Wechsel zu Bayern MünchenYann Sommer hebt ab
Die Ablöse, der Lohn, die Gefahr: Mit dem Wechsel zum FC Bayern stösst der Schweizer Nationalgoalie in neue Dimensionen vor. Aber was ist, wenn Manuel Neuer zurückkehrt?

Die Ablöse
Im Fussball werden Träume verkauft: Die höchsten Beträge fliessen für junge Spieler mit langfristigen Verträgen und schönsten Zukunftserwartungen. Yann Sommer ist kein junger Fussballer, er wurde im Dezember 34. Yann Sommers Vertrag in Gladbach wäre noch ein halbes Jahr gelaufen, dann hätte er ablösefrei wechseln können. Und trotzdem wird er jetzt mit einer vermuteten Transfersumme von acht Millionen Euro der viertteuerste Goalie in der Bundesliga-Geschichte – sofern er am Mittwochabend, wie vom «Blick» zuerst berichtet, den Medizincheck in München bestanden hat. Die Bestätigung steht noch aus.
Wieso fliesst gegen die Regeln des Marktes so viel Geld? Weil die Bayern unter Druck sind, seit Stammgoalie Manuel Neuer bei einer Skitour einen Bruch im rechten Unterschenkel erlitten hat. Weil die Bayern finanzstark sind. Und die Gladbacher das alles wussten. Sie mussten nur lange genug warten, um für Sommer möglichst viel Geld zu bekommen. Die Bayern starteten ihr Angebot bei vier Millionen Euro, erhöhten auf sechs und boten irgendwann den Betrag, der die Gladbacher vergessen liess, dass sie gerade erst gesagt hatten, Sommer werde auf keinen Fall vorzeitig abgegeben.
Der Selbstoptimierer
Yann Sommer ist ein Körper-Selbstoptimierer. Er hat einen Ernährungsberater, einen eigenen Fitnessraum, einen Fitnesscoach, trainiert sogar die Augen. Kürzlich sagte er gegenüber dem Schweizer Fernsehen, er habe «easy noch drei, vier Jahre», in denen er auf dem aktuellen Level Goalie sein könne.
Yann Sommer ist auch ein cleverer Karriereplaner. Als Junior wechselte er von Concordia Basel zum FC Basel. Als Profi liess er sich zu Vaduz und GC ausleihen, bis er für den FCB bereit war. Dann zog er 2014 weiter in die Bundesliga. Seit fast neun Jahren spielt er jetzt bei Borussia Mönchengladbach, und es wurde in den vergangenen Wochen klar, dass er bereit ist für das vielleicht letzte grosse Abenteuer seiner Karriere: Sommer zögerte mit der Vertragsverlängerung und prüfte Alternativen. Dass er schon jetzt wechselt und nicht erst im Sommer, ist Neuers Verletzung geschuldet. Und dem Reiz, den die Bayern bei ihm auslösen.

Das Gehalt
Hat sich der Schweizer Nationalgoalie mit dem Transfer zu den Bayern um einen Wundervertrag gebracht? Für gefragte Fussballer wie Sommer ist ein Wechsel nach ausgelaufenem Vertrag normalerweise besonders attraktiv. Weil die Ablösesumme wegfällt, gibt es Handgelder, und das neue Jahressalär ist umso höher.
Trotzdem braucht sich um Sommer niemand zu sorgen. In den letzen Jahren soll er bei Gladbach rund vier Millionen Euro pro Saison verdient haben. Es wäre eine riesige Überraschung, würde er sich mit dem Wechsel zu den Bayern finanziell nicht verbessern. Wie sein bisheriger Club konnte auch er die Verhandlungen mit den Bayern aus einer Position der Stärke führen.
Die Chancen
Nach 15 Runden liegen die Bayern 4 Punkte vor dem SC Freiburg an der Bundesliga-Spitze, am Freitag nehmen sie mit dem Spiel gegen Leipzig die Saison wieder auf. Läuft alles normal, werden sie zum elften Mal in Folge – gähn – deutscher Meister. Für Sommer wäre es nach dem liechtensteinischen Cupsieg sowie vier Meisterschaften und einem Cupsieg mit dem FCB eine Premiere. Daneben bietet sich ihm die Chance, in der Champions League mitzumischen. Die Bühne könnte schon im Achtelfinal kaum grösser sein. Da treffen die Bayern auf PSG.
Die Risiken

Als Manuel Neuer 2011 zu den Bayern kam, wollten ihn die Fans nicht. «Koan Neuer» stand auf Schildern, Neuer war halt Schalker. Mittlerweile ist Neuer Weltmeister, zweifacher Champions-League-Sieger, zehnfacher Meister, sechsfacher Cupsieger, fünffacher Welttorhüter, Rekord-Nationalgoalie, Captain. Kurz: Er ist eine Macht. Und unantastbar. Eigentlich.
Die grossen Fragen bei Sommers Wechsel lauten darum: Ist er nur eine Nummer 1 auf Zeit? Muss er im Sommer Manuel Neuer Platz machen? Droht er mit seinem Wechsel nach München im Herbst auch seine Position als Nummer 1 der Schweizer Nationalmannschaft zu verlieren? Ja, das tut er.
Allerdings: Manuel Neuer wird im März 37-jährig. Er hat einen offenbar komplizierten Unterschenkelbruch erlitten, sonst würde er nicht bis Mitte Jahr ausfallen. Die «Bild» titelte kürzlich: «Verletzung in Wahrheit viel schlimmer? Zweifel an Neuer-Comeback».
Der Nachfolger

Die Bundesliga hat starke Schweizer Goalies: Im Ranking der Fachzeitschrift «Kicker» waren Gregor Kobel (Dortmund) und Sommer bis zur WM- und Winterpause die Besten ihres Fachs. Borussia Mönchengladbach mag Schweizer Goalies: In diesem Jahrtausend hatte sie drei Jahre mit Jörg Stiel. Achteinhalb Jahre mit Yann Sommer. Und nun kommt mit grösster Wahrscheinlichkeit Jonas Omlin.
Der Obwaldner debütierte 2015 beim FC Luzern in der Super League, wurde 2018 die Nummer 1 in Basel und ging 2020 mit einem Vierjahresvertrag zu Montpellier. Der 29-jährige Omlin hat bislang viermal für die Schweizer A-Nationalmannschaft gespielt, mit seinem Wechsel befreit er sich aus einer schwierigen Position. Montpellier ist mit 40 Gegentreffern in 19 Partien nicht nur abwehrschwach, sondern auch abstiegsgefährdet.
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