Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Bidens Rede vor der UNO
«Wir wollen bei der Bekämpfung von Covid und Klimawandel führen»

Joe Biden bei seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

US-Präsident Joe Biden hat am Dienstag in New York zum Auftakt der 76. Vollversammlung der Vereinten Nationen betont, dass die Menschheit vor einem entscheidenden Jahrzehnt stehe. Als grösste Bedrohungen machte der Präsident die Pandemie und den Klimawandel aus. Nur gemeinsam seien diese Herausforderungen zu bewältigen.

Es war Biden offensichtlich wichtig hervorzuheben, dass die USA sich wieder vermehrt der Welt zuwenden wollen. «Wir sitzen wieder mit am Tisch», sagte Biden, und er wollte das besonders in Bezug auf die Vereinten Nationen verstanden wissen. Sein Vorgänger Donald Trump hatte der Organisation vor allem Geringschätzung entgegengebracht. Dieses Gefühl beruhte zum Teil auf Gegenseitigkeit: 2018 war Trump bei seiner Rede vor den versammelten Staats- und Regierungschefs ausgelacht worden.

«Zeit der unablässigen Diplomatie»

Bidens Rede war vor allem deshalb mit Spannung erwartet worden, weil es eben die erste Rede nach Donald Trump war. Die Delegierten hatten sich ein klares Bekenntnis zur internationalen Zusammenarbeit erhofft – und Biden erfüllte diese Hoffnung. Er verwies darauf, dass die USA sich international wieder deutlich stärker einbrächten und dass sie dieses Engagement noch ausbauen wollen. «Wir wollen bei der Bekämpfung von Covid und Klimawandel führen», sagte Präsident Biden, «aber wir wollen das nicht allein tun. Wir wollen das in Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten tun.»

Auf das chaotische Ende des Kriegs in Afghanistan ging Biden nur kurz ein. Er sagte, dass die «Zeit der unablässigen Kriege» vorbei sei und stattdessen nun eine «Zeit der unablässigen Diplomatie» anbreche. Militärische Einsätze dürften künftig nur das letzte Mittel der Wahl sein, und dann auch nur, wenn die jeweilige Mission klar umrissen und machbar sei. Wenn irgend möglich, sagte Biden, werde man sich mit den Partnern abstimmen. Das liess sich durchaus als Eingeständnis verstehen, dass die USA dies insbesondere beim Abzug aus Afghanistan nicht getan hatten.

Donald Trump hatte seine Rede im vergangenen Jahr genutzt, um eine Tirade gegen China zu halten.

China erwähnte Biden nicht namentlich, er widmete dem Land jedoch eine wichtige Passage seiner Rede. Er sprach davon, dass kein Land sich im Wettstreit der Nationen einen unlauteren Vorteil verschaffen dürfe, zum Beispiel durch Diebstahl geistigen Eigentums. Alle grossen Nationen trügen eine grosse Verantwortung dafür, dass der Wettstreit nicht in einem Konflikt ende. Diese Passage kulminierte in den Worten: «Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg. Wir wollen keine Welt, die in Blöcke aufgeteilt ist.»

Damit war unzweifelhaft China gemeint. Dass Biden das Land nicht direkt nannte, war ein weiterer grosser Unterschied zum letzten Auftritt seines Vorgängers. Trump hatte seine Rede im vergangenen Jahr genutzt, um eine Tirade gegen China zu halten. Er warf dem Land vor, die Alleinschuld an der Ausbreitung des Virus zu tragen, ausserdem vergifte es die Meere mit Quecksilber und Plastik. Das Wort «China» sagte Trump dabei unzählige Male, und jedes Mal sprach er es so aus, als spucke er einen Kaugummi auf den Boden. Im Vergleich liess sich Bidens Rede tatsächlich als Beginn einer neuen, einer unablässigen Diplomatie lesen.

Biden war bereits an Montagabend nach New York gereist und hatte sich mit UNO-Generalsekretär Antonio Guterres getroffen. Es war die erste Zusammenkunft der beiden, und Biden setzte gleich den Ton, indem er sich bei Guterres dafür bedankte, dass dieser sich Zeit für ihn genommen habe. US-Präsidenten bedanken sich gemeinhin nicht dafür, dass sich andere Politiker Zeit für sie nehmen, aber es ging Biden darum zu signalisieren, dass nun eine neue Zeit in den Beziehungen zwischen der UNO und den USA anbreche. Die «starke Partnerschaft» der beiden beruhe auf «gemeinsamen Werten und Prinzipien». Biden sagte, er habe sich vor seinem Besuch bei der Vollversammlung sogar Zeit genommen, noch einmal die UNO-Charta zu lesen. Es sei eine grosse Ehre für ihn, bei dieser Versammlung auftreten zu dürfen.

Ohne jede Absprache

Deutlicher konnte der rhetorische Unterschied zu seinem Vorgänger kaum sein, doch inwieweit es Worte sind, denen auch Taten folgen, ist eine Frage, die sich zuletzt viele Beobachter stellten. Dass die USA beim Abzug aus Afghanistan im Wesentlichen allein handelten, haben die Partner in der Nato nicht eben erfreut zur Kenntnis genommen.

In der EU ist man zudem noch immer darüber verwundert, dass die Vereinigten Staaten ohne jede Absprache ein Abkommen mit Australien und dem Vereinigten Königreich über eine Kooperation im Südpazifik schlossen und dabei Frankreich düpierten. Aus Frankreich verlautete, das sei exakt die Art von Aussenpolitik, die man von Trump erwartet habe.

Tatsächlich unterscheidet sich zwar Bidens Rhetorik deutlich von jener Trumps, über seine Aussenpolitik lässt sich das bisher jedoch nicht sagen. «Sie und ich, wir können jetzt die Zukunft gestalten», rief Biden den Delegierten zu. Dass er damit eine gemeinsame Zukunft meinte, schien gut anzukommen in Saal.