Kolumne «Heute vor»Wenn die Pfadi zum Gesetzeshüter wird
Die Lärmmessung beim Ritterhaus Ürikon nahm die Pfadi vor 60 Jahren gleich selbst in die Hand, während in Wädenswil ein Modell der Gotthardbahn faszinierte.
Ununterbrochen rauschen Autos vorbei, ab und zu zerreisst das Knattern eines lauten Töff- oder Autoauspuffs den Verkehrslärm – für Bewohner von Hauptstrassen-nahen Häusern und Wohnungen ein alltägliches Ärgernis. Die Aufgabe, die Lärmemissionen zu beobachten und nötigenfalls Massnahmen zu ergreifen, liegt heute bei den Kantonen und dem Bund. 1961, im Goldenen Zeitalter des Automobils, widmete sich die Pfadfinderabteilung Stäfa-Hombrechtikon dieser Aufgabe.
Ein Wochenende lang beobachteten die Pfadfinder den Autoverkehr beim Ritterhaus in Ürikon, zählten die Anzahl der Fahrzeuge und nahmen Geschwindigkeitsmessungen vor. Die Messung der Lärmbelastung mittels «Schallmessgerät» führte unterdessen erschreckende Ergebnisse zutage: Während die Eidgenössische Kommission für Lärmbekämpfung damals einen Schwellenwert von 85 Dezibel am Tag und 75 Dezibel in der Nacht vorsah, produzierten alle bei der Messung beteiligten Fahrzeuge Geräusche über 85 Dezibel, einige Fahrzeuge hätten sogar über 100 Dezibel erzeugt. Zum Vergleich: Eine Lärmbelastung von 100 Dezibel fällt an, wenn man ein Rockkonzert knapp einen Meter vom Lautsprecher entfernt verfolgt. Nur tönt das meist schöner als Autolärm. Auch brisant: Wie die «Zürichsee-Zeitung» damals schreibt, habe während der kompletten Messung nur ein Auto vor dem Fussgängerstreifen angehalten, um Fussgänger passieren zu lassen – und verursachte damit prompt ein Hupkonzert der restlichen Automobilisten.
Am anderen Seeufer lockte 1961 eine spezielle Ausstellung die Bevölkerung an den Seeplatz. Während einiger Tage machte in Wädenswil ein Zugwaggon mit einem speziellen Innenleben halt. Er beherbergte nämlich ein naturgetreues Modell der Gotthardbahn bei Wassen, das in mehrmonatiger Arbeit von Schaustellern und Eisenbahnprofis gebaut wurde. Das Modell wurde im Geländemassstab 1:200 gefertigt und hielt sich akribisch ans reale Vorbild. «So lassen sich in der Miniatur nebst acht Brücken im Massstab 1:100 auch die berühmten Kehrtunnel finden. Die Gleisanlage mit einer Länge von über 218 Metern begeisterte Jung und Alt», schreibt die linksufrige «Zürichsee-Zeitung». Eisenbahnfans, die nun das Gefühl haben, etwas verpasst zu haben, können beruhigt sein: Das Verkehrshaus in Luzern beherbergt auch ein Modell der Gotthardbahn. Dieses ist zwar wegen Bauarbeiten momentan eingelagert, sollte aber, wenn alles klappt, bald im Air Force Center Dübendorf zu bestaunen sein.
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