Polizeigewalt gegen SchwarzeWo sich Rassenunruhen und der Wahlkampf vermischen
In der amerikanischen Kleinstadt Kenosha im umkämpften Swingstate Wisconsin kam es zu Protesten gegen die Polizei. Zwei Personen starben.
Bei Protesten gegen einen gewaltsamen Polizeieinsatz in der Kleinstadt Kenosha im amerikanischen Bundesstaat Wisconsin sind in der Nacht zum Mittwoch zwei Menschen durch Schüsse getötet und eine dritte Person verwundet worden. Berichte, die sich auf Videoaufnahmen stützen, legen nahe, dass ein Mann, der an einer Tankstelle Wache hielt, um diese vor Plünderung zu schützen, mit einem Gewehr auf Demonstranten feuerte. Nach einem Bericht der «New York Times» ist der Schütze angeblich ein weisser Mann, die Opfer sind schwarz.
In den USA kommt es in vielen Städten seit Monaten immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Demonstranten, die gegen Polizeibrutalität und Rassismus protestieren. Immer wieder werden am Rande dieser Proteste auch Geschäfte geplündert oder angezündet.
Schiesserei an der Tankstelle
Ähnliches hat sich offenbar am frühen Mittwochmorgen auch in Kenosha zugetragen, wo Brandstifter in den vergangenen Nächten erheblichen Schaden angerichtet hatten. Unter anderem traf eine Gruppe von Demonstranten auf eine Gruppe von Bewaffneten, die eine Tankstelle bewachten. Es kam offenbar zunächst zu gegenseitigen Beschimpfungen. Später wurden aus dieser Gruppe heraus dann die tödlichen Schüsse abgefeuert.
Die Proteste in Kenosha hatten Anfang der Woche begonnen, nachdem weisse Polizisten bei einem Einsatz den Schwarzen Jacob Blake mit mehreren Schüssen in den Rücken schwer verwundet hatten. Wie es genau zu der Auseinandersetzung kam, ist noch nicht geklärt. Videoaufnahmen von Augenzeugen zeigen jedoch, dass Blake keine Waffe in der Hand hatte.
Jacob Blake wahrscheinlich gelähmt
So wie es aussieht, hatte er eine verbale Konfrontation mit den Polizisten, ging dann zu seinem Auto und beugte sich hinein, wobei die Beamten versuchten, ihn davon abzuhalten. Die Aufnahmen zeigen, dass mindestens ein Polizist in dem Moment zu schiessen begonnen hat, in dem Blakes Oberkörper im Auto verschwand.
Insgesamt wurde Blake von mehr als einem halben Dutzend Kugeln getroffen. Er hat überlebt, wird aber vermutlich gelähmt bleiben. Bisher haben die Behörden keine offiziellen Angaben über den Hergang der Tat oder die Identität des oder der Schützen gemacht. Blakes Familie wirft der Polizei «versuchten Mord» vor.
Demonstrationen zeigen keine Wirkung
Die Lage in Kenosha ist in zweierlei Hinsicht beunruhigend. Sie zeigt zum einen, dass die Demonstrationen gegen Polizeigewalt und Rassismus in den USA im Alltag nur sehr begrenzte Wirkung haben. Dass wieder ein Schwarzer von weissen Polizisten niedergeschossen wurde, ohne ersichtlichen Grund und vor den Augen seiner Kinder, spricht nicht dafür, dass in den Police Departments der USA ein Gesinnungswandel stattfindet.
Zum anderen ist das Ausmass der Gewalt- und Zerstörungsbereitschaft auf allen Seiten inzwischen erschreckend hoch. Die Polizei schiesst oft wahllos mit Tränengas und Gummimunition auf Demonstranten, wobei sich unter diese immer wieder auch Plünderer und Brandstifter mischen. An manchen Orten hat das dazu geführt, dass sich private Bürgerwehren gebildet haben – Gruppen von Bewaffneten, die Geschäfte oder Häuser gegen Übergriffe schützen wollen. Dass diese Mischung dann explodiert und mit tödlichen Schüssen endet, ist eigentlich nicht verwunderlich.
Biden muss in Wisconsin gewinnen
Politisch heikel ist zudem, dass Kenosha im Bundesstaat Wisconsin liegt, einem der wichtigsten Staaten bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl. Der Demokrat Joe Biden muss den Staat, der 2016 für Donald Trump stimmte, dringend gewinnen, um ins Weisse Haus einzuziehen. Er muss dazu Solidarität mit der schwarzen Bevölkerung zeigen. Die Trump-Kampagne versucht hingegen bereits, die Eskalation der Gewalt in Kenosha als Argument gegen Biden zu nutzen und den weissen Wählern Angst zu machen. Das stehe ganz Amerika bevor, sollte Biden gewinnen, behauptet Trumps Team.
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