Ronaldo-Transfer in die WüsteWenn Geld die Würde ausdribbelt
Einst sagte der Portugiese, ein Rentenvertrag im arabischen Raum käme für ihn nicht infrage. Ein paar Millionen später ist das alles vergessen: Nun wechselt er trotzdem.
Es ist trotz aller gegenteiliger Bekundungen der nächste sportliche Rückschritt für Cristiano Ronaldo – wenn auch ein finanziell äusserst lukrativer. Statt Old Trafford Mrsool Park, statt Premier League die Saudi Pro League. Und statt einer erhofften Rückkehr in die Champions League bleibt für den 37 Jahre alten Portugiesen nach seinem Wechsel zu Al Nassr FC in Saudiarabien diese Saison nicht einmal die asiatische Königsklasse.
Nach dem unrühmlichen Abgang bei Manchester United und der Reservistenrolle für Portugal bei der WM in Katar wechselt der zuletzt vereinslose fünffache Weltfussballer in die sportlich höchstens zweitklassige Liga in Saudiarabien – und wird von der europäischen Clubbühne verschwinden. Dazu spielt er künftig in einem Land, das wegen Menschenrechtsverletzungen international immer wieder in der Kritik steht.
Finanziell dürfte Ronaldo dagegen einen Sprung in bislang ungekannte Dimensionen machen. «Ich bin gespannt auf eine neue Fussballliga in einem anderen Land», wurde Ronaldo zitiert und sprach auf seinen Accounts von einer «sehr inspirierenden Vision» des Vereins. «Ich bin glücklich, dass ich alles gewonnen habe, was ich im europäischen Fussball gewinnen konnte, und fühle, dass es jetzt der richtige Moment ist, meine Erfahrung in Asien zu teilen.»
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Damit hat einer der ganz grossen Stars des Weltfussballs seine Zukunft bereits vor dem Start des Transferfensters in Europas Topligen geklärt. Bis zum 31. Januar dürften nun vor allem die Spieler im Fokus stehen, die sich bei der WM durch starke Leistungen in den Fokus gespielt haben. Profis wie der Argentinier Enzo Fernandez oder die Marokkaner Sofyan Amrabat und Azzedine Ounahi werden bei diversen Topclubs gehandelt.
Ronaldo kann sich hingegen ganz auf seinen neuen Club konzentrieren. Es dauerte nicht lange, bis Aussagen des Portugiesen aus dem Jahr 2015 kursierten und hämisch kommentiert wurden. Er wolle seine Karriere mit Würde und auf dem höchsten Level beenden, sagte er damals in einem TV-Interview. «Das heisst nicht, dass es schlecht ist, in den Ligen der Vereinigten Staaten, Katars oder Dubais zu spielen, aber ich sehe mich dort nicht», sagte er.
In Europa nicht fündig geworden
Doch das höchste Level blieb einem der erfolgreichsten Fussballer verwehrt. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Ronaldo seine Karriere bei einem europäischen Champions-League-Club fortsetzen wollte und nicht wenigen Vereinen angeboten wurde. Doch ein neuer Arbeitgeber in Europa fand sich nicht. Dem Vernehmen nach waren auch Teams aus der nordamerikanischen Major League Soccer stark am Portugiesen interessiert.
Wenig überraschend wird Ronaldo der sportliche Abstieg finanziell ausserordentlich versüsst. Gemäss Medienberichten soll er inklusive Werbeeinnahmen umgerechnet rund 200 Millionen Euro pro Spielzeit bekommen. Für zweieinhalb Jahre hat er unterschrieben. Das würde bedeuten: eine halbe Milliarde. Danach könnten weitere hohe Millionensummen für eine Botschaftertätigkeit für den Golfstaat folgen.
Gemäss einem unbestätigten saudischen Medienbericht wird der Wechsel mithilfe mehrerer Sponsoren finanziert. Neben einigen Unternehmen ist demnach auch die saudische Regierung als Geldgeber beteiligt. Der Fussballverein selbst äusserte sich bislang nicht dazu, wie er die Verpflichtung des neuen, teuren Spielers finanzieren will.
Der Al Nassr FC steht aktuell in der Tabelle der Saudi Pro League an der Spitze. In der asiatischen Champions League ist der Club in dieser Saison allerdings nicht vertreten. Zum Team gehören einige Profis, die zuvor in Europa spielten. Etwa Luiz Gustavo, einst in Wolfsburg und beim FC Bayern tätig, oder der kolumbianische Goalie und Ex-Arsenal-Profi David Ospina. Trainiert wird das Team vom Franzosen Rudi Garcia, der zuletzt beim Erstligisten Olympique Lyon tätig war.
Debüt bereits am Donnerstag?
Schon am Sonntag wurde Ronaldo gemäss saudischen Medienberichten in Riad erwartet. Demnach könnte er beim Spiel gegen Al Tai am Donnerstag bereits zum Einsatz kommen. Und offenbar sollen schon bald weitere Stars folgen. Gerüchte gibt es vor allem um die Spanier Sergio Busquets (34) und Sergio Ramos (36).
Die Vorfreude auf den ehemaligen Weltfussballer ist im streng konservativen Golfstaat natürlich riesig. «Einer der ganz Grossen des Fussballs wird bei Al Nassr spielen», hiess es in einem Tweet der Pro League. «Willkommen in Ihrem neuen Zuhause», schrieb Sportminister Abdulasis bin Turki al-Faisal.
Saudische Medien meldeten, dass sich bereits Tausende Fans das gelb-blaue Trikot des Vereins mit Ronaldos Nummer sieben bedrucken liessen. Die Al-Nassr-Trikots sollen deshalb vorerst in allen Grössen ausverkauft sein. Während eines Spiels von Al Nassr am Samstag sangen die Fans gemäss Medienberichten in der siebten Minute Ronaldos Namen. Auch auf Bannern begrüssten sie den Neuzugang.
An anderen Stellen dürfte Ronaldos Ansehen allerdings leiden. Kritiker werfen Saudiarabien vor, mit dem Engagement im Profisport den eigenen Ruf aufpolieren zu wollen. Unter anderem will sich das Land dem Vernehmen nach um die Fussball-WM 2030 bewerben.
Bei diesem Versuch könnte Ronaldo dann ein Werbeträger werden, ebenso wie sein langjähriger Konkurrent Lionel Messi. Der argentinische Weltmeister ist das Gesicht einer Tourismuskampagne von Saudiarabien. Messi spielt aber diese und womöglich auch nächste Saison noch bei Paris Saint-Germain und damit anders als Ronaldo wohl auch wieder in der europäischen Champions League. Er hat im Gegensatz zu seinem langjährigen Gegenspieler sogar die Chance, sie in diesem Jahr zu gewinnen.
DPA
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