Vierte Impfung gegen OmikronWieso Israel auf den Booster-Booster setzt
Mit einer vierten Spritze will Israel Omikron in den Griff kriegen. Wird die Strategie aufgehen?
Israel will Pionier bleiben im Kampf gegen die Corona-Pandemie: Als erstes Land der Welt setzt man dort nun auf eine vierte Impfung, um der Ausbreitung der Omikron-Variante Einhalt zu gebieten. Erhalten sollen die vierte Dosis zunächst alle Bürger über 60 Jahre sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen und weitere Risikogruppen. Eine entsprechende Empfehlung, die ein Expertengremium des Gesundheitsministeriums am Dienstagabend abgab, wurde von der Regierung freudig begrüsst. «Das ist eine grossartige Neuigkeit», sagte Premierminister Naftali Bennett und versprach, die neue Impfkampagne solle sogleich beginnen.
Seinen Ruf als «Impf-Weltmeister» hatte Israel schon Ende 2020 mit seiner ersten schnellen Impfkampagne begründet. Als anderswo auf der Welt noch die Vakzine knapp waren, hatte sich das Land in einem Exklusivabkommen mit Pfizer genügend Impfstoff gesichert. Grundlage war ein Deal, bei dem Israel die gewonnenen Impfdaten dem Pharmaunternehmen zur Verfügung stellte. Im Juli 2021 begann Israel dann als erstes Land weltweit mit Booster-Impfungen. Für einen Teil der Bevölkerung soll nun frühestens vier Monate nach der dritten Dosis der Booster für den Booster kommen.
«Müssen der Öffentlichkeit die Wahrheit sagen»
Unumstritten ist die vierte Impfung in Israel nicht. Vorangetrieben worden war die Diskussion stets von Premier Bennett. Doch noch in der vorigen Woche hatten Expertinnen und Experten des Gesundheitsministeriums von einer generellen vierten Impfung abgeraten. Nun schuf die Angst vor Omikron offenbar eine neue Dringlichkeit. Aus einer Sitzung des sogenannten Corona-Kabinetts wird der für öffentliche Sicherheit zuständige Minister Omer Barlev mit der Aussage zitiert: «Wir müssen der Öffentlichkeit die Wahrheit sagen. Ich höre von Experten, dass auch eine dritte Dosis keinen Schutz gegen Omikron bietet.»
Bei rund 200 Israelis ist bereits eine Infektion mit der Omikron-Variante nachgewiesen worden. Dazu kommen mehrere Hundert Verdachtsfälle. Israel hat die vierte Corona-Welle bereits hinter sich. Zuletzt sind die Infektionszahlen jedoch wieder angestiegen. Nur rund 59 Prozent der 9,4 Millionen Israelis gelten noch als vollständig geimpft. Dies sind zweifach Geimpfte bis zu 6 Monate nach der Zweitimpfung und Menschen mit Booster-Impfung. 32 Prozent der Bevölkerung sind gar nicht geimpft, bei 9 Prozent ist die Gültigkeit der Impfung schon abgelaufen.
Beginnen kann die neue Impfkampagne unmittelbar nach der noch ausstehenden Genehmigung durch den Direktor des Gesundheitsministeriums, das gilt als Formsache. Premier Bennett rief bereits alle infrage kommenden Bürgerinnen und Bürger auf, die vierte Impfung in Anspruch zu nehmen. Im Sheba Medical Center nahe Tel Aviv läuft gemäss Berichten bereits eine erste Studie zur Wirksamkeit.
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Dabei ist wichtig, zu verstehen, dass die vierte Impfung insbesondere die Antikörper-Antwort von Menschen auffrischen soll, um so die Ausbreitung des Virus einzubremsen. «Wir haben mit Omikron eine ganz neue Situation: Mit der dritten – und mit Blick auf Israel auch mit der vierten – Impfung geht es vor allem darum, die Infektion zu verhindern», sagt die deutsche Immunologin Christine Falk.
Omikron kann Antikörper-Barriere austricksen
Im Unterschied zum systemischen Teil des Immunsystems, der mit seinen T-Zellen auch Monate nach einer Impfung Menschen noch gut vor einer schweren Erkrankung mit Sars-CoV-2 schützt, lässt die Schlagkraft von Antikörpern in der Nasen- und Mundschleimhaut nach einigen Wochen wieder nach. Damit ist eine Neuinfektion mit dem Virus möglich, wenngleich die Gefahr für einen schweren Verlauf viel geringer ist als ohne Impfung.
Sogenannte Neutralisationsstudien konnten zeigen, wie Omikron es gelingt, diese Antikörper-Barriere in den oberen Atemwegen von Menschen auszutricksen und sie trotz doppelter Impfung zu infizieren – und sich damit auch weiterzuverbreiten. Mit dem Ziel, die Ausbreitung von Omikron abzubremsen, ist ein erneut aufgefrischter Antikörperschutz in der Bevölkerung durchaus sinnvoll – «übrigens egal, welcher mRNA-Impfstoff und welche Kombination davor verimpft wurde», sagt Falk.
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