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Schweizer Radio-«Tatort»
Wenn ein Zeitreisender ermittelt

Mit dieser Illustration wird das Hörspiel rund um die Sekte in Meiringen angepriesen.

Den sonntäglichen «Tatort» am TV kennt im deutschsprachigen Raum jeder. Weniger bekannt ist das gleichnamige Radioformat, das ebenfalls mit fix wiederkehrenden Ermittlerteams in verschiedenen Regionen operiert. Einmal pro Monat wird es ausgestrahlt und ist danach mindestens zwölf Monate in der ARD-Audiothek zugänglich.

Stets ein Genuss sind da die Fälle der «Task Force Hamm» – eine Art Abstellgleis für Problempolizisten aller Couleur: In das nordrhein-westfälische Örtchen strafversetzt worden sind unter anderen der spielsüchtige Scholz (gesprochen von Uwe Ochsenknecht), der Alkoholiker Lenz und der nicht allzu helle Latotzke alias DJ Latte, der abends öfter mal in einer Ü-30-Disco auflegt.

Seit letztem Dezember existiert auch ein Schweizer Radio-«Tatort». Hauptfigur ist dort der Kommissar H. P. Anliker, der bekannt ist als «der John Lennon der Kriminalistik» und den es immer wieder nach Meiringen zieht. Und, das ist das Besondere an der Figur, er tut dies als Zeitreisender – vergleichbar mit «Doctor Who» oder dem «Highlander».

Der erste Fall war im Jahr 1891 angesiedelt, die aktuelle Folge («Das dritte Ohr») spielt im – übrigens Corona-freien – April 2020. Im Zentrum der Ermittlungen steht eine seltsame Sekte, die zurzeit das bernische Örtchen unsicher macht. Angebetet von der Gemeinde wird ein Kind, das nur singend mit den Jüngern kommuniziert.

Sackmesser, Kuhglocken und «huere Siech»

Anliker leidet an Schlaflosigkeit und cholerischen Ausbrüchen («ist normal in meinem Beruf»), und darum ist er für einen Kuraufenthalt nach Meiringen gekommen. Doch eines Nachts schlafwandelt er, erwacht mitten im Wald und sieht das verehrte Kind tot. Bloss: Es ist verschwunden, als er die örtliche Polizistin Meuli zu Hilfe holt. Dreht Anliker jetzt ganz durch? Oder lässt sich das Erlebte erklären? Teilweise schon. Der dritte Teil wird übrigens, so deutet das Ende des Lauschkrimis schon an, im Jahr 2056 verortet sein.

Das dreiköpfige Autorenteam, dem auch der Autor Gion Mathias Cavelty angehört, kämpft mit den gleichen Hürden wie früher der Schweizer TV-«Tatort»: Wie zeigt man Lokalkolorit, wenn grösstenteils Hochdeutsch gesprochen wird? Gelöst wird die Sache nicht allzu schlecht – da kommt ein Sackmesser vor, Kuhglocken schwingende Trychlerinnen und ab und zu ein hingeschmettertes «huere Siech».

Anspielung auf Gotthelfs «Schwarze Spinne»

Es fällt auf, dass das Hörspiel nur so vor Anspielungen strotzt: Gotthelfs Spinne, die unter dem Korkzapfen festgehalten wird oder der Sturz den Reichenbachfall hinab, den man von Sherlock Holmes kennt. Wohlgemerkt: Wer die Referenzen nicht mitbekommt, hat auch nicht weniger Freude am schrägen Stück – von den allzu oft eingesetzen Hall- und Stimmverzerr-Effekten einmal abgesehen.

Wie amüsant das Hörspiel ist, lässt sich mit folgendem Wortwechsel exemplarisch zeigen: «Der sieht ja aus wie Stucki!» – «Welcher Stucki?» – «Der Schwingerkönig!»

Fr, 15. 5., 20 Uhr, Radio SRF 1 Sa, 16. 5., 20 Uhr, Radio SRF 2 oder ab sofort auf www.srf.ch

Michael Neuenschwander ist als Kommissar H. P. Anliker – «der John Lennon der Kriminalistiker» – zu hören.