Zürcher Club vor dem Aus Der Sender schliesst
Mitte April ist Schluss im Club des Internetradios GDS an der Langstrasse. Zürich verliert einen wichtigen Ort für junge, noch unbekannte Bands.
Eine kleine Holzbühne und Platz für rund 50 Leute.
Viele Musikerinnen und Musiker spielten im Sender an der Kurzgasse im Kreis 4 ihre ersten Konzerte. Entstanden ist hier auch die Idee für das bekannte Mundartalbum von Sophie Hunger, Faber und Dino Brandao. Sie traten spontan während der Pandemie im Club bei der Langstrasse auf – und entschieden sich dann dazu, zusammen das Album «Ich liebe dich» aufzunehmen.
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Mitte April, nach mehr als 300 Stunden Livemusik, ist Schluss im Sender. Gründer Christian Gamp sagt, dass die wirtschaftliche Situation dafür verantwortlich sei. «Unsere Gäste sind keine Grossverdiener. Wegen der höheren Mieten und Krankenkassenprämien fehlte vielen das Geld für den Ausgang.» Seit vergangenem Herbst seien die Umsätze zusammengebrochen.
Mario Kart und Embracher Elektronik
Vor sieben Jahren eröffnete Christian Gamp den Sender. «Wenn es an der Langstrasse nicht geht, dann funktioniert es nirgends», sagte er damals. Er entfernte den mexikanischen Shabby Chic des damaligen Lokals La Catrina und montierte schwarze Discokugeln und LED-Installationen. Das Lokal war fortan nicht nur ein Club, sondern auch das Studio von Christian Gamps Internetradio Gegen den Strom (GDS). Dieses sendet seit 2014 Musik abseits des Mainstream und hat heute rund 1300 zahlende Mitglieder. Die Konzerte im Sender werden aufgenommen und gestreamt.
Bis zu vier Events pro Woche finden momentan im Sender statt: Clubnächte, Konzerte, DJ-Workshops und Mario-Kart-Abende etwa. «Die Bandbreite reicht vom skandinavischen Songwriter-Ensemble über die Jazzband mit Hip-Hop-Feature bis zur Embracher Elektronikorgie», schreibt der Club auf seiner Website.
«Der Betrieb war von Anfang an extrem knapp berechnet», sagt Christian Gamp. Das Geld des Popkredits der Stadt Zürich decke zwar einen Teil der Gagen für die Musikerinnen und Musiker. Trotzdem hätten viele Leute ehrenamtlich gearbeitet. «Wenn du an dieser Lage Geld machen willst, musst du Vollgasgastro machen und darfst dich nicht auf ein Nischenpublikum fokussieren», sagt Gamp. Darin sei er nie ein Profi gewesen. Während der Konzerte bleibt die Bar aus Respekt vor den Bands geschlossen. Wirtschaftlich sei das schlecht, sagt Gamp. Dafür stehe die Musik im Mittelpunkt, was ihm sehr wichtig sei.
Auf Instagram zeigen sich Zürcher Musikerinnen enttäuscht über die Schliessung des Lokals. «So schade», schreibt Palma Ada. Die Jazzband Oksvo kommentiert ein weinendes Emoji. Neben den Konzerten verteilte Radio GDS im Sender auch jedes Jahr Awards für alternative Musik. Anstatt die Steine der Swiss Music Awards gab es für die Gewinnerinnen einen goldenen Lachs.
Lärmstreit und Konkurrenz
«Wir überdauerten eine Pandemie, polizeiliche Willkür und ein gescheitertes Hiltl-Restaurant», schreibt der Sender in einer Medienmitteilung. Sie hätten vieles über Wirtschaftlichkeit, Kreisarchitekten und Lärmschwierigkeiten gelernt.
Zwei Anwohner klagten nach der Eröffnung gegen den Sender. Die Musik sei derart laut, «dass die Gebäudehülle insbesondere die Bassvibrationen nicht zu halten vermochte». Christian Gamp wurde beim Rechtsstreit vor Bezirksgericht freigesprochen. Die Polizei und die Politik sollten verhältnismässiger mit dem Thema umgehen, wenn sie das Nachtleben nicht zerstören wollten, sagte er damals.
Es war für den Club immer ein Auf und Ab. Oder wie Radio GDS schrieb: «Ein Höllenritt auf Omas Motorrad im Hühnerstall unserer Herzen.»
Letztes Jahr lief nach der Pandemie und den Lärmklagen wieder alles normal. Über 40 Konzerte und doppelt so viele DJ-Nächte fanden statt. Diesen Januar schrieb der Sender aber, dass es in der aktuellen wirtschaftlichen Lage besonders herausfordernd sei, ein vielfältiges Programm zu veranstalten.
Unweit des Senders, oberhalb der Zukunft, wurde zudem die Waxy Bar eröffnet, wo ebenfalls alternative Konzerte unter der Woche stattfinden. Dass es dem Sender wegen zusätzlicher Konkurrenz nicht mehr läuft, glaubt Christian Gamp aber nicht. Das Angebot sei eher zurückgegangen.
Radio GDS wird weiterhin senden – nur ohne fixen Club und Bar. Events, Partys und Workshops sollten aber auch in Zukunft an neuen Orten stattfinden, sagt Christian Gamp.
Was im Lokal an der Kurzgasse geschieht, ist noch unklar. Das «S» auf dem Schild wurde entfernt. «Ender» statt «Sender» steht jetzt auf weissem Grund. Bis Mitte April läuft das Programm noch normal weiter.
Diesen Donnerstag spielt etwa die Zürcher Alternative-Punk-Band Lola Boum. Am Wochenende gibt es elektronische Musik, unter anderem vom Tessiner Label Fishnet Collective. Vom 11. bis zum 13. April findet dann das Closing des Clubs statt. Es ist gleichzeitig auch das 10-Jahr-Jubiläum von Radio GDS.
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