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Spektakuläre Baustelle beim Zürcher Viadukt
Und plötzlich hebt die Brücke ab

Die unter Denkmal geschuetzte SBB Bahnbruecke an der Neugasse und Josefstrasse wird fuer die Sanierung des Viadukts mit einem grossen Kran ausgehoben.
24.02.2024
(Tages-Anzeiger/Urs Jaudas)
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Die beste Sicht auf die Baustelle hat man vom elften Stock eines hellblauen Wohnhauses. Am Samstagmorgen stehen Väter mit Kindern und Pensionäre mit Kaffees in den Motel-mässigen Gängen des Wohnblocks bei der Josefswiese in Zürich. Sie sehen den Kran, dessen Schlingen eine Brücke beim Viadukt umspannen. Rund 30 Personen mit Helm und orangen Westen hantieren.

Dann, endlich: Das Brückenelement hebt ab. Der Kranführer schwenkt die 80 Tonnen schwere Stahlkonstruktion nach Norden in Richtung Zentralwäscherei, ganz langsam, und setzt sie schliesslich auf der Ladefläche eines Transporters ab. 

Die unter Denkmal geschuetzte SBB Bahnbruecke an der Neugasse und Josefstrasse wird fuer die Sanierung des Viadukts mit einem grossen Kran ausgehoben.
24.02.2024
(Tages-Anzeiger/Urs Jaudas)

Regenwasser drang in den Viadukt ein

130 Jahre alt sind die Brücken beim Viadukt, jener erhöhten Kurve vor dem Hauptbahnhof, in der Zürich vom Zugfenster immer viel aufregender und grösser aussieht, als es ist: Die Limmat strömt, die Josefswiese zieht vorbei, der Prime Tower spiegelt, und hinter dem See leuchten Schneeberge. 

Alle sieben Brücken zwischen dem Bahnhof Wipkingen und dem Viadukt werden saniert. Züge fahren momentan keine. Die Brücke bei der Neugasse, welche die Kinder und Senioren beobachten, ist die erste, die ausgehoben wird. Am Sonntag folgt die Brücke über die Josefstrasse. Einen Monat darauf diejenigen über die Heinrich- und die Limmatstrasse. 

Oliver Lechmann von den SBB, der das Bauprojekt verantwortet, hat den Termin für den Abtransport des Brückenelements bei der Neugasse mit der Stadt schon vor vier Jahren abgemacht. Viele Strassen mussten dafür gesperrt werden. Technisch sei es schwierig, die Brücke aus dem engen Korsett zu befreien, sagt Lechmann. Er sei froh, dass das Brückenelement beim Abtransport nirgends angestossen sei.

Die zwanzig Meter lange Stahlfachwerkbrücke ist denkmalgeschützt. Ein Sondertransport hat sie am Samstag in den Aargau gebracht. Dort wird der Betonbelag abmontiert. Danach reist die Brücke weiter in den Kanton St. Gallen, wo sie eine neue Schutzschicht gegen Rost bekommt. 

Saniert werden müssen die sieben Brücken wegen dem «Meteorwasser», sagt Oliver Lechmann. Heisst: wegen des Regens. Dieser ist immer stärker in das Mauerwerk des Viadukts eingedrungen. Die Fugen verschlechtern sich, die Stabilität ist gefährdet, der Stahl rostet.

Die unter Denkmal geschuetzte SBB Bahnbruecke an der Neugasse und Josefstrasse wird fuer die Sanierung des Viadukts mit einem grossen Kran ausgehoben.
24.02.2024
(Tages-Anzeiger/Urs Jaudas)

Neuer Bahnhof Wipkingen

Die Brücken des Viadukts werden gleichzeitig mit dem Bahnhof Wipkingen saniert. Die SBB haben sich dafür entschieden, die Strecke zwischen Wipkingen und dem Zürcher Hauptbahnhof komplett zu sperren, um die Arbeiten schneller ausführen zu können und die Auswirkungen auf die Anwohnerinnen und Reisenden zu minimieren. Ausserdem spare man zwei bis drei Jahre Bauzeit und rund 20 Millionen Franken. Bis Ende 2024 fällt die S24 zwischen Wipkingen und dem Zürcher Hauptbahnhof aus. Einige Arbeiten finden auch in der Nacht statt. 

ÖV-Beobachter Ernst Rota sagte dieser Redaktion vor ein paar Jahren, dass Wipkingen mit den veralteten Perrons für einen Stadtbahnhof eigentlich unhaltbar sei. 1932 wurde der Bahnhof eröffnet. Seit vergangenem Mai wird er nun umgebaut. Statt des heutigen Mittelperrons wird es künftig zwei Aussenperrons mit barriere- und stufenfreien Zugängen geben. Die südliche Personenunterführung wird neu durchgehend. Zur Nordstrasse gibt es Lifte. Davon profitieren Passagiere mit eingeschränkter Mobilität, Kinderwagen und Velos. Endlich wird auch das Behindertengleichstellungsgesetz eingehalten.

So soll der Bahnhof Wipkingen in Zukunft aussehen.

Der Umbau des Bahnhofs hat Folgen für die Nordbrücke. Um genügend Platz für die Reisenden zu haben, wird die Brücke um drei bis fünf Meter verbreitert. Ausserdem wird es ein neues Bushaltestellendach geben. Dieses und die Verbreiterung bezahlt die Stadt Zürich. Die restlichen Kosten übernehmen die SBB und der Bund. 115 Millionen Franken betragen die kompletten Baukosten. Auch der Tunnel zwischen Wipkingen und Oerlikon – einer der ältesten der Schweiz – wird während des Projekts bis März 2025 saniert.

Die Nordbrücke wird verbreitert. Dazu gibt es künftig eine neue Bushaltestelle.

Neue Brücken sollen 80 Jahre halten

Projektleiter Oliver Lechmann sagt zu den Seniorinnen, welche die Baustelle bestaunen: «Wir sehen uns in zwölf Wochen wieder.» Eine Frau sagt, er solle sich nächstes Mal frühzeitig anmelden. «Dann bekommen sie auch einen Kaffee.»

Die Brückenteile werden genau am gleichen Ort wieder eingesetzt. Oben wird mit sogenanntem Ultra-Hochleistungs-Faserbaustoff ein neuer Gleistrog erstellt, der den Stahl und den Viadukt vor dem Wasser schützen soll.

So soll eine der sanierten Brücken später aussehen.

Nicht nur wegen des Denkmalschutzes sei es sinnvoll, die Brücken zu restaurieren, sagt Oliver Lechmann. Es sei auch ökonomischer. Mindestens 80 Jahre sollen die neu restaurierten Brücken halten.