Wahlen in El Salvador Wieso die Bevölkerung den «kleinen Trump» liebt
Im Ausland kritisiert, zu Hause verehrt: El Salvadors Präsident Nayib Bukele inszeniert sich wie ein Influencer, lässt aber auch die Armee im Parlament aufmarschieren.
In El Salvador nennen sie ihn «Trumpito», den kleinen Trump. Und tatsächlich sind die Ähnlichkeiten zwischen dem amerikanischen Ex-Präsidenten und dem Regierungsoberhaupt von El Salvador überraschend gross: Wie Trump verkündet Bukele wichtige politische Entscheide gerne auf Twitter, verspricht einfache Lösungen für komplexe Probleme und ist hitzköpfig.
Im Umgang mit politischen Gegnern wirkt Bukele aber fast schon wie eine verschärfte Version Trumps. Als das Parlament im vergangenen Jahr einen 109-Millionen-Dollar-Kredit für die innere Sicherheit zurückweisen wollte, stürmte der Staatschef mit schwer bewaffneten Soldaten und Sicherheitskräften in Zivil die laufende Parlamentssitzung. «Jetzt ist ganz klar, wer die Kontrolle über die Lage hat», verkündete er und beendete seinen Auftritt mit einem Gebet.
Menschenrechtsorganisationen und Kritiker im Ausland sehen in Bukele einen gefährlichen Autokraten, der die demokratischen Institutionen nicht respektiert. In El Salvador hingegen ist der 39-Jährige ein Hoffnungsträger. Er hat Popularitätswerte von bis zu 90 Prozent, höher als jeder andere Staatschef in Lateinamerika.
«Der schönste und coolste Präsident»
Nayib Bukele entstammt einer vermögenden palästinensischen Unternehmerfamilie. Sein Auftreten ist betont jovial, auf seinem Twitter-Profil bezeichnete er sich einmal als «der schönste und coolste Präsident der Welt». Er trägt gerne Sonnenbrille, Lederjacke und eine umgekehrte Baseball-Cap.
Wer ihm auf Twitter, Instagram, Facebook oder Tiktok folgt, könnte den Eindruck gewinnen, Bukele sei ein Fussballprofi oder ein TV-Star und nicht ein Politiker. Er postet Videos, wie er von seinen Fans gefeiert wird, wie der Samichlaus zu Hause zu Besuch kommt oder verkündet die Schwangerschaft seiner Frau mit einer Ultraschallaufnahme. In einem Land, in dem die Hälfte der Bevölkerung unter 28 Jahre alt ist, kommt das gut an.
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Bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag ist Bukeles Partei Nuevas Ideas (Neue Ideen) durchmarschiert. Der Regierungspartei reicht es für eine Zweidrittelsmehrheit, womit Bukele kaum noch Opposition aus dem Parlament befürchten müsste. Kurz vor Wahlschluss sprach Bukele nach trumpschem Vorbild von möglichem Betrug, obwohl es dafür keine Belege gab. Auch forderte er die Menschen dazu auf, abzustimmen, dabei wäre dies gemäss dem Wahlgesetz verboten.
Bukele kann allerdings auch klare politische Erfolge vorweisen. Populär ist er vor allem, weil er Härte demonstriert gegenüber den Jugendbanden, die El Salvador in den vergangenen Jahren terrorisiert haben. Im vergangenen Jahr zeigte der Präsident stolz Fotos auf Twitter, wie Hunderte Gefangene eingepfercht am Boden knien. Auch gegen die Kriminalität auf den Strassen geht Bukele hart vor. Die Armee hat dabei auch die Erlaubnis zu töten, wenn dies als notwendig erachtet wird.
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Tatsächlich ging die Mordrate in El Salvador 2020 deutlich zurück. Waren es 2019 36 Morde pro 100’000 Einwohner, vermeldete Infosegura, eine Seite, die von der amerikanischen Entwicklungshilfe geführt wird, noch 20 Morde pro 100’000 Einwohner. Für Bukele sind diese Zahlen ein Beweis, dass seine Law-and-Order-Politik wirkt.
Heimlicher Pakt mit Drogenbanden?
Das Onlineportal «El Faro» (Der Leuchtturm) hingegen schreibt, Bukele habe einen heimlichen Pakt mit den kriminellen Banden geschlossen. Das Portal veröffentlichte Dokumente, denen zufolge Mitarbeiter des Präsidenten Verhandlungen mit Bandenchefs geführt haben. Die Regierung soll ihnen vorzeitige Haftentlassungen versprochen haben, im Gegenzug sollen sie dafür sorgen, dass die Gangs weniger morden und gleichzeitig die Regierungspartei unterstützen.
Der Präsident hat diese Enthüllungen bestritten. Auch weisen Kritiker darauf hin, dass die Kriminalität schon seit 2015 abnimmt, also weit vor dem Amtsantritt Bukeles. Zudem seien die Statistiken schöngefärbt, gewisse Delikte würden unterschlagen. Seiner Popularität kann das alles nichts anhaben.
Zuletzt hat Bukele mit seiner Corona-Politik Punkte gesammelt. Er liess in der Hauptstadt San Salvador ein Spital für Covid-19-Patienten bauen und schüttete rasch Hilfszahlungen für Familien im informellen Arbeitsmarkt aus.
Bukeles Aufstieg hat das politische System El Salvadors durchgeschüttelt. Seit dem Ende des Bürgerkriegs 1992 wurde die Politik von den linken ehemaligen Guerrillas der FMLN und der Konservativen Arena-Partei dominiert. Jetzt bleiben für diese beiden Parteien weniger als zwei Dutzend von 84 Sitzen übrig.
Genug von der alten Politikerkaste
Ganz offensichtlich sind die Menschen auch von der alten Politikerkaste frustriert. Gegen drei der vier letzten Präsidenten wurde wegen Korruption ermittelt. Tony Saca, Präsident bis 2009, sitzt im Gefängnis. Mauricio Funes, Präsident bis 2014, konnte einer Gefängnisstrafe nur durch die Flucht nach Nicaragua entkommen.
Mit dem Anti-Establishment-Politiker Bukele verbinden viele Menschen Hoffnung auf einen Neuanfang. Da verzeihen sie ihm vieles, auch einen Sturm auf das eigene Parlament.
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