Julian Assange zurück in AustralienEmotionales Wiedersehen am Flughafen
Nach 14 Jahren juristischer Odyssee ist der Wikileaks-Gründer als freier Mann in seine Heimat zurückgekehrt. Vor die Kameras treten will Assange vorerst nicht. Er brauche Zeit und müsse sich erholen, sagt seine Frau.
Was ist passiert?
Julian Assange ist nach Angaben einer US-Richterin ein «freier Mann»: Nach einem jahrelangen juristischen Drama und einem Schuldeingeständnis hat sich der Wikileaks-Gründer auf den Weg in seine Heimat Australien gemacht. Er landete am Mittwochmittag in der Hauptstadt Canberra. Im Rahmen einer Vereinbarung mit der US-Justiz bekannte sich der 52-Jährige noch am Morgen vor einem US-Gericht im Territorium Nördliche Marianen im Pazifik in einem Fall der Verschwörung zur Beschaffung und Weitergabe von Informationen zur nationalen Verteidigung schuldig – und konnte den Gerichtssaal nach Angaben der Richterin «als freier Mann verlassen». Assanges Anwältin sprach von einem «historischen Tag».
Nach der Landung in seiner australischen Heimat hat es für Assange ein emotionales Wiedersehen mit seiner Familie gegeben. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie der 52-Jährige kurz nach dem Ausstieg aus der Maschine seine Ehefrau Stella in den Arm nahm – zum ersten Mal in Freiheit. Assange küsste seine Frau mehrmals innig. Gleich darauf konnte Assange auch seinen Vater John Shipton umarmen.
Zahlreiche Augenzeugen jubelten, als Assange die Chartermaschine verliess. Es waren «Willkommen zu Hause»-Rufe zu hören. Der Australier winkte den Menschen zu und reckte mehrmals eine Siegerfaust in den Himmel. Es wird erwartet, dass er sich noch am Abend öffentlich äussern wird. Zuletzt war Assange fünf Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis in London in Haft.
Worin bestand der Deal?
Assange war in den USA wegen der Veröffentlichung von rund 700’000 vertraulichen US-Dokumenten ab dem Jahr 2010 auf seiner Enthüllungsplattform Wikileaks angeklagt. Ihm drohte eine Haftstrafe von bis zu 175 Jahren.
Die dann in den vergangenen Monaten ausgehandelte Vereinbarung zwischen Assange und den US-Strafverfolgern bestand aus zwei Kernpunkten: Der 52-Jährige bekennt sich schuldig und wird im Gegenzug zu einer Haftstrafe von nur fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt – die er mit seiner Zeit in britischer Haft bereits verbüsst hat.
Der Deal wurde bei einem Gerichtstermin am Mittwoch im US-Aussenterritorium Nördliche Marianen im Pazifik unter Dach und Fach gebracht. Assange bekannte sich dort einer Verschwörung zur Weitergabe von Informationen zur nationalen Verteidigung schuldig, und wurde mit seiner Verurteilung von der Richterin zugleich zum «freien Mann» erklärt. Wenige Stunden später traf Assange in seinem Heimatland Australien ein.
Was sagte die Richterin?
Richterin Ramona Manglona hatte in dem US-Aussengebiet im Westpazifik am Mittwoch den Deal mit der US-Justiz abgesegnet: «Mit dieser Erklärung werden Sie diesen Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Ich hoffe, dass ein wenig Frieden wiederhergestellt wird», betonte Manglona mit Blick auf die zahlreichen angereisten Journalisten.
«Es sieht so aus, als würde dieser Fall mit mir hier in Saipan enden», zitierten britische Medien die Richterin. Es handele sich offenbar um ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk für Assange: «Ich habe gehört, dass Sie nächste Woche Geburtstag haben. Ich hoffe, Sie beginnen Ihr neues Leben auf positive Weise.» Der Australier wird am kommenden Mittwoch (3. Juli) 53 Jahre alt.
Was sagen Assanges Anwälte?
Assanges Anwälte haben von einem «historischen Tag» gesprochen. «Ich hoffe, dass die Tatsache, dass es uns heute gelungen ist, Julian Assange trotz aller Widrigkeiten und gegen eine der mächtigsten Regierungen der Welt freizubekommen, allen weltweit inhaftierten Journalisten und Verlegern Hoffnung gibt», sagte die australische Menschenrechtsanwältin Jennifer Robinson am Mittwoch vor dem Gericht auf der Marianen-Insel Saipan, einem US-Aussengebiet im Westpazifik.
Robinson dankte vor allem dem australischen Premierminister Anthony Albanese für dessen unermüdlichen Einsatz für Assange, der zuletzt fünf Jahre in London in Haft sass. Der Regierungschef habe sich immer wieder auf höchster Ebene für eine Lösung in dem juristischen Tauziehen um den Australier starkgemacht, dem die USA wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen wollten. Der 52-Jährige soll Wikileaks-Angaben zufolge bereits in Kürze in Richtung Heimat abfliegen und voraussichtlich am Abend (Ortszeit) in der Hauptstadt Canberra landen.
«Es ist angemessen, dass die Richterin, wie sie es heute getan hat, feststellt, dass eine weitere Inhaftierung von Herrn Assange weder fair noch angemessen wäre und es Zeit für ihn ist, wieder mit seiner Familie vereint zu werden», erklärte sein Anwalt Barry Pollack. Assange habe in seinem Kampf für freie Meinungsäusserung und Pressefreiheit enorm gelitten.
AFP/roy
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