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Ein Erfahrungsbericht
Wie ein Ballsportler zum Yoga getrieben wurde

Erst holprig, dann geschmeidig: Yoga, des Redaktors neue Liebe.
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Die Idee Mitte März zum Start des Corona-Ausnahmezustands ging so: Ballsportler versucht sich mangels Alternativen im fortgeschrittenen Sportalter in Yoga. Kurz also zu meiner Person: 42 Jahre alt, Fussballer seit ich 4 war, dazu Tennisspieler, Golfer – und weil es nur mit Ball nicht reicht, um fit zu bleiben: Gym-Besucher (regelmässig), Boxer (unregelmässig).

Tennis und Golf fielen zwei Monate aus. Fussball auch, ausser mit dem vierjährigen Sohn, was ganz okay war, um den linken Fuss zu trainieren (der ist natürlich nicht schwächer, aber anders). Joggen mag ich nicht so (zu langweilig), was also tun in der Corona-Zeit? Liegestützen, Burpees, Kniebeugen, solche Sachen halt. Und das geschlossene Fitnesscenter überliess freundlicherweise ein Rudergerät. Aber sonst? Athlet im Unruhestand?

Eine 141. Ausrede meiner Frau gegenüber, warum Yoga doch keine so gute Idee ist, fiel wegen fehlender Argumente (wie «keine Zeit») weg. All die liebevoll gestalteten Gutscheine für eine Yoga-Stunde in den letzten Jahren sind längst abgelaufen.

Wenn das meine Freunde wüssten!

Zugegeben, der Start fiel mir schwer, es fühlte sich wie eine Niederlage an. Aus Trotz zog ich zur Premiere mein schönstes Fussball-Outfit an (Inter-Mailand-Shirt, Brasilien-Hose), ganz passend zum Fussballgstabi, der ich nun einmal bin. Die Yoga-Lehrerin meiner Frau lieferte regelmässig Lektionen via Whatsapp-Chat, was beruhigend war: keine Videos, in denen ich vorgeführt bekomme, wie ungeschickt ich bin. Und ich merkte bald: Das Gspürige, das eher nicht so meins ist, wird nicht strapaziert. Zu mir finden, tief im Körper drin, musste ich jedenfalls nicht. Oder besser: schaffte ich nicht.

Und sowieso: In der Corona-Not frisst der Ballsportler alles. Seit diesem ersten Mal sind bald acht Wochen vergangen – und was soll ich sagen: Yoga ist grossartig! Zuerst zog ich noch verschämt die Vorhänge (wir wohnen im Parterre), als wir im Wohnzimmer unsere Körper zur angenehmen Stimme der Yoga-Lehrerin verrenkten. Bald war mir das egal, das Trotz-Leibchen blieb im Schrank. Nach zwei Tagen schaute ich meiner Frau bei den Übungen nicht mehr ab. Nach einer Woche bestellte ich eine eigene Yoga-Matte (schön und schwarz, von einer US-Lifestyle-Marke). Nach zwei Wochen gelang mir der Hund (mit dem Kopf nach unten) perfekt, die Fersen ganz am Boden.

Das mit dem Hund stimmt nicht. Ich hatte aber meinen Weg gefunden, um den hohen Erwartungen, was man während Corona alles lernen, machen, erledigen muss (Sieben-Gang-Menüs, neue Sprache, Wirtschaftsdiplom, Rotweinkunde, Netflix-Serien-Nächte), gerecht zu werden. Yoga! Wenn das meine Freunde wüssten! (Viel mehr lag, ehrlich gesagt, mit zwei kleinen Kindern und Bergen von Zeitungen und Magazinen, die endlich gelesen werden wollen, auch nicht drin.)

Yoga ist gar nicht langweilig. Sogar der sportliche Ehrgeiz kann gestillt werden.

Wir legten unsere Lektion stets auf den Abend, wenn die Kinder im Bett waren, und meistens war ich vorher hundemüde – und nach dem Hund munter und motiviert. Es ist der gleiche Effekt wie beim Gang ins Gym. Bald kannte ich die Figuren-Fachbegriffe, entspannte mich fast wie ein alter Yogini, wobei unter uns: Das mit der Atemtechnik habe ich irgendwie noch nicht verinnerlicht (aber das begreife ich auch beim Schwimmen seit Jahrzehnten nicht).

Und, hey: Yoga ist gar nicht langweilig. Sogar der sportliche Ehrgeiz kann gestillt werden, weil ich als Anfänger täglich Fortschritte realisiere bezüglich Kraft, Stabilität, Geschmeidigkeit. Meine Yoga-Frühlingsgefühle fliegen. Die späte Leidenschaft kann ich (theoretisch) bis ans Lebensende praktizieren, die grosse Liebe Fussball eher nur noch bis zur ersten schweren Verletzung.

Der rituelle Termin am Abend war ideal, weil ich dadurch gar nicht erst in Versuchung geriet, mir in Zeiten von Homeoffice und Kurzarbeit schon am Nachmittag während der wochenlangen Wetter-Hochphase ein Bierchen oder zwei auf der Terrasse zu gönnen. Besuche in Bars und Restaurants, Pokerabende und Grillplausch mit Freunden waren sowieso unmöglich. Und Fussball, sonst jeden Abend am TV, lief auch nicht.

Das wird zum Glück alles bald wieder anders sein. Und dennoch habe ich mir schwer vorgenommen, beim Yoga am – nun ja – Ball zu bleiben. Ich habe wahnsinnig profitiert von den Yoga-Sessions und möchte sie unbedingt weiterführen. Weil die Effekte grandios sind. Ich werde meine Gegner auf dem Tennisplatz noch mehr nerven mit meiner Beinarbeit und noch mehr Bälle ausgraben. Auf dem Fussballplatz werde ich elegant durchs Mittelfeld schweben. Und dank mehr Beweglichkeit – insbesondere im Schulterbereich – werden meine Golfschläge deutlich wuchtiger sein. Der erste Drive am Montag wird 20 Meter weiter fliegen. Mindestens.

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