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Wie es im Impeachment-Verfahren weitergeht

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Nancy Pelosi, die mächtige Sprecherin des Repräsentantenhauses und damit oberste Demokratin im Land, hat es diese Woche offiziell gemacht: Sie hat dem Justizausschuss den Auftrag gegeben, Anklagepunkte, sogenannte «Articles of Impeachment», gegen US-Präsident Trump aufzusetzen. Eine in diesem Status der Ermittlungen erwartbare, aber dennoch historische Ansage.

Die Grundlage für die Anklageschrift ist vor allem der Bericht des Geheimdienstausschusses. Der hatte in den vergangenen Wochen 17 Zeugen gehört, zwölf davon öffentlich. Und – soweit es die Trump-Regierung zulassen musste – Beweismaterial gesichtet.

Die Zeugenaussagen haben bisher alle Vermutungen bestätigt: Donald Trump hat seine Macht als Präsident der Vereinigten Staaten missbraucht, um die Ukraine zu drängen, öffentlich Ermittlungen gegen seinen innenpolitischen Rivalen Joe Biden bekanntzumachen. Vorteilsnahme im Amt, Bestechung, Amtsmissbrauch, das sind in etwa die Vorwürfe, die die Demokraten jetzt erheben. Dazu kommt noch Behinderung der Arbeit des Kongresses, weil die US-Regierung auf Trumps Anweisung nicht mit dem Repräsentantenhaus kooperiert und Vorladungen ignoriert.

Das ganze Verfahren läuft ähnlich ab wie eine polizeiliche Ermittlung mit anschliessender Anklage und Gerichtsverfahren. Für die Beweisaufnahme sind die Fachausschüsse des Repräsentantenhauses zuständig. In diesem Fall war und ist der Geheimdienstausschuss federführend. Vor allem deshalb, weil der Whistleblower, der die Ukraine-Affäre erst ins Rollen gebracht hat, aus dem Geheimdienstmilieu kommen soll.

Die zusammen fünf Ausschüsse fassen ihre Ermittlungsergebnisse in Berichten zusammen, die sie dem Justizausschuss übergeben. Das ist vergangenen Dienstag passiert. Wenn auch noch nicht unbedingt abschliessend. Adam Schiff, der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, hat sich vorbehalten, weitere Ermittlungsergebnisse nachzureichen, sollten sich welche ergeben.

Trump verweigert sich bisher der Zusammenarbeit

Der Justizausschuss übernimmt jetzt quasi die Rolle der Staatsanwaltschaft, die die juristischen Grundlagen prüft, die Beweise entsprechend einordnet und dann die Anklageschrift verfasst, die Articles of Impeachment. Dazu haben am Mittwoch vier Jura-Professoren vor dem Ausschuss ausgesagt. Drei waren von den Demokraten eingeladen. Einer von den Republikanern. Entsprechend fielen die Empfehlungen aus: Drei haben sich vehement dafür ausgesprochen, Trump anzuklagen. Der Gast der Republikaner war dagegen. Die Beweislage sei viel zu dünn.

Kommenden Montag wird es eine weitere Anhörung geben. Diesmal werden die Rechtsbeistände der in die Ermittlungen involvierten Ausschüsse die Ermittlungsergebnisse mündlich vortragen. Ausschuss-Anwälte der Demokraten und der Republikaner werden dort als Zeugen auftreten. Besonderes Augenmerk darf auf den demokratischen Anwalt Daniel Goldmann gelegt werden, der im Geheimdienstausschuss viel Zeit bekommen hat, die Zeugen zu befragen. Goldman war Ankläger in New York und da unter anderem mit grossen Mafia-Fällen befasst. Mit seinen rasiermesserscharfen Fragen und Nachfragen hat er im Ausschuss viel aus den Zeugen rausgeholt. Und wird so am Montag sehr präzise die Beweislage gegen Trump darlegen können.

An seiner Seite dürfte dann Steve Castor sitzen, der seit 2005 für die Republikaner im Kongress arbeitet. Montag ist auch deshalb ein interessanter Tag, weil dann vermutlich der Bericht des Justizministeriums über die Rolle des FBI in der Russland-Affäre veröffentlicht wird. Das FBI hatte 2016 mitten im US-Wahlkampf die Ermittlungen in der Frage aufgenommen, ob Trump oder sein Team mit Russland zusammenarbeiteten, um die Wahl 2016 zu gewinnen.

Die Republikaner hoffen nun, in dem Bericht Beweise für ihre These zu finden, es sei ein Komplott gegen sie im Gange gewesen. Der Bericht könnte auch Einfluss auf das Impeachment-Verfahren haben, weil darin möglicherweise auch Ergebnisse des Berichtes von Sonderermittler Robert Mueller einfliessen. Der hatte die Russland-Affäre ab Mai 2017 untersucht und zahlreiche Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Trump sich der Justizbehinderung schuldig gemacht haben könnte. Unter anderem, weil er Anfang Mai 2017 den damaligen FBI-Chef James Comey gefeuert hat, mutmasslich um die Russland-Ermittlungen damit zu begraben.

Was genau nach Montag geschieht, lässt sich auch deshalb nur vermuten. So viel scheint sicher: Bis Weihnachten soll das Repräsentantenhaus über die Anklage abstimmen. Um das zu erreichen, muss der Justizausschuss die Anklagepunkte zum einen verfassen. Und zum anderen mit Mehrheit ins Plenum schicken. Das müsste bis spätestens Mitte übernächster Woche passiert sein.

Unbekannt ist bislang, ob im Justizausschuss noch neue Zeugen gehört werden. Die Republikaner wollen auf jeden Fall den Whistleblower selbst hören. Und auch Adam Schiff, dem sie unfaires Verhalten vorwerfen. Beides ist von den Demokraten bereits abgewiesen worden, was diese ohne Weiteres tun können. Sie haben ja die Mehrheit im Repräsentantenhaus und damit in allen Ausschüssen. Sie bestimmen alle Verfahrensfragen.

Sollte es keine weiteren Anhörungen geben, wäre Montag auch die letzte Gelegenheit für Trump, selbst im Ausschuss zu erscheinen und Fragen zu stellen. Der Präsident hat allerdings erklärt, dies nicht zu tun. Oder zumindest Anwälte als Vertreter zu schicken. Er kann dafür entweder auf seine Anwälte im Weissen Haus zurückgreifen. Theoretisch könnte er aber auch seine persönlichen Anwälte in die Anhörung schicken. Die könnten dort den Zeugen Fragen stellen und entlastendes Material präsentieren.

Im neuen Jahr ist der Senat am Zug

Bisher haben das alle Präsidenten so gehandhabt, deren Impeachment-Verfahren es bis in den Justizausschuss geschafft hat. Trump hat sich bisher dagegen entschieden. Am Mittwoch waren seine Anwälte nicht dabei. Ob das am Montag auch so sein wird, ist noch offen. Es würde aber mit Trumps Grundentscheidung kollidieren, dass seine Regierung in keiner Weise mit dem Repräsentantenhaus in der Impeachment-Sache zusammenarbeitet.

Das könnte sich ändern, wenn im neuen Jahr das Impeachment im Senat landet. Der Senat übernimmt dann in dem Verfahren die Rolle des Gerichtes, mit den 100 Senatoren als Richter. Sie müssen am Ende darüber abstimmen, ob Trump verurteilt und damit seines Amtes enthoben wird. Dafür ist allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Um Trump zu verurteilen müssten alle Demokraten und zusätzlich 20 Republikaner dafür stimmen. Bisher hat kein einziger republikanischer Senator erkennen lassen, dass er gewillt sein könnte, mit den Demokraten zu stimmen.

Es gibt natürlich auch eine Anklage und eine Verteidigung. Die Rolle der Staatsanwälte dürften Vertreter des Repräsentantenhauses einnehmen, speziell wohl die Vorsitzenden des Justizausschusses und des Geheimdienstausschusses. Die Rolle der Verteidiger könnten die Anwälte von Trump übernehmen. Aber ob es so kommt, ist noch nicht klar.

Weil im Senat die Republikaner in der Mehrheit sind, sind sie dort die Herren des Verfahrens. Sie könnten etwa Zeugen berufen, wenn sie es wünschen. Also etwa den Demokraten Adam Schiff, den Whistleblower oder auch Hunter Biden. Dem Sohn des Ex-US-Vizepräsidenten und demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Joe Biden werfen sie vor, krumme Geschäfte in der Ukraine gemacht zu haben. Die Vorwürfe basieren auf unbelegten Verschwörungstheorien, die nach Recherchen diverser Medien ihren Ursprung in Russland haben.

Mit ihrer Mehrheit könnten die Republikaner im Senat dem Verfahren aber auch ein schnelles Ende bereiten, indem sie es etwa umgehend als unbegründet zurückweisen. Zumal die Aussicht, dass die Demokraten 20 Republikaner auf ihre Seite bekommen, äusserst gering ist.

Wie lange der Senat das Impeachment bis zu einer endgültigen Abstimmung gären lässt, ist vor allem eine politische Frage. Nützt es Trump, dann kann es sich hinziehen. Schadet es ihm, dann dürfte es ruckzuck vorüber sein.

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