Publikumsliebling als TrendsetterSeinetwegen wollen sich ZSC-Junioren die Haare abrasieren lassen
Vinzenz Rohrer brilliert zum Saisonauftakt auch als Goalgetter. Die Montreal Canadiens beobachten den 20-jährigen ZSC-Stürmer intensiv. Doch sein neuer Look verblüfft.
Vinzenz Rohrer ist kein Spieler wie jeder andere. Sein Enthusiasmus ist in jeder Aktion spürbar. Bevor er ein Bully spielt, zappelt er ungeduldig herum. Wenn er nach seinen Einsätzen zurück zur Bank fährt, ist er völlig ausgepumpt, weil er alles aus sich herausgeholt hat. Sein Lachen und seine Freude am Spiel sind ansteckend. Das alles hat den jungen Österreicher im Nu zum Liebling der ZSC-Fans gemacht. Eines seiner Markenzeichen ist nun aber verschwunden: sein wilder Haarschopf, der unter dem Helm hervorguckte und ihm ein leicht verwegenes Aussehen verlieh.
Rohrer liess sich vor einem guten Monat von seinem WG-Kollegen Alessandro Segafredo von den GCK Lions den Kopf kahl rasieren. Hatte er etwa eine Wette verloren? Der 20-Jährige verneint. «Ich sah es einfach als persönliche Challenge. Ich wollte es schon immer einmal machen, jetzt habe ich es durchgezogen.»
Viele Reaktionen auf seine neue Frisur
Er sehe jetzt vielleicht nicht mehr so hübsch aus, sagt er schmunzelnd. Aber er betrachte es als Erfahrung. Natürlich habe er viele Reaktionen bekommen. Jeder spreche ihn darauf an, wenn er ihn zum ersten Mal ohne Haare sehe. Inzwischen sind sie schon wieder ein paar Zentimeter gewachsen. Er habe von Vätern gehört, die sagten, ihre Söhne wollten sich seinetwegen nun auch ihre Haare abrasieren lassen, sagt Rohrer. Was ihn leicht erstaune.
Mehr noch als mit seiner Frisur sollte er für die ZSC-Junioren mit seiner Einstellung ein Vorbild sein. Im Sommertraining erzielte er Traumwerte, und derweil andere noch ihre Form suchen, fliegt er bereits übers Eis. Er war auch schon früh gefordert, spielte ja nicht nur in der Champions League mit den ZSC Lions, sondern wie Ambris Dominic Zwerger und SCB-Topskorer Benjamin Baumgartner auch in der Olympia-Qualifikation in Bratislava. Da verpassten die Österreicher das Ticket für 2026, die favorisierten Slowaken setzten sich durch.
In der Meisterschaft hat Rohrer schon früh Spuren hinterlassen. Beim wilden 5:4-Overtimesieg über Ambri traf er doppelt, beim 3:2 nach Penaltys in Bern glich er zum 2:2 aus und verwandelte er seinen Penalty. Dass er in der Kurzentscheidung nach Andrighetto als Zweiter anlief, zeigt, dass ihm Coach Marc Crawford nun auch vermehrt offensiv Verantwortung übertragen möchte. Und Rohrer zeigte, dass er dafür bereit ist. Er wolle nun auch als Skorer den nächsten Schritt machen, sagt er am Samstagabend spät in der Postfinance-Arena. Der Auftakt ist ihm gelungen.
Als Rohrer letztes Jahr nach zwei Saisons beim kanadischen Juniorenteam Ottawa 67’s in die ZSC-Organisation zurückkehrte, unterschrieb er einen Zweijahresvertrag. Crawford fand schnell Gefallen an ihm, mit seinem Speed und seiner Intensität wurde er zu einem wertvollen Spieler im Meisterensemble.
Von Montreal gedraftet, träumt der Jungstürmer von der NHL. Er wird von den Canadiens eng beobachtet und steht in Kontakt mit Rob Ramage, dem Chef der Spielerentwicklung in Montreal. Und neu auch mit Lauri Korpikoski, dem früheren ZSC-Spieler, der nun auch ein Job bei den Canadiens versieht.
Unterschreibt er nochmals in Zürich?
Man werde sehen, was die Zukunft bringe, weicht Rohrer auf die Frage nach seinen Plänen aus. «Ich war schon immer einer, der die Dinge auf sich zukommen liess. Schauen wir einmal, wo ich in einem Jahr stehe. Ich möchte zuerst diese Saison in Zürich spielen.» Einige Entscheidungen stehen aber wohl schon vorher an. Rohrer könnte beispielsweise vorzeitig einen neuen Vertrag bei den ZSC Lions unterschreiben und hätte dann eine Absicherung, falls es bei den Canadiens nächste Saison noch nicht klappen würde.
ZSC-Sportchef Sven Leuenberger glaubt, dass für Rohrers Entwicklung eine weitere Saison in der National League besser wäre als ein Jahr in der American Hockey League. Er sagt: «Ein Schweizer Topclub wie Zürich ist besser als die AHL-Teams. Und die Marschroute stimmt bei Rohrer: Wenn er seine Intensität beibehalten kann und sich weiterentwickelt zum Skorer, wäre das für ihn ideal. Denn die Frage ist ja auch: Was für ein Spieler kann er in der NHL sein? Wenn er ein Offensivspieler sein möchte, muss er offensiv gut genug sein für die ersten zwei Linien.»
Wenn es an etwas nicht mangle bei Rohrer, dann sei das die Bereitschaft, hart zu arbeiten für sein grosses Ziel, lobt Leuenberger. Nach den Trainings schiebt der Österreicher stets Sonderschichten. Seine Beine sind voluminös und muskulös, nun gilt es für ihn noch, am Oberkörper an Masse zuzulegen, wenn er sich in der NHL gegen 100-Kilo-Brocken behaupten will. In der Schweiz ist er dank seiner Explosivität bereits jetzt sehr zweikampfstark. In Bern wuchtete er einen Gegenspieler einmal locker weg.
Als die ZSC Lions den Meistertitel feierten, wurde es bei wenigen so laut in der Swiss-Life-Arena wie bei Rohrer, als er den Pokal stemmte. Er geniesst diese Wertschätzung und sagt: «Es ist wunderschön, dass mir die Fans so viel Liebe schenken.» Wie lange diese Liebesbeziehung noch weitergeht? Man wird es sehen. Eines ist klar: Jedes weitere Jahr, das Rohrer in Zürich spielt, ist für die ZSC Lions ein Gewinn.
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