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Nach Tod von Prinz Philip
Wird die Queen nun ihren Thron räumen?

Bei aller Trauer geht sie ihren Pflichten nach: Queen Elizabeth II.
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Während am letzten Freitag überall im Land die Fahnen auf halbmast gingen, ordnete Königin Elizabeth II. aus Respekt für Prinz Philips Tod in ihren Schlössern zwei Wochen Trauer an. Am Dienstag dieser Woche aber versah die Queen bereits wieder ihren «Dienst», wie immer – obwohl noch nicht einmal das Begräbnis stattgefunden hat in Windsor Castle.

Sie empfing zu einer Farewell-Zeremonie den scheidenden Lord Chamberlain und höchsten Beamten bei Hofe, den Grafen William Peel, der vor ein paar Tagen in den Ruhestand getreten war. Für Familie und enge Vertraute kam solcher Pflichteifer keineswegs überraschend, bei aller Trauer.

Für ihre stoische Haltung, ihre bemerkenswerte Selbstkontrolle war die Monarchin schliesslich zeitlebens bekannt. Wo sie ihres Amtes zu walten hatte, hatte sie persönliche Gefühle immer hintangestellt, hatte sie sich nie erlaubt, ihre innersten Regungen zu offenbaren. (Lesen Sie den Nachruf auf Prinz Philip: «Der loyale, störrische Prinz».)

Bereits an Solo-Existenz gewöhnt

Ganz selten einmal hatte man ein paar Tränen über ihre Wangen rollen sehen – wie bei einer Gedenkfeier in Westminster Abbey, nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2002. Dass Elizabeth jetzt, abseits aller Öffentlichkeit, natürlich zu kämpfen habe mit einem «enormen Gefühl der Leere in ihrem Leben», mutmasste zu Wochenbeginn zwar ihr Sohn Andrew, der Herzog von York.

Andererseits war die Königin auch längst an eine Solo-Existenz in ihren Palästen, an ein gänzlich eigenständiges Leben gewöhnt. Denn 2017 war Philip ja nach Schloss Sandringham in Ostengland gezogen, wo er seine letzten Jahre verbringen wollte, während Elizabeth in Windsor Castle und im Buckingham Palace «ihrem Job» nachging.

Fast 75 Jahre miteinander verheiratet: Prinzessin Elizabeth, künftige Königin, und ihr Gatte Philip, Herzog von Edinburgh, an ihrem Hochzeitstag am 20. November 1947 im Buckingham Palace in London.

Erst der Beginn der Pandemie führte – anders, als es geplant war – Philip im März vorigen Jahres nach Windsor zurück. Wie schon die Anwesenheit Elizabeths bei der Zeremonie für den Lord Chamberlain am Dienstag zeigte, deutet jedenfalls nichts darauf hin, dass sich Königin Elizabeth II. nach Philips Tod nun zurückziehen oder gar den Thron räumen will in nächster Zeit.

Die Queen, die am kommenden Mittwoch 95 Jahre alt wird, hat keinerlei Bedürfnis, in ein royales Altersheim umzuziehen. Elizabeth war immer der festen Überzeugung, dass sie mit der Übernahme der Krone vor Gott und den Menschen einen unverbrüchlichen, einen lebenslangen Pakt eingegangen sei.

«Vor euch allen erkläre ich, dass ich mein ganzes Leben, ob es kurz oder lang sein wird, dem Dienst an euch allen widmen werde – und dem Dienst an unserer grossen imperialen Familie, zu der wir alle gehören», gelobte sie, schon fünf Jahre bevor sie Königin wurde, damals noch Prinzessin und gerade 21 Jahre alt.

Theoretisch wäre es möglich, dass die Queen bei schwindender Gesundheit Charles offiziell zum «Regenten» einsetzen würde.

Mochte sich auch der imperiale Anspruch nach ihrer Thronbesteigung rasch verflüchtigen: An ihrem Schwur hat sich nichts geändert. 1992, 40 Jahre nach Antreten der Thronfolge, bekräftigte sie noch einmal: «Der Job ist auf Lebenszeit.» Unterstützt von Familienmitgliedern und von einem kleinen Kreis enger Helfer und Helferinnen umgeben, hofft die Königin offenbar, dies Versprechen erfüllen zu können.

Eine Gruppe altvertrauter Mitarbeiterinnen, denen sie freundschaftlich verbunden ist, steht ihr mit Rat und Tat zur Seite dabei. Zu diesem Kreis gehören ihre Chefankleiderin und persönliche Assistentin Angela Kelly, die als «Torwächterin» zum «inneren Sanktum» der Paläste gilt, sowie ihre langjährige Zofe Lady Susan Hussay, die bei den Windsors den Spitznamen «Klassensprecherin Nummer eins» trägt und Patin von Prinz William ist.

Auch ihre sehr diskrete Schwiegertochter Sophie, Prinz Edwards Gattin, die Herzogin von Wessex, scheint sich über die Jahre hinweg zu einer speziellen Vertrauten entwickelt zu haben. Und mit ihrem Oberstallmeister Terry Pendry reitet die Queen gelegentlich immer noch aus. Viel Vertrauen setzt sie auch, wie man hört, in ihren Pagen Paul Whybrew. Zum 74-jährigen Dekan von Windsor, David Conner, den sie zum Bleiben drängte, als er in Rente gehen wollte, hält Elizabeth ebenfalls engen Kontakt.

Die royale Familie im Jahr 2007: Königin Elizabeth II. und Prinz Philip mit ihren Kindern Charles, Andrew, Anne und Edward (von links nach rechts).

Alle vier Kinder der Queen – Charles, Anne, Andrew und Edward – suchen ihr, auf je eigene Weise, Unterstützung zu geben und sie auf offiziellen Terminen zu begleiten. Sehr unglücklich ist sie darüber, dass ausgerechnet ihr Liebling Andrew sich in gefährliche Sexskandale verwickelt hat und nicht mehr vorzeigbar ist, nicht mehr im «aktiven» Dienst der Krone steht. Auch der Ausstieg ihres Enkels Harry aus der Familie im Vorjahr – ein recht zorniger Abgang – hat sie sehr «betrübt» nach eigenen Worten. (Lesen Sie zum Thema den Artikel «Verzweifelter Appell an Harry, den «Bruch zu heilen».)

Es hat die königliche Familie, just da ihr Kern zu schrumpfen beginnt, eines populären Akteurs beraubt. Prinz Charles, der Thronfolger, und William, Harrys älterer Bruder, finden sich derweil immer mehr eingespannt in die royalen Pflichten. Schon in den letzten Jahren haben sie zahllose Auftritte absolviert und Auslandsreisen übernommen. Sechs Jahre ist die letzte Auslandsreise der Queen, nach Malta, immerhin her.

Vielleicht wird Elizabeth künftig mehr Zeit in Schottland, auf Schloss Balmoral, verbringen, wo sie sich immer besonders wohl gefühlt hat.

Charles vor allem rückt zunehmend in die Rolle vor, die er eines Tages ganz ausfüllen soll in Grossbritannien. Auch wenn die Queen bislang peinlich darauf achtet, ihre verfassungsmässigen «Topaufgaben» – wie die jährliche Eröffnung des Parlaments, die Unterzeichnung von Gesetzen oder das wöchentliche Gespräch mit dem Premierminister – höchstselbst zu übernehmen, solange es nur geht.

Theoretisch wäre es natürlich möglich, dass sie bei schwindender Gesundheit Charles offiziell zum «Regenten» einsetzen würde. Eine gesetzliche Grundlage dafür gäbe es, auch wenn das letzte «Regententum», das von George IV., inzwischen schon mehr als 200 Jahre zurückliegt.

70-Jahr-Amtsjubiläum 2022

Sollte es dazu je kommen oder am Ende doch noch ein Thronverzicht notwendig werden, wäre das jedenfalls etwas, was von der Queen, Prinz Charles und dem jeweiligen Regierungschef unter sechs Augen zu besprechen wäre. Im Moment denkt Elizabeth II. an so etwas offenbar nicht.

Vielleicht wird Elizabeth künftig mehr Zeit in Schottland, auf Schloss Balmoral, verbringen, wo sie sich immer besonders wohl gefühlt hat. Dass sie, wie Queen Victoria nach dem Tod Alberts, längerfristig von der Bühne in London verschwinden würde, glaubt aber niemand. Ihr 70-Jahr-Amtsjubiläum 2022 soll ein weiteres Jahr pflichtbewusster Präsenz markieren in ihrem Königreich.

Kontrolliert und pflichtbewusst: Königin Elizabeth II. vor einem Auftritt im UNO-Hauptquartier in New York im Jahr 2010.

Korrektur 15.4.2021, 16.15 Uhr: In einer früheren Version dieses Artikels wurde der Lord Chancellor anstelle des Lord Chamberlain erwähnt.