Wahlkampf der US-DemokratenWer wird Bidens bessere Hälfte?
Joe Bidens Suche nach einem Vizepräsidentschaftskandidaten ist in einer entscheidenden Phase. Sicher ist, dass mit ihm eine Frau in den Wahlkampf ziehen wird.
Der Job des amerikanischen Vizepräsidenten ist nicht beneidenswert. Es gibt Ausnahmen wie George W. Bushs Vize Dick Cheney, der bisweilen mächtiger schien als der Präsident. Im Allgemeinen aber verblassen die Stellvertreter hinter dem Boss im Weissen Haus. Der Posten, so Franklin Roosevelts Vize John Nance Garner in einem berühmt gewordenen Satz, sei nicht einmal «einen Eimer warmer Pisse wert».
Joe Biden hatte diesbezüglich Glück: Er pflegte ein enges Verhältnis zu Barack Obama und hatte sich vor seiner Nominierung ausbedungen, stets der letzte Gesprächspartner des Präsidenten zu sein, bevor dieser eine Entscheidung fälle.
Manchmal wird ein Vize ausgewählt, um eine Region zu repräsentieren wie etwa der Texaner Lyndon Johnson an der Seite des Neuengländers John F. Kennedy. Oder wie das Nordlicht Walter Mondale als Vize des Südstaatlers Jimmy Carter. Gelegentlich soll ein junger Vize einen älteren Präsidentschaftskandidaten ergänzen, so etwa 1992 George Herbert Walker Bushs Stellvertreter Dan Quayle oder Sarah Palin 2008 neben John McCain.
Diesmal geht es um eine Thronfolge
Selten aber war die Auswahl eines Vizepräsidentschaftskandidaten so bedeutungsvoll wie die jetzt im demokratischen Lager anstehende: Joe Biden wäre zum Zeitpunkt seiner Einschwörung ins Präsidentenamt 78 Jahre alt, zur Wiederwahl 2024 möchte er nicht mehr antreten. Bidens Vizepräsidentschaftskandidat wäre mithin Thronfolger der Demokratischen Partei und hoher Favorit für die demokratische Kandidatur 2024.
Entsprechend intensiv wird um die Nominierung gerungen. Sicher ist nur, dass Bidens Vize eine Frau sein wird – in der amerikanischen Geschichte zum dritten Mal nach Walter Mondales Vizepräsidentschaftskandidatin Geraldine Ferraro 1984 und Sarah Palin 2008. Die Nominierung einer Frau widerspiegelt die Tatsache, dass Frauen inzwischen das Rückgrat der Demokratischen Partei bilden. Überdies soll sie einen Kontrast bilden zum Männergespann von Donald Trump und Mike Pence.
Bidens Auswahlprozess ist in vollem Gang, mindestens vier Kandidatinnen werden derzeit auf Schwachstellen und versteckte Skandale durchleuchtet. Nur so lässt sich ein Debakel wie 1972 vermeiden: Damals musste der demokratische Vizepräsidentschaftskandidat Thomas Eagleton nach 18 Tagen seine Kandidatur aufgeben, weil er psychische Probleme verschwiegen hatte.
Von Kamala Harris bis Gretchen Whitmer
Ganz oben auf Bidens Liste steht die kalifornische Senatorin Kamala Harris, Tochter eines jamaikanischen Vaters und einer indischen Mutter. Allerdings studierte Harris wie Biden Jura, besser wäre vielleicht eine Kandidatin, die Bidens Schwachstellen in Wirtschaftsfragen ausgleichen würde. Die Senatorin Elizabeth Warren, eine prominente Vertreterin des progressiv-linken Flügels der Partei, könnte diese Rolle erfüllen.
Ebenfalls hoch gehandelt wird die schwarze Kongressabgeordnete Val Demings aus Florida, ehemals Polizeichefin der Metropole Orlando. Demings machte sich einen Namen beim Impeachment-Verfahren gegen Präsident Trump im Januar, ihre Nominierung wäre ein Zugeständnis an afroamerikanische Wähler.
Auch Gretchen Whitmer, die Gouverneurin von Michigan, sowie Senatorin Amy Klobuchar aus Minnesota sind im Gespräch. Beide könnten Joe Biden helfen, ihre jeweiligen Heimatstaaten im Herbst zu gewinnen.
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