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Rose George hat ihre Kraft verloren
Wie Long Covid die Marathonläuferin niederstreckte

Sie traut ihrem Körper nicht mehr: Rose George. 
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Sie rennt regelmässig, hat Marathons bewältigt, betreibt Yoga, stemmt Gewichte und fährt intensiv Velo. Sie ist muskulös und hat einen niedrigen Puls. «Für eine 52-Jährige in den Wechseljahren bin ich ausgesprochen gut in Form», schreibt sie im «Guardian». Das Problem an ihrer Form liegt darin, dass sie diese Sätze im Imperfekt schreiben müsste. Denn seit Anfang Januar leidet Rose George, Sportlerin, Journalistin und mehrfache Buchautorin, an Long Covid.

Vielsprachig und weit gereist

Rose George schreibt für Publikationen wie den «Guardian», die «New York Times», die «London Review of Books», die «Financial Times» und andere. Während des Kosovokriegs arbeitete sie als Kriegsreporterin vor Ort. Ihre Bücher sind ähnlich vielseitig in ihrer Themenwahl. So beschäftigte sie sich mit der Handelsschifffahrt, die sie im Gespräch mit der «Zeit» als «globalisierte, unsichtbare, weil schwer zu kontrollierende Industrie» bezeichnet. Andere Bücher von ihr thematisierten das weltweite Abfallproblem oder den Zusammenhang zwischen Geld, Medizin und Blut. Rose George hat Sprachen und Politologie studiert und spricht neben ihrer englischen Muttersprache fliessend Französisch und Italienisch.

«Ich kann mich nicht mehr auf meinen Körper verlassen.»

Rose George

Und ist jetzt ernsthaft krank geworden. Es fing an mit Halsweh, erweiterte sich zu einem grippeähnlichen Schwächegefühl und Kopfschmerzen, gegen die kein Schmerzmittel half. In den folgenden Monaten fühlte sich George weder krank noch gesund, oder besser gesagt: mal das eine und dann das andere, abrupt wechselnd. Wenn es ihr schlecht gehe, schreibt sie, fühle sie sich wie am Marathon bei Kilometer 28. Das ist für viele jener Moment auf der Strecke, bei dem sie sich dermassen ausgelaugt vorkommen und verbraucht, dass sie daran zweifeln, noch weiterrennen zu können.

Rose George fällt immer stärker auf, dass Läufer, Triathletinnen und Velofahrer weit mehr unter den Symptomen von Long Covid leiden, als ihre Verfassung es glauben macht. Einige von ihnen sässen im Rollstuhl, andere lägen im Bett, man tausche sich über Social Media aus, streng in Gruppen unterteilt («Long Covid für Ausdauerathleten»). Die Sportlerin zitiert eine Studie von «The Lancet», dem medizinwissenschaftlichen Fachmagazin. Diese kommt zum Schluss, dass manche Patientinnen und Patienten, die an Long Covid leiden, bis zu 50 verschiedene Symptome entwickeln, manche sogar noch mehr. Über neun Organe können von der Krankheit befallen sein.

Die Regierung hat das Problem entsorgt

Einerseits ist Rose George froh, die Krankheit erst jetzt bekommen zu haben, da die Wissenschaft ihre Existenz anerkennt und sich für ihre Behandlung einsetzt. Andererseits macht es sie fassungslos, dass ihre Regierung die Covid-Krankheit als nicht mehr besorgniserregend eingestuft hat. Dabei litten allein in Grossbritannien über eine Million an Covid, und zwei Drittel von ihnen hätten ernst zu nehmende Symptome entwickelt, die ihre Aktivitäten spürbar einschränkten.

Manchmal kommt sich Rose vor, als würde sie ihrer Krankheit nicht recht trauen können, weil sie sich zwischendurch besser fühlt. Aber das hält nie lange an, und der Eindruck verkehrt sich in sein Gegenteil. Dann traut sie ihrer Gesundheit nicht mehr. Das Schlimmste für sie: «Ich kann mich nicht mehr auf meinen Körper verlassen.»