Klassiker FCZ – FCBWilder, schöner und unverschämt unterhaltsamer Fussball
Der FC Basel feiert in der 94. Minute einen vermeintlichen 4:2-Sieg beim FC Zürich – aber nach 95 Minuten steht es 3:3.
Es ist Vorsicht geboten mit Wörtern wie Irrsinn oder Wahnwitz. Aber wie anders soll man diese letzten Sekunden an diesem Samstag im Letzigrund beschreiben? Da steht in der 94. Minute der versammelte FC Basel samt Goalie vor seinen Fans, lässt sich für einen 4:2-Sieg gegen den FC Zürich feiern und hat sieben Punkte Vorsprung auf die Young Boys.
Und ein paar Sekunden später steht der FC Zürich in der 95. Minute samt Goalie und Trainer vor seiner Südkurve, lässt sich für ein 3:3 feiern und liegt einen Punkt vor den Young Boys.
So schnell ist das gegangen, dass sich auf der Tribüne Menschen ungläubig anstarren und fragen: Was zur Hölle ist da genau passiert? Und warum? Es ist das Ende einer Partie, die langsam beginnt – und dann in Hälfte zwei so schnell immer weiter Fahrt aufnimmt, dass es irgendwie zu gar nichts anderem kommen kann als zu so einem Ende.
Halbzeit eins ist das Spiel zweier Teams, denen anzusehen ist, dass sie zuletzt im Cup gegen Unterklassige ausgeschieden sind. Einziger Höhepunkt, dafür ein echter, ist Arthur Cabrals Führung für Basel aus rund 30 Metern.
Halbzeit zwei ist dann der Kampf zweier Teams, die sich in der Garderobe daran erinnert haben, dass das ein Klassiker ist. Und erst noch einer, in dem sich der Erste und der Dritte der Super League messen. Die Zürcher kommen in der 47. Sekunde durch Nikola Boranijasevic zurück zum 1:1. Und werfen den Erfolg nur 87 Sekunden später wieder weg, als Dan Ndoye erneut zur Basler Führung trifft.
Aber da beginnt das Spiel erst so richtig. Assan Ceesay zwingt Fabian Frei mit seiner scharfen Hereingabe prakisch zum 2:2 (53. Minute). Die rechte Zürcher Abwehrseite offeriert dafür im Gegenzug dem FCB und Liam Millar das 3:2.
21 Tore hat der FCZ da in den letzten acht Spielen erhalten. Es ist eigentlich viel zu viel, um ein echtes Spitzenteam zu sein. Hätte die Mannschaft von André Breitenreiter nicht zugleich auch unglaubliche Nehmerqualitäten.
Eines jedenfalls ist der FCZ in dieser Saison nie: langweilig. «Wir spielen einen Fussball, der für die Fans und den Schweizer Fussball sehr interessant ist», sagt Blerim Dzemaili danach mit einem Lächeln im Gesicht. Natürlich würde auch der FCZ-Leader lieber weniger Gegentore erhalten. Aber es ist ihm anzusehen, wie viel Spass auch er an diesem Spektakel hat, das der Abend bietet.
Und das grossartige Ende kommt ja erst noch. Breitenreiter wirft Stürmer um Stürmer aufs Feld. Bei Standards ist auch Goalie Yanick Brecher im Basler Strafraum, hinten öffnen sich die Räume so sehr, dass das vierte Basler Tor eigentlich fallen müsste. Das tut es dann vermeintlich auch in der 94. Minute. Jordi Quintilla würgt den Ball über die Linie, zeigt mit dem Zeigefinger am Hals an, dass das Spiel damit tot sei. Ekstase in und vor der Basler Kurve.
Ob die Young Boys nach diesem 3:3 lächeln?
Dann die überraschende Wendung. Schiedsrichter Lukas Fähndrich zeigt Offside an. Elf Zürcher auf dem Feld glauben, gegen null Basler ein einfaches Tor erzielen zu können, werden aber auch gestoppt. Draussen geht dem Basler Fabian Frei durch den Kopf, «dass es gut möglich ist, dass jetzt noch ein Tor fällt». Er sagt dann noch: «Wenn alle glücklich sind, dann ist das ja auch okay.» Aber um 22.50 Uhr hat er seine Meinung geändert. «Es war kein Offside, das kann man auch schreiben», ruft er durch den Letzigrund. Trotzdem hätte der Treffer der Basler nicht gezählt, da beim Torschuss dann Stocker vor FCZ-Goalie Brecher im Offside stand.
So kann Ceesay in der 95. Minute mit dem Kopf das 3:3 erzielen. Darum ist der FCB nicht mit sieben Punkten Vorsprung Leader, sondern nur mit vier. Und vielleicht haben die Young Boys auf der Heimreise von ihrer Niederlage in St. Gallen dank den letzten, verrückten Sekunden im Letzigrund sogar ein klein wenig das Lächeln zurück gewonnen.
Dieser fantastische Klassiker ist auch das erste Spiel im Letzigrund seit dem Gewaltausbruch im Zürcher Derby sieben Tage zuvor. Aber das ist an diesem Abend kein Thema. Keine Spruchbänder, keine Erklärungen.
Nur Fussball. Wilder, schöner und unverschämt unterhaltsamer Fussball.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.