Dritter Sieg in ParisFederers grosses Kämpferherz zu später Stunde
Der Baselbieter ringt Dominik Koepfer (ATP 59) in vier Sätzen weit nach Mitternacht nieder und trifft am Montag auf Matteo Berrettini (9).
Roger Federer ist nach Roland Garros gekommen, um möglichst viel Matchpraxis zu sammeln. Dieses Vorhaben gelingt ihm ausgezeichnet. Nicht nur gewann er seine Drittrundenpartie gegen Dominik Koepfer (ATP 59), womit er am Montag nochmals spielen darf, er schöpfte gegen den Deutschen auch seine Zeit auf dem Court aus. Es war bereits Viertel vor ein Uhr morgens, als er seinen zweiten Matchball zum 7:6, 6:7, 7:6, 7:5 verwertete. Nach 3 Stunden und 35 Minuten Spielzeit.
Gut, wahrscheinlich wäre es Federer auch recht gewesen, etwas schneller ans Ziel zu kommen. Aber er hatte gegen den zähen Linkshänder Koepfer Mühe, die Punkte aufzubauen, tat sich vor allem mit der Rückhand schwer, die der Aussenseiter immer wieder anspielte. Der Deutsche schaffte es in diesen kühlen, langsamen Bedingungen, Federer immer wieder in lange Ballwechsel zu verwickeln, die diesem überhaupt nicht passten.
Punktstrafe gegen Koepfer
Federer hatte zwar zwei Sätze lang leichte Vorteile, doch er verpasste zu viele Chancen, und mit einem miserablen zweiten Tiebreak erlaubte er Koepfer den 1:1-Satzausgleich. Danach liess der Schweizer für kurze Zeit den Kopf hängen, und er schien auch körperlich am Limit. Koepfer schaffte zu Beginn des dritten Satzes gleich ein Break, Federer wankte, doch er fiel nicht. Er kämpfte sich zurück, ging die langen, kräfteraubenden Ballwechsel wieder mit, schaffte das Rebreak zum 4:4 und holte sich den dritten Satz im Tiebreak.
Plötzlich war seine Körpersprache wieder eine ganz andere, und plötzlich war es Koepfer, der haderte. Als Federer zu Beginn des vierten Durchgangs das Break zum 2:1 schaffte, Koepfers Ball leicht neben der Linie landete, sprintete dieser auf die andere Seite und spuckte auf den Ballabdruck – was ihm eine Punktstrafe einhandelte. Doch der Deutsche schaffte trotzdem nochmals das Rebreak, ehe Federer bei 5:5 der fünfte und entscheidende Servicedurchbruch gelang.
Nächster Gegner ist Berrettini
«Koepfer hat mich in grosse Schwierigkeiten gebracht, aber ich bin froh, fand ich die Lösung», sagte er im Platzinterview mit Marion Bartoli. Und er habe mit seinem Team nun viele Spielminuten, um sie zu analysieren. Fragt sich nur, wie er sich körperlich von diesem Marathon erholt. Erstaunlicherweise war der 39-Jährige im Finish frischer als der 12 Jahre jüngere Koepfer.
Am Montag geht’s für Federer weiter gegen den Italiener Matteo Berrettini (ATP 9), einen der Aufsteiger der letzten zwei Jahre. Als sich die beiden 2019 im Achtelfinal von Wimbledon erstmals trafen, war der 1,96-Meter-Hüne so überwältigt, dass er gerade mal fünf Games gewann. Federer war das grosse Idol Berrettinis, gegen ihn zu spielen, war bei der Premiere etwas zu viel für den Römer. Im zweiten Duell hielt er an den ATP-Finals 2019 schon besser mit (6:7, 2:6), in Paris ist Berettini nun leicht zu favorisieren. Doch unterschätze nie das Kämpferherz eines Roger Federer.
Federer schlägt mit etwas Glück zurück, trotz Rahmenball.
Gleich ein Minibreak für den Deutschen zum Auftakt der Kurzentscheidung. Federer verzieht eine Vorhand.
Und rettet sich ins dritte Tiebreak.
Und nun: Satzball für Federer! Da schlägt Koepfer einen Vorhandwinner.
Kommt es zum dritten Tiebreak? Da unterläuft Koepfer ein Doppelfehler, dann noch einer, und er fällt 15:30 zurück.
Game 11, Federer serviert. Er zaubert einen Stoppball ins Feld und behält seinen kleinen Vorsprung.
Das zehnte Game ist eine klare Sache für den Deutschen.
Koepfer ist nun gefordert. Seine Rückhand bringt ihm das 15:0, ein Aufschlagpunkt das 30:15.
Federer hadert mit dem Schiedsrichter beim Seitenwechsel. Weshalb, ist vorerst unklar. Offenbar beklagt er sich darüber, dass er zwischen den Seitenwechseln weniger Zeit zur Verfügung hat als früher.
Und schon hat sich das Gesicht der Partie etwas geändert. Koepfer lässt Federer die Hilfe angedeihen, die Günthardt vor kurzer Zeit erhofft hat.
Federer wirkt entspannt, das 4:4 kam doch ziemlich einfach zustande.
Und dann hat Federer tatsächlich zwei Breakbälle. Und verwertet gleich den ersten!
Koepfer schlägt auf, fällt 15:30 zurück.
Federer punktet am Netz zum 15 beide. Er will ganz offensichtlich nur noch kurze Ballwechsel spielen – was kein Zeichen der Stärke ist. Das siebte Game bringt er aber sicher nach Hause.
Game 6 geht klar an Koepfer. Federer müsse jetzt auf ein Nachlassen des Deutschen hoffen und seine eigenen Aufschlagspiele durchbringen, sagt Heinz Günthardt am Schweizer Fernsehen.
Koepfer nagelt Federer weiter auf seiner Rückhandseite fest. Er hat die Achillesferse Federers gefunden, wie einst Nadal auf diesem Court. Federer hat 24 seiner letzten 25 Partien gegen Linkshänder gewonnen, doch nun ist er in Not.
Der Paris-Sieger von 2009 verkürzt. Die Partie auf dem am Abend schweren Sandbelag wird Spuren hinterlassen, bei beiden.
Federers Körpersprache verrät wenig Gutes. Glaubt er noch an den Sieg?
Wieder ein «easy hold» für Koepfer, wie es im englischen Jargon heisst.
Der 12 Jahre jüngere Deutsche hält sein Niveau besser als Federer und spielt phasenweise begeisternd.
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