Kommentar zum EigenmietwertZu viele Privilegien für Hausbesitzende
Der Ständerat will den Eigenmietwert abschaffen: eigentlich ein verständliches Anliegen. Doch erliegt er einmal mehr dem Sirenengesang der Hauseigentümerlobby.
Eigenmietwert: Schon die Wortkonstruktion hat die Eleganz eines Krückstocks. Schwer vermittelbar ist denn auch das zugrunde liegende Prinzip: Wer eine Immobilie besitzt und darin wohnt, muss ein Einkommen versteuern, das nicht existiert. Damit soll Gleichberechtigung gegenüber jenen Menschen geschaffen werden, die Miete bezahlen müssen. Das ist zwar richtig, trotzdem kann man es Hausbesitzerinnen und -besitzern nicht verargen, wenn sie mit dem Eigenmietwert Mühe haben. Es spricht nichts dagegen, dass die Politik nach einem ebenso gerechten, aber besser nachvollziehbaren System sucht.
Nur: So wie der Ständerat die Sache jetzt wieder anpackt, muss es schiefgehen. Er hat die neue Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts am Dienstag mit weitreichenden Privilegien für Hausbesitzende angereichert. Auf der Hand läge eigentlich ein «reiner» Systemwechsel: Man versteuert keinen Eigenmietwert mehr, verliert dafür aber die heutigen, grosszügigen Steuerabzüge. Stattdessen hat der Ständerat entschieden, dass ein Teil der Schuldzinsen auch in Zukunft abzugsfähig bleiben – eine einseitige Bevorteilung des Immobilienbesitzes, die ein Referendum schwerlich überleben würde. Ausserdem ist die neue Regelung unangemessen kompliziert, indem für Zweitwohnungen der Eigenmietwert beibehalten wird.
Fairerweise muss man anfügen, dass eine Abschaffung des Eigenmietwerts in fast jeder Variante Tücken aufweist. Auch ein «reiner» Systemwechsel hätte negative Folgen, etwa Steuerausfälle in den Bergkantonen, wo zahlreiche Ferienhäuser stehen.
Vielleicht ist eine Umkehr angezeigt. Vielleicht sollte man gezielter die Schwächen des heutigen Systems korrigieren, statt das System als Ganzes kübeln zu wollen. Der Eigenmietwert ist kein sonderlich elegantes und erst recht kein problemloses Konstrukt. Doch ein Gesetz muss nicht unbedingt gut sein. Es sollte bloss besser sein als alle seine Alternativen.
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