Putins Rede zur Lage der Nation«Der Westen will Russland ein für alle Mal erledigen»
Wladimir Putin hielt erstmals wieder seine traditionelle Rede zur Lage der Nation. Der Kreml-Chef machte den Westen für die Eskalation des Ukraine-Konflikts verantwortlich.
Knapp ein Jahr nach dem Beginn der russischen Offensive in der Ukraine hat Kreml-Chef Wladimir Putin dem Westen vorgeworfen, Russland «ein für alle Mal erledigen» zu wollen. In einer Rede zur Lage der Nation machte Putin am Dienstag in Moskau den Westen «voll» für die Eskalation in der Ukraine verantwortlich. Er kündigte auch an, dass Russland seine Beteiligung am letzten verbliebenen Atomwaffen-Kontrollvertrag mit den USA aussetze.
In seiner Rede vor russischen Politikern und Militärvertretern, die in der Ukraine gekämpft haben, sagte Putin: «Die westlichen Eliten halten ihr Ziel nicht verborgen: Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, das heisst, uns ein für alle Mal zu erledigen.» Russland werde aber seine Offensive in der Ukraine «sorgfältig und systematisch» fortsetzen und so die Ziele seines Militäreinsatzes «Schritt für Schritt» erreichen.
Der russische Präsident hob hervor: «Die Verantwortung für das Schüren des Ukraine-Konflikts, für seine Eskalation, für die vielen Opfer (...) liegt voll bei den westlichen Eliten.» Dabei wiederholte er auch seinen Vorwurf, dass der Westen in der Ukraine neo-nazistische Kräfte unterstütze, um dort einen anti-russischen Staat zu etablieren.
Die russische Beteiligung an dem letzten verbliebenen Atomwaffen-Kontrollvertrag mit den USA setzte Putin aus. Die russischen Behörden rief er auf, sich für «Atomwaffen-Tests bereit» zu halten, falls Washington solche Tests zuerst ausführen sollte.
Westen hat punkto Sanktionen «nichts erreicht»
Die Führung in Moskau forderte die USA zudem formell auf, «Soldaten und Ausrüstung» der Nato aus der Ukraine abzuziehen. Wie das Aussenministerium in Moskau mitteilte, wurde die US-Botschafterin Lynne Tracy einbestellt und ihr eine entsprechende Note überreicht, die sich auf die Militärhilfe des Westens für Kiew bezieht. «Zum Erreichen einer Deeskalation der Situation» sei es erforderlich, «dass Washington Massnahmen hinsichtlich eines Rückzugs von Soldaten und Ausrüstung der USA und der Nato trifft und antirussische Aktivitäten beendet», hiess es in Moskau.
Die russischen Streitkräfte haben seit Monaten in der Ukraine Mühe, bei ihrer Offensive voranzukommen, obwohl Putin im vergangenen Jahr zusätzlich hunderttausende Reservisten mobilisierte. «Ich spreche zu Ihnen in einem schwierigen und entscheidenden Moment für unser Land», sagte Putin zu Beginn seiner Rede in Moskau. Er dankte «dem ganzen russischen Volk für seinen Mut und seine Entschlossenheit». Zugleich warnte er vor dem Hintergrund der Unterdrückung jeglicher Kritik am Ukraine-Einsatz und am Kreml in Russland, dass «Verräter» zur Rechenschaft gezogen würden.
Mit Blick auf die internationalen Sanktionen gegen Russland äusserte Putin die Ansicht, dass der Westen «nichts erreicht hat und nichts erreichen wird». Die russische Wirtschaft hat bisher besser Stand gehalten als von vielen Experten erwartet. «Wir haben die Stabilität der wirtschaftlichen Situation sichergestellt», sagte Putin. Dem Westen sei es nicht gelungen, «unsere Gesellschaft zu destabilisieren».
Weitere Vorwürfe an den Westen
Dem Westen wiederum hielt er vor, das eigene Volk kaputt zu machen – durch «die Zerstörung der Familien, der kulturellen und nationalen Identitäten, die Perversion und Misshandlung von Kindern bis hin zur Pädophilie». Priester müssten zudem homosexuelle Paare segnen.
Der russische Staatschef hält traditionell jedes Jahr eine Rede zur Lage der Nation vor den russischen Abgeordneten, in der er eine Bilanz des vergangenen Jahres zieht und neue strategische Ziele festlegt. Im Jahr 2022 war die Ansprache abgesagt worden.
AFP/fal
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