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Parlamentswahl in Israel
Wie sich Israels arabische Parteien selbst schwächen

Mansour Abbas, Chef der Raam-Partei und einer der führenden arabischen Politiker in Israel.
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Siegesmeldungen von arabischen Parteien in Israel sind eher selten. Doch nun hat die Balad-Partei gewonnen – vor dem Obersten Gericht. Einstimmig hoben die Richter den von der Zentralen Wahlkommission im September ausgesprochenen Ausschluss von der Parlamentswahl am 1. November auf. Die Balad-Partei, die sich als arabisch-nationalistisch definiert, darf also in drei Wochen auf Stimmenfang gehen. Doch was auf den ersten Blick wie eine Stärkung des arabischen Sektors aussieht, könnte sich als ein Sieg nach Art des Pyrrhus erweisen. Denn mit Balad treten nun insgesamt drei verschiedene arabische Listen zur Wahl an, und eine solche Zersplitterung hat bislang immer zur Schwächung geführt.

Parteien zerlegen die Vereinte Liste

Grundsätzlich könnte der arabischen Minderheit in Israel stets eine Schlüsselrolle bei den Wahlen zufallen. Schliesslich geht es um etwa eine Million Staatsbürger und damit 20 Prozent der Stimmen. Doch natürlich sind diese eine Million Menschen kein monolithischer Block. Da gibt es die arabischen Einwohner gemischter Städte wie Haifa, Akko und Jaffa. Es gibt die Bewohner aus den arabischen Städten und Dörfern im sogenannten «Dreieck» in Galiläa, dazu die Beduinen im Süden und die Drusen im Norden und auf den annektierten Golanhöhen.

Vertreten wird die arabische Minderheit von vier weltanschaulich sehr unterschiedlichen Parteien, die sich in ihren besten Zeiten zur Vereinten Liste zusammengeschlossen hatten. Als diese vier – neben Balad die säkulare Taal-, die islamistische Raam- und die kommunistische Hadasch-Partei – erstmals 2015 gemeinsam antraten, gewannen sie 13 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset, dem israelischen Parlament. Auf dem Höhepunkt des Erfolgs war die Vereinte Liste 2020 mit 15 Mandaten. Im aktuellen Parlament sind es nur zehn Sitze für die arabischen Parteien: sechs für die 2021 nur noch zu dritt angetretene Vereinte Liste, vier für Raam.

Allerdings waren diese vier Sitze der islamistischen Raam-Partei nach der letzten Wahl entscheidend für die Regierungsbildung. Denn Parteichef Mansour Abbas schrieb Geschichte, als er erstmals eine arabische Partei in eine israelische Koalitionsregierung hineinführte. Er setzt auf Teilhabe an der Macht, um die Lage der oft in einer Parallelgesellschaft lebenden arabischen Minderheit zu verbessern. Diesen Pragmatismus hat er sich abgeschaut von den beiden religiösen jüdischen Parteien Schas und Vereinigtes Thora-Judentum, die als Regierungspartner seit jeher erfolgreich Klientelpolitik für ihre ultraorthodoxe Wählerschaft betreiben.

Wie viel davon auf arabischer Seite jedoch nach der Wahl am 1. November, der fünften Parlamentswahl in nur dreieinhalb Jahren, übrig bliebt, steht in den Sternen. Denn vor dem Wahltag hat sich die Vereinte Liste noch weiter zerlegt. Sie besteht jetzt nur noch aus Hadasch und Taal. Balad tritt ebenso wie Raam allein an. Unter dem Strich bedeutet dies, dass zurzeit alle drei Listen Gefahr laufen, an der zum Einzug ins Parlament notwendigen Hürde von 3,25 Prozent der Stimmen zu scheitern.

Die Rechte und die Rassisten profitieren

Die jüngsten Umfragen sehen Balad klar unter, die Vereinte Liste und Raam knapp über dieser Hürde. Insgesamt ergibt dies jedoch nur magere acht Parlamentssitze für die arabischen Parteien. Das wären nur 6 Prozent der Mandate für 20 Prozent der Bevölkerung.

Hauptgrund dafür ist die prognostizierte geringe arabische Wahlbeteiligung – und die ist neben einer grundsätzlichen Distanz zum Staat in erster Linie auf den Ärger der Klientel über den Zank und die Zersplitterung ihrer Parteien zurückzuführen. Offenkundig hat auch die einjährige Regierungsbeteiligung von Raam nicht gereicht, um für das Wahlvolk spürbare Verbesserungen zu erzielen.

Der israelische Ex-Premierminister sprach am 31. Mai 2021 in der Knesset, dem israelischen Parlament. Er war zuletzt bis Juni 2021 Premier, nun greift er wieder nach der Macht.

Jedenfalls wollen nach derzeitigem Stand nur noch etwa 40 Prozent der arabischen Wähler am 1. November ihre Stimme abgeben. Das würde noch die bislang schlechteste Beteiligung von 45 Prozent bei der Wahl 2021 unterbieten – und ist meilenweit entfernt von jenen 60 bis 65 Prozent, die stets bei einem geschlossenen Auftreten der Vereinten Liste erreicht wurden. Bei den jüdischen Israelis wird mit einer Beteiligung von mehr als 70 Prozent gerechnet.

Profitieren könnte von einem schlechten Abschneiden der arabischen Parteien vor allem das rechte Lager um Benjamin Netanyahu. Es erhöht seine Chancen, im nächsten Parlament eine Mehrheit von mindestens 61 Sitzen zu erlangen und gemeinsam mit den beiden ultraorthodoxen Parteien und den extrem rechten Religiösen Zionisten eine Regierung zu bilden. Letztere sind offen rassistisch und haben im jüngsten Wahlkampf gefordert, alle arabischen Parteien zu verbieten.