Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Bundesrat prüft Sparmassnahmen bei AHV
Witwen sollen Sanierungsbeitrag leisten

Witwenrenten könnten künftig nur ausbezahlt werden, wenn die betroffenen Frauen Kinder haben. 

Erstmals seit 2005 hat der Bund ein höheres Defizit eingefahren, als es die Schuldenbremse zulässt. Das Minus für 2022 beträgt 1,6 Milliarden Franken, unter anderem weil Einnahmen aus der Verrechnungssteuer geringer ausfielen. Die Schuldenregeln hätten nur ein Defizit von 300 Millionen erlaubt. Für die kommenden Jahre sind die Perspektiven noch düsterer. Für 2024 bis 2026 werden Fehlbeträge von 2 bis 3 Milliarden erwartet. Die Ursachen sind Mehrausgaben für den Asylbereich und die Prämienverbilligung, der Teuerungsausgleich auf den Renten sowie höhere Schuldzinsen. Dazu kommen vom Parlament beschlossene Projekte wie die Krippenfinanzierung, der Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative und die Erhöhung der Armeeausgaben.

Die neue Finanzministerin Karin Keller-Sutter legt deshalb für die kommenden Jahre zwei Sparhebel an. Einerseits sollen bei nicht gesetzlich festgelegten Ausgabenposten jährlich rund 2 Milliarden Franken eingespart werden. Weil dies aber nicht ausreicht, plant der Bundesrat Einschnitte, für die Gesetze geändert werden müssen. Dazu gehört eine Reform der Witwenrenten, mit der sich Bundesrat und Parlament bereits mehrmals die Finger verbrannt haben.

Reformdruck nach Urteil aus Strassburg

Eine solche Reform drängt sich laut dem Bundesrat jedoch ohnehin auf. Denn der Gerichtshof für Menschenrechte hat im letzten Oktober die geltende Ausgestaltung der Hinterlassenenversicherung als diskriminierend für die Männer beurteilt. Wer damals meinte, dass das Strassburger Urteil den verwitweten Männern zu den gleichen Leistungen verhilft, wie sie heute die Witwen erhalten, dürfte sich aber getäuscht haben. Denn das Ziel von Keller-Sutter, dass der Bund bei der AHV jährlich mindestens 100 Millionen Franken einspart, lässt sich nur mit Abstrichen bei den Witwenrenten erreichen.

Dabei dürfte der Bundesrat auf Pläne zurückgreifen, die er bereits vor über 20 Jahren hatte. Naheliegend ist es, dass künftig kinderlose Witwen keine Rente mehr erhalten. Eine solche Minireform scheiterte 2004 noch in der Volksabstimmung. Bei der Rentenreform Altersvorsorge 2020 plante der Bundesrat einen weiter gehenden Abbau, liess die Witwenrenten aber mit Blick auf die Volksabstimmung unangetastet. Die Abstimmung verlor er trotzdem.  

Wie tiefgreifend die Reform der Witwenrenten ausfallen soll, ist noch offen, ebenso der Spareffekt – zumal eine solche Reform vermutlich Übergangsregelungen vorsieht. Der Bundesrat will in den nächsten Wochen entsprechende Abklärungen treffen und bis Ende März entscheiden. Dabei könnte er sich auf eine Minireform beschränken, indem er einzig die Renten für kinderlose Witwen abschafft. Oder er könnte vorschlagen, dass die Witwenrenten zum Zeitpunkt entfallen, wenn die Kinder volljährig sind, beziehungsweise bis zum Alter von 25 ausbezahlt werden, sofern sie bis dann in Ausbildung sind.

Ganz leer dürften die Männer dank des Strassburger Urteils aber nicht ausgehen. Denn heute sind nicht nur kinderlose Witwer gegenüber kinderlosen Witwen benachteiligt. Anders als die Frauen verlieren heute die Männer ihre Witwerrente, sobald ihre Kinder 18 Jahre alt sind. Das heisst, künftig dürften sie zumindest eine Witwerrente erhalten, bis in Ausbildung stehende Kinder 25 Jahre alt sind. 

Armeeausgaben wachsen langsamer

Neben der Witwenrente will Keller-Sutter noch weitere gesetzlich gebundene Ausgaben reduzieren. So soll der Bundesbeitrag an die Arbeitslosenversicherung befristet um 120 Millionen Franken pro Jahr gekürzt werden. Dies sei verkraftbar, weil der ALV-Fonds zurzeit gut alimentiert ist. Weiter soll der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer um 200 Millionen Franken pro Jahr reduziert werden. Keller-Sutter begründet dies mit der vom Parlament beschlossenen Krippenfinanzierung von jährlich 800 Millionen Franken. Denn familienexterne Kinderbetreuung sei eigentlich eine Aufgabe der Kantone.

Zu den kurzfristigen Sparmassnahmen gehört ein geringeres Wachstum der Armeeausgaben, als es das Parlament verlangt hat. Damit erreichen die Armeeausgaben erst 2035 einen Anteil von 1 Prozent am Bruttoinlandprodukt statt 2030. Verteidigungsministerin Viola Amherd präsentierte am Mittwoch ein entsprechend angepasstes Rüstungsprogramm für 2024 und einen reduzierten Zahlungsrahmen von 21,7 Milliarden für die nächsten vier Jahre.