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Dyson Zone
«Zu peinlich» – Der Luftreinigungs-Kopfhörer im Test

«Meine Güte, sieht das doof aus!» «Wie kannst du nur!» «So was würde ich nie tragen!» «Und dafür auch noch so viel Geld ausgeben? Ohne mich!» 

Es war hart, damals im September 2016. Für meinen Testbericht hatte ich die ersten AirPods von Apple bekommen. In den Handel kamen die weissen Funkkopfhörer dann erst Ende Dezember. Während Monaten war ich einer von höchstens einer Handvoll Menschen in der Schweiz, die mit den auffälligen Ohrstöpseln unterwegs waren. Was ich mir da alles anhören musste. Von Verwandten, Bekannten, auf der Arbeit – und selbst wildfremde Menschen blieben stehen und zeigten auf mich. Von den vielen Witzen über Zahnbürstchen und Wattestäbchen ganz zu schweigen.

Heute schaut niemand mehr komisch oder macht gar eine Bemerkung. Die AirPods sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ubiquitär und ein Megaerfolg für Apple.

Es war wie damals

Fast sieben Jahre nach meinen ersten Erfahrungen mit den AirPods wiederholt sich die Geschichte. Ich befinde mich im Innenhof eines Münchner Gewerbequartiers und ziehe alle Blicke auf mich. Oder genauer: auf meinen wuchtigen Kopfhörer, der nicht nur die Ohren bedeckt, sondern mit einem speziellen Bügel auch Mund und Nase. Ich probiere nämlich gerade den Dyson Zone aus. Einen Kopfhörer mit Luftreinigung.

Als das Ankündigungsmail am 30. März 2022 zu mir kam, war klar: Das wird ein Aprilscherz. Um pünktlich zum 1. April in der Zeitung zu erscheinen, verschicken Firmen ihre lauen Spässe gern schon etwas früher. Mühsam. Aber so ist das nun mal. Und nun also auch von Dyson. Der Firma, die ich eigentlich für ihr optimistisches und futuristisches Design mag.

Aber dieser Kopfhörer mit Atemmaske ist dann doch etwas viel. Das muss ein Jux sein. Die Firmensprecherin widerspricht zwar vehement – aber ich glaube ihr kein Wort. Erst als ich im Dezember in einem Webcall mit Dyson-Ingenieuren neben dem fertigen Kopfhörer auch Prototypen sehe, glaube ich es.

Der wuchtige Kopfhörer fühlt sich leichter an, als er ist. Und der frische Luftzug um Mund und Nase ist angenehm.

Und nun soll ich das also aufsetzen. Der Kopfhörer sieht wuchtig aus und fühlt sich in der Hand schwer an. Der Atembügel (Dyson nennt es Visor) hält magnetisch am Kopfhörer und ist überraschend leicht, dünn und biegbar. Er dient nämlich nur dazu, die im Kopfhörer angesaugte und gereinigte Luft kanalisiert Richtung Mund und Nase zu leiten. Technik steckt da keine drin. Er berührt den Kopf nicht mal. Wenn man ihn nicht braucht, kann man den Bügel runterklappen oder abnehmen. 

Ganz einfach ist es aber nicht, das Teil richtig anzuziehen. Der Bügel sollte etwa auf Höhe Nasenspitze platziert sein. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie meine Nase oben am Bügel herauslugt. Wie bei manchen unbelehrbareren Zeitgenossen während der Corona-Pandemie. Mit der Pandemie hat der Zone von Dyson übrigens gar nichts zu tun. Die Entwicklung begann schon 2017 mit dem Ziel, Grossstadt-Smog rauszufilern. Wer will, kann aber auch eine spezielle FFP2-Maske für den Dyson Zone kaufen. Anschauen oder ausprobieren konnte ich diese aber nicht.

Einmal auf dem Kopf, weichen alle Zweifel einem überraschten Grinsen. Der wuchtige Kopfhörer fühlt sich leichter an, als er ist. Und: Dieser frische Luftzug um Mund und Nase ist angenehm. Sehr angenehm. Um den Zone zu testen, setze ich mich in einen Sessel und schreibe an einem Artikel. Dabei filtert der Zone nicht nur die Luft, sondern auch die Umgebungsgeräusche. Wie man es seit Jahren von allen möglichen Kopfhörern kennt, kann auch der Zone Lärm rausfiltern. 

Nebst Noise-Canceling hat er auch einen Transparenz-Modus, bei dem die Aussengeräusche verstärkt sind, sodass man sie auch hört, obwohl man einen Kopfhörer auf hat – und Musik spielt er natürlich auch ab.

Wäre der Kopfhörer mit den verbauten Gebläsen und Filtern optisch nicht so auffällig und wuchtig, er ginge in Sachen Akustik problemlos als Modell der gehobenen Mittelklasse durch. 

Völlig losgelöst

Da sitze ich also und geniesse gefilterte Luft und gefilterte Akustik. Ganz zufrieden und konzentriert in meinem Wohlfühl-Cocon. Oder eben in meiner Wohlfühlzone, wie es der Name des Geräts ja schon andeutet. Doch dann wage ich mich nach draussen, und schon im Lift hat es einen Spiegel, und jeder Hauch von Wohlfühl-Cocon wird jäh verblasen. Meine Güte! Bin das ich?

Der Cyborg da im Spiegel sieht aus, als sei er der farbenfrohe Cousin von Darth Vader. Tatsächlich braucht es sehr viel Mut und Selbstsicherheit, um sich mit dem Dyson Zone in die Öffentlichkeit zu wagen. Die AirPods damals konnte man ja noch übersehen. Den Zone nicht. 

Erstaunlicherweise kann man den Zone zwar nicht übersehen, aber überhören. Das Gebläse in den Ohrmuscheln regelt sich automatisch rauf und runter. Sitzt man etwa im Zug, lüftet es nur ganz leise, sodass Sitznachbarn nicht gestört werden. Aber klar, man kann in der Begleit-App auch auf maximale Leistung schalten und unliebsame oder stinkige Platznachbarn mit Staubsaugergeräuschen in die Flucht schlagen. Vorausgesetzt, man hat genug Akku. Bei voller Leistung hält dieser gerade mal anderthalb Stunden. 

Wäre es nicht klüger, die Luft dort zu filtern, wo sie verdreckt wird?

Nach dem Vormittag mit dem futuristischen Kopfhörer würde ich mich damit höchstens auf einen Langstreckenflug wagen. Selbst in einer stickigen U-Bahn wäre es mir einfach zu peinlich. Trotzdem, die Idee hinter dem Dyson Zone ist nicht blöd, und der Effekt mit der gefilterten Atemluft ist überraschend angenehm. Dennoch drängt sich die Frage auf: Wäre es nicht klüger, die Luft dort zu filtern, wo sie verdreckt wird, statt ein paar Privilegierte, die sich den rund 1000 Franken teuren Zone leisten können, in eine Wohlfühlblase zu stecken?

Aber das ist wohl noch utopischer als der Dyson Zone an sich. Und das letzte Wort zum Luftreinigungs-Kopfhörer ist sowieso noch nicht gesprochen. In den USA und in Asien wird er bereits verkauft (die Schweiz folgt nächstes Jahr), und an der Ladenkasse wird sich weisen, ob der Zone ein Rohrkrepierer oder ein weiterer Schritt hin zum umfassenden Wohlfühl- und Abschottungs-Cocon wird. Eine Entwicklung, die sich seit Jahren abzeichnet.

Die Ohren können wir uns schon sehr gut verschliessen und mit künstlichen Tönen oder Ruhe berieseln. Mund und Nase lassen sich dank dem Zone jetzt auch vor Ausseneinflüssen abschotten. Was noch fehlt, sind die Augen. Aber da sind der Facebook-Konzern mit allerhand Computerbrillen und ab nächstem Monat wohl auch Apple mit Vollgas schon dran.