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Wenn sich eine Braut nicht traut

Sollte der Zusammenschluss mit Wädenswil doch nicht zustande kommen, «ginge die Welt für Schönenberg nicht unter», meint Heinz Montanari, Leiter der Abteilung Gemeindefinanzen.
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Sie kämpften mit harten Bandagen. In den letzten Jahren und Monaten versuchten Fusionskritiker eine allfällige Eingemeindung der beiden Berggemeinden Schönenberg und Hütten in Wädenswil zu verhindern. Mit allen Mitteln. Flyer kursierten. An öffentlichen Veranstaltung kreuzten Fusionsbefürworter und Gegner die Klingen.

Letzten Endes sprachen sich jedoch sowohl die Hüttner wie auch die Schönenberger Exekutive für einen Zusammenschluss mit Wädenswil aus – und empfehlen somit ein Ja an der Urne am 21. Mai. Auch das Wädenswiler Parlament ist den beiden Fusionsaspiranten wohl gesinnt: Es empfiehlt den Stimmberechtigten ebenfalls, den Eingemeindungen von Schönenberg und Hütten in Wädenswil zuzustimmen. Klappt der Deal, lässt der Zürcher Regierungsrat eine Subventionssumme von 7,6 Millionen Franken springen. Aber eben nur dann. Lehnt auch nur eine der drei Gemeinden die Vorlage ab, geht der Zusammenschluss bachab. Sollte man meinen.

Eine reine Zweckheirat

Dass es sich beim bevorstehenden Zusammenschluss um eine Zweckheirat handelt, ist ein offenes Geheimnis. Denn die Verbindung hilft vor allem der kleineren Berggemeinde Hütten aus der sich für 2018 abzeichnenden Finanznot. Denn im Finanzausgleichsgesetz, dem das Zürcher Volk 2011 zugestimmt hatte, fällt der maximale Steuerfuss weg – auch für eine finanzschwache Gemeinden wie Hütten, die bereits heute ihren Bewohnern einen Steuerfuss von 135 Prozent zumuten muss. Und ab 2018 fällt zusätzlich der Übergangsausgleich, von dem arme Gemeinden noch bis Ende Jahr profitieren, weg.

Doch wäre beispielsweise bei einem Schönenbergschen Nein an der Urne zur Fusion das Schicksal der kleinen Gemeinde Hütten besiegelt, weiterhin als autonome Gemeinde funktionieren zu müssen? «Nicht unbedingt», sagt Alexander Locher, juristischer Sekretär beim Gemeindeamt des Kantons Zürich und dort zuständig für das Fusionsprojekt Wädenswil-Schönenberg- Hütten. Denn auch wenn bis anhin alle bereits fusionierten Gemeinden im Kanton Zürich eine gemeinsame Grenze hatten, muss das nicht zwangsläufig so sein.

Höchster Steuerfuss im Bezirk

Das neue Gemeindegesetz, das am 1. Januar 2018 in Kraft tritt, liesse in diesem Bereich ein wenig Spielraum: «Es wäre nicht ausgeschlossen, dass der Kanton Fusionsprojekte unterstützen würde, wenn zwei Gemeinden ein zweckmässig abgegrenztes Gemeindegebilde anstrebten – vorübergehend auch ohne gemeinsame Grenze», sagt Alexander Locher. Hütten hätte also rein rechtlich trotz eines Fusions-Neins der Nachbargemeinde die Möglichkeit, wieder bei Wädenswil anzuklopfen. «Allerdings ginge dann das ganze Fusionsverfahren wieder von vorne los», sagt Locher. Es käme zu Neuverhandlungen.

«Auf eine schnelle Lösung darf man nicht hoffen.»

Philipp Kutter, Wädenswiler Stadtpräsident

Sollten im umgekehrten Fall die Hüttner Stimmberechtigten den Fusionsabsichten an der Urne am 21. Mai eine Abfuhr erteilen, wären die Auswirkungen für Schönenberg wohl nicht im gleichen Ausmass tragisch wie für Hütten. «Für Schönenberg ginge die Welt nicht unter», sagt Heinz Montanari, Leiter der Abteilung Gemeindefinanzen beim Gemeindeamt des Kantons Zürich. Denn die Gemeinde sei finanziell einigermassen solide aufgestellt.

«Allerdings bestünde bei einer fortbestehenden Autonomie von Schönenberg die Gefahr, dass sich die Gemeinde im Bezirk komplett isolierte», gibt Montanari zu bedenken. Denn es wäre dann diejenige Kommune mit dem mit Abstand höchsten Steuerfuss im Bezirk Horgen. Zudem müssten sich die Schönenberger die Frage stellen, wie sie künftig die Milizämter in den Behörden und die Stellen in der Verwaltung besetzen wollten, ergänzt Alexander Locher.

Auch der Schönenberger Gemeindepräsident Lukas Matt (FDP) gibt zu bedenken: «Wir stehen als kleine Gemeinde nicht am Abgrund. Allerdings gehören wir im kantonsweiten Vergleich dennoch zu den finanzschwächeren Gemeinden». Dies würden sie bei einem Nein an der Urne bleiben, sagt Matt. Zudem benötige ein Zusammenschlussprozess viel Zeit, Geld und Energie. «Wir sollten die Gelegenheit deshalb jetzt nutzen», sagt der Schönenberger Gemeindepräsident.

Zurück auf Feld Eins

Gesetzt den Fall, der Zusammenschlussvertrag wird im Mai von einer der drei Gemeinden abgelehnt, bleibt die Frage offen, ob Hütten mit einer erneuten Eingemeindungs-Anfrage in Wädenswil offene Türen einrennen würde. «Auf eine schnelle Lösung darf man nicht hoffen», sagt der Wädenswiler Stadtpräsident Philipp Kutter (CVP). Auch wenn sich die Stadt einer erneuten Anfrage Hüttens nicht komplett verschliessen würde. «Wir müssten alles von Grund auf erarbeiten und müssten komplett zurück auf Feld Eins», so Kutter. Zudem könnte man einen solchen Schritt nicht direkt nach der Abstimmung wieder neu ins Rollen bringen. «Das würde mindestens wieder drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen», konstatiert der Stadtpräsident.

Ob Hütten diese Herausforderung erneut auf sich nehmen würde, ist für die Hüttner Gemeindepräsidentin Verena Dressler (parteilos) noch unklar. Denn: «Die Synergien zwischen Hütten und Wädenswil sähen in solch einem Fall noch einmal vollkommen anders aus.» Das würde ein langer Weg, sagt Dressler. Sollte es soweit kommen, schliesst sie eine erneute Anfrage bei Wädenswil jedoch nicht aus. Trotzdem hofft sie in erster Linie auf den Kanton und darauf, dass dieser «eine kleine fusionswillige Gemeinde nicht einfach hängen lässt.»

«Ein solchen Fall hatten wir bis anhin jedoch noch nie im Kanton Zürich», sagt Alexander Locher vom Gemeindeamt. Der Regierungsrat müsste diese Situation dann erst einmal neu einschätzen und beurteilen.

Die Stimmbürger von Wädenswil, Schönenberg und Hütten stimmen am 21. Mai an der Urne zeitgleich über den Zusammenschlussvertrag ab, der bei einer Annahme am 1. Januar 2018 in Kraft treten tritt.