Forscher rätselnWieso marschieren 15 Elefanten quer durch China?
Eine Elefantenherde ist bereits 500 Kilometer durch das Land gewandert und hat schon grosse Schäden angerichtet. Das staatliche Fernsehen folgt ihr nun auf Schritt und Tritt.
Eine Herde von Wildelefanten hält zurzeit Südchina auf Trab. 15 der Rüsseltiere marschieren seit mehr als einem Jahr durch die Provinz Yunnan – und haben bereits rund 500 Kilometer zurückgelegt. Die Route führt sie dabei unbeirrt durch Dörfer, Waldgebiete, Städte und über Autobahnen. Nun befindet sich die Herde kurz vor der Millionenmetropole Kunming.
Experten zufolge handelt es sich hierbei um die längste gemessene Wanderung von Elefanten, die je in China registriert wurde. Was die Tiere zu dieser Wanderschaft bewegt hat, ist für Forscher jedoch laut «New York Times» ein Rätsel. Sind sie auf Futtersuche? Haben sie sich verlaufen? Oder ist die Herde einfach nur abenteuerlustig?
Sicher ist: Die Elefantenherde lässt eine Spur der Zerstörung zurück. Der angerichtete Schaden soll sich bereits auf rund eine Million Franken belaufen. So sollen die Tiere unter anderem Scheunen und Maisfelder zertrampelt haben. Nachdem sie vergorenes Getreide gegessen hatten, soll Berichten zufolge einer der Elefanten betrunken gewesen sein. Bei einem chinesischen Autohändler sollen die Elefanten zwei Tonnen Wasser getrunken haben. Die Herde hat zudem LKW-Ladungen voll mit Mais und Ananas verschlungen, mit denen Regierungsbeamte die Elefanten in weniger besiedelte Gebiete umzuleiten versuchten.
Ausnahmezustand belustigt Internet
Nachdem letzte Woche in den sozialen Medien Aufnahmen der Herde auftauchten, wurden die Elefanten im Internet ein Hit. Das staatliche Fernsehen verfolgt bereits seit Tagen jeden ihrer Schritte. Bis Mittwoch wurde der Hashtag #WhyElephantsTrekkingNorth (auf Deutsch: Wieso wandern die Elefanten nach Norden) auf dem chinesischen Microblogging-Dienst Weibo mehr als 16 Millionen Mal aufgerufen.
Doch während die Öffentlichkeit sich über die wandernden Elefanten amüsiert, hat die Regierung die Bevölkerung angewiesen, sich von den Tieren fernzuhalten. Die Herde hat bisher zwar noch keine Menschen verletzt – in den vergangenen zehn Jahren gab es aber mehr als 50 Unfälle mit Asiatischen Elefanten, wie die staatlichen Medien berichten.
Die Herde, die ursprünglich aus 16 Elefanten bestand, hatte im April letzten Jahres ihre Heimat – ein Naturschutzgebiet an der südwestlichen Grenze Chinas – verlassen. Da es für Elefanten jedoch durchaus normal ist, dass sie sich auf der Suche nach Nahrung fortbewegen, fiel die Truppe zuerst nicht gross auf.
Vor rund zwei Monaten wurden die Elefanten schliesslich etwa 370 Kilometer nördlich des Naturschutzgebietes gesichtet. Die Herde bestand mittlerweile noch aus 15 Elefanten, da zu diesem Zeitpunkt einige Elefanten wieder umgekehrt, aber auch Elefantenkälber dazugekommen waren. Erst dann bemerkten Forscher und Regierungsbeamte, wie weit die Herde in kürzester Zeit gewandert war.
Grund für Elefantenmarsch unklar
Über die Frage, wieso die geschützten Elefanten ihre Heimat für so lange Zeit verlassen haben, zerbrechen sich auch Forscher den Kopf. Laut Experten könnte der wachsenden chinesischen Elefantenpopulation aufgrund der Abholzung der Wälder der Lebensraum zu klein geworden sein. Wohnten in China 1980 nur etwa 170 wilde Elefanten, gibt es mittlerweile etwa 300 davon, hauptsächlich im Süden der Provinz Yunnan. Laut «Global Times» ist gleichzeitig aber die Fläche des Lebensraums von 2084 Quadratkilometer im Jahr 1976 auf weniger als 500 Quadratkilometer in den letzten Jahren zurückgegangen.
«Die traditionellen Pufferzonen zwischen Menschen und Elefanten verschwinden allmählich, und die Wahrscheinlichkeit, dass Elefanten auf natürliche Weise auf Menschen treffen, nimmt stark zu», sagte Zhang Li, Professor für Säugetierschutz an der Beijing Normal University gegenüber «Global Times».
Die zunehmende Nähe der Elefanten zum Menschen könnte die Tiere laut Ahimsa Campos-Arceiz, leitender Forscher am «Xishuangbanna Tropical Botanical Garden», tatsächlich zu dieser Reise ermutigt haben. Die schlauen Elefanten hätten zudem mittlerweile sicherlich gemerkt, dass Felder in besiedelten Gebieten weitaus mehr Nahrung als die Wälder in Naturschutzgebieten hergeben, sagte er der «New York Times». Der Elefantenforscher hat jedoch auch keine Erklärung dafür, weshalb die Elefanten so weit marschieren und weshalb sie sich nicht niederlassen.
Chinesische Beamte haben mittlerweile einen «präventiven Plan für Elefanten-Unfälle» erstellt. Sie verfolgen die Reise der Elefanten mit zwölf Drohnen und haben Hunderte von Arbeitern entsandt, um Anwohner zu evakuieren, Notbarrieren zu errichten und tonnenweise Futter bereitzustellen. Einen langfristigen Plan für die wandernden Elefanten gibt es aber nicht.
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