige Kaufkompetenz verlieh. Zudem wurden Kaufspezialisten angestellt. 2022 hatte die Stadt Zürich für rund 184 Millionen Franken neun Grundstücke erworben. 2021 waren es noch zwei Grundstücke gewesen zum Gesamtpreis von 34 Millionen.

Im Budget 2024 hat der Stadtrat für den Landerwerb sogar 500 Millionen Franken vorgesehen. Diesen Betrag wollten FDP und SVP streichen. Dabei unterlagen sie im Gemeinderat. Aus bürgerlicher Sicht hilft das städtische Häuserkaufen nicht gegen die Wohnungsknappheit, sondern treibt die Preise nach oben. SP, Grüne und AL sehen den Erwerb als wichtiges Mittel, um günstige Wohnungen zu erhalten und das Drittelsziel zu erreichen.

Das zuständige Finanzdepartement schätzt, dass in der Stadt jedes Jahr Liegenschaften im Gesamtwert von ungefähr 8 Milliarden Franken den Eigentümer wechseln. 2020, 2021 und 2022 wurden jeweils Häuser für rund 5 Milliarden Franken verkauft. Dazu kommen vererbte oder geschenkte Liegenschaften mit einem Wert zwischen 2,5 und 3,5 Milliarden Franken. Für 2023 liegen noch keine genauen Zahlen vor. Der Anteil der städtischen Liegenschaftenkäufe bewege sich derzeit «im mittleren einstelligen Prozentbereich aller Immobilientransaktionen», sagt Claudia Naegeli, Sprecherin des Finanzdepartements.

Am Stadtrand in Seebach wird sich vorerst nicht viel ändern. Damit Beyond Gravity auch nach dem Verkauf des Grundstücks weiterproduzieren kann, hat die Firma mit der Stadt Zürich einen Mietvertrag bis ins Jahr 2030 abgeschlossen. Danach besteht die Möglichkeit auf Verlängerung. «Dies soll sicherstellen, dass die Fabrikationsmöglichkeiten bestehen bleiben», sagt Sprecher Clemens Gähwiler. Derzeit würden in Seebach rund 200 Menschen für Beyond Gravity arbeiten. 300 Arbeitsplätze hat die Firma kürzlich in den Circle beim Flughafen verlegt. Ein Teil der Gebäude in Seebach wird weitervermietet.

Wie es auf dem Gelände nach 2030 weitergeht, lässt sich laut der Stadt noch nicht sagen. 9000 der 35’000 Quadratmeter befinden sich in einer Wohnzone. Dort könnten Wohnungen gebaut werden. Möglich wäre auch eine Umzonung.