Corona mischt Fahrzeugmarkt aufWer jetzt ein Occasionsauto will, muss tief in die Tasche greifen
Das Angebot an Gebrauchtwagen ist in der Schweiz um 20 Prozent zurückgegangen. Die Nachfrage ist jedoch weiterhin hoch. Das treibt die Preise an.
Wer derzeit ein Occasionsauto sucht, muss etwas tiefer in die Tasche greifen. Denn die Preise für gebrauchte Wagen sind in den vergangenen Monaten in die Höhe geklettert. Das hat mehrere Gründe: Durch die Corona-Pandemie kamen vergangenes Jahr weniger Neuwagen auf den Markt, die nun als Occasionen verkauft werden können. Auf der anderen Seite ist die Nachfrage nach Fahrzeugen aus zweiter Hand ungebrochen gross.
Das geringe Angebot und die hohe Nachfrage führen zu einer Verteuerung. Das zeigt die monatlich erhobene Statistik von Eurotax: Sowohl bei Benzin- als auch bei Dieselfahrzeugen zogen die Preise seit Frühling 2020 an. Zuletzt kostete ein zwei bis vier Jahre alter Benziner durchschnittlich 37’500 Franken. Im März 2020 zu Beginn der Pandemie waren es noch 33’000 Franken gewesen. Das sind fast 14 Prozent weniger.
Den Preisanstieg beobachten auch grosse Schweizer Autohändler. «Die Occasionspreise sind hochgegangen», sagt David Rygula, Chef der Auto Kunz AG, die mit Neu- und Occasionsautos handelt.
Angebot wird deutlich kleiner
Die Gründe dafür liegen gut ein Jahr zurück: Wegen der Corona-Krise mussten viele grosse Autobauer ihre Produktion massiv zurückfahren oder teilweise stilllegen. Zugleich brach die Nachfrage ein – auch weil Kunden im Lockdown kein neues Auto kaufen konnten oder wollten.
Die Folge: Es gab weniger Neuzulassungen. Zwar hat sich die Lage mittlerweile etwas entspannt. Doch am Occasionsmarkt sind die Auswirkungen weiterhin spürbar. Es gibt weniger Gebrauchtwagen zu kaufen. Nach Angaben von Eurotax liegt die Zahl der angebotenen Occasions-PW in der Schweiz rund 20 Prozent unter dem Niveau von vor der Corona-Krise.
Diese stammen oft von den Händlern selbst, die Autos als Vorführwagen in Verkehr bringen und dann nach wenigen Monaten als Occasionen abgeben. Eine weitere beliebte Quelle sind Autovermieter, die ihre Wagen nach weniger als einem Jahr weiterverkaufen. Beide Kanäle versiegten jedoch in der Krise.
Mikrochipmangel verschärft die Lage
Ein weiterer Grund für den Engpass ist, dass sich die PW-Produktion bis heute nicht normalisiert hat. Das liegt vor allem am Mangel an Mikrochips, der die Produktion weiterhin bremst. Von den Verzögerungen ist auch die Schweiz betroffen.
Wenn Neuwagen schwerer zu bekommen sind, ist für viele ein Gebrauchtwagen eine willkommene Alternative. «Die Automobilhersteller haben aus diversen Gründen Lieferschwierigkeiten – somit gibt es weniger Neuwagen, dementsprechend werden vor allem junge Occasionen gefragter und entsprechend teurer», beschreibt Auto-Kunz-Chef Rygula die Lage.
Rasche Besserung ist nicht in Sicht. «Kurz- und mittelfristig erwarten wir keine Änderung der Marktdynamik», sagt Eurotax-Manager Robert Madas. Er rechnet noch bis in das kommende Jahr hinein mit steigenden Preisen – auch weil viele weiterhin auf der Suche nach Occasionsautos sind.
Der Schweizer Autohändler Amag ortet seit vergangenem Sommer eine grössere Nachfrage nach Occasionen. «Dies hat einen direkten Einfluss auf die Anzahl verfügbarer Fahrzeuge, was wiederum einen Einfluss auf den Preis haben kann», sagt ein Amag-Sprecher.
Nicht nur die Schweiz ist betroffen
Von den steigenden Preisen sind nicht nur Kunden in der Schweiz betroffen. In Deutschland und Österreich ist die Lage ähnlich, wie Auswertungen von Eurotax zeigen. Und in den USA sind die Preise für Occasionsfahrzeuge so stark angestiegen wie seit einem Jahrzehnt nicht.
Freuen dürfte das all jene, die ihr Occasionsauto zu Geld machen wollen. Für Kaufwillige und Händler, die nicht genug gebrauchte Wagen am Hof stehen haben, ist der Boom jedoch ein Ärgernis.
Die Händler wollen aber nicht den Eindruck aufkommen lassen, es gebe zu wenig Occasionen. «Obwohl die Durchschnittspreise gestiegen sind, gibt es immer noch gute Möglichkeiten auf dem Markt», erklärt Victor Sanjuan Abanades vom Onlineportal Car For You.
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