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Weltklasse Zürich
Die Schweiz, eine Sprint-Nation – und mittendrin eine 15-Jährige

Die Schweizer Staffel über 4x 100m gewinnt souverän. Weltklasse Zürich, Leichrtathletikmeeting im Letzigrund in Zürich, 5.9.2024. Bild Boris Müller
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Zumindest das Ende ist fabelhaft. Nach einem schwierigen Abend für die Schweizer Athletinnen bei Weltklasse Zürich läuft die 4x100-Meter-Staffel um Salomé Kora, Sarah Atcho-Jaquier, Léonie Pointet und Mujinga Kambundji in 42,55 Sekunden zum Sieg. Für Letztere ist es der zweite Auftritt im Letzigrund, über 100 Meter wird sie in 11,14 Achte.

Derweil die 32-Jährige die Müdigkeit nach einer langen Saison nicht kaschieren kann, sorgt bereits am Mittwochabend eine junge Schweizerin für ein dickes Ausrufezeichen. «The next Kambundji» nennen die Veranstalter die 100-m-Rennen der Kategorie U-18 sinnigerweise, die im Rahmen des Showevents zwischen Karsten Warholm und Armand Duplantis stattfinden. Und eine Sprinterin scheint das besonders zu beflügeln. Timea Rankl gewinnt in 11,61, sie verbessert damit ihre persönliche Bestzeit nicht nur um 21 Hundertstel, sondern stellt auch gleich einen neuen U-18-Landesrekord auf. Die 15-jährige Appenzellerin kann ihr Glück kaum fassen. Und als ob das noch nicht genug wäre, gibt es einen besonderen Siegerpreis: ein Training mit Ditaji und Mujinga Kambundji.

Die EM als «Gamechanger»

Wer es etwas pathetisch mag, kann es so formulieren: Im Letzigrund treffen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufeinander. Kambundji ist das Aushängeschild der Schweizer Leichtathletik, das wird auch noch ein paar Jahre so bleiben, schliesslich hat die Bernerin jüngst bekannt gegeben, bis Olympia 2028 weiterlaufen zu wollen.

Aber: Die nächste Generation drängt nach. Vergangenes Wochenende holten Rankl, Lia Thalmann, Chloé Rabac und Alicia Masini an der U-20-WM in Lima (PER) Silber über 4x100 Meter. Es handelt sich um die erste Medaille überhaupt für eine Schweizer Staffel in der 38-jährigen Geschichte der U-20-WM. Mit 44,06 Sekunden stellte das Quartett einen nationalen U-20-Rekord auf.

Die Schweiz eine Sprint-Nation? Das war noch vor wenigen Jahren undenkbar. Doch es hat sich eine bemerkenswerte Leistungsdichte entwickelt. Zum Vergleich: 2014 rannten vier unter 11,40 Sekunden – 2022 und 2023 schon zehn, in diesem Jahr sind es neun.

Wer nach Gründen für diesen Aufschwung sucht, muss zehn Jahre zurückblicken. Die EM 2014 im Letzigrund gilt längst als «Gamechanger» für die Schweizer Leichtathletik. Doch der Wandel wurde bereits früher eingeleitet – über die Frauen-Staffel. Sie wurde als Vorzeigeprojekt für die Heim-EM proklamiert, ihr wurden die besten Erfolgsaussichten eingeräumt. 2007 hatte die U-18-Staffel am olympischen Festival der europäischen Jugend Gold gewonnen, zwei Jahre später wiederholte das Ensemble um eine gewisse Mujinga Kambundji das Kunststück. In Zürich ging die Staffel zwar leer aus, weil die Bernerin im Final den Stab fallen liess. Doch schon zwei Jahre später holte Kambundji EM-Bronze über 100 m, mittlerweile ist sie mehrfache Olympiafinalistin, WM-Medaillengewinnerin und Europameisterin. Kambundji ist ein Glücksfall für die Schweizer Leichtathletik. Sie ist die Erfolgsgarantin und als Vorbild von unschätzbarem Wert. Nicht wenige Mädchen beginnen wegen ihr mit Leichtathletik.

Die Bernerin betont oft, sie habe Widerstände überwinden müssen, weil im Verband die Devise galt: Als Schweizerin kannst du im Einzelsprint nicht Profi werden, deine einzige Chance ist die Staffel. Peter Haas, damals Leistungssportchef und heute verantwortlich für die Staffel, relativiert diese Aussage: «Wir haben für die Entwicklung von Mujinga viel getan. Und ich bin überzeugt, dass die Entwicklung im Sprint über die Staffel nachhaltig ist.»

Warum die Staffel wichtig ist

Dafür sprechen die Erfolge. Denn nicht nur die U-20-Staffel der Frauen ist rasant unterwegs. Im Letzigrund läuft das U-23-Quartett in 44,07 auf Platz 4. Haas traut dem Ensemble nächstes Jahr an der U-23-EM Grosses zu.

04.09.2024; Zuerich; Leichtathletik - Weltklasse Zuerich - Show-Wettkampf 100m Mondo  vs. Karsten;  
Jubel Timea Rankl (TV Teufen) nach Sieg im U18 100m Frauen Sprint 
(Claudio De Capitani/freshfocus)

Doch worauf gründen diese Erfolge? Haas nennt als Erstes die Trainerausbildung. «Das geht bis hinunter in die Nachwuchsabteilungen der Vereine. Es wird immer besser gearbeitet, das zahlt sich für die Athletinnen aus.» Mit den Projekten Visana Sprint und UBS Kids Cup wird breit rekrutiert, kaum eine Athletin der aktuellen Generation, die nicht dadurch zur Leichtathletik fand. Einmal in einem Verein, können sich die Mädchen und jungen Frauen in kompetitiven Leistungsgruppen messen, Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Und Haas ist überzeugt, dass nicht zuletzt die Staffel eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Sprinterinnen spielt. «Sie ist das Fundament. Dank der Staffel können viele Läuferinnen erste internationale Erfahrungen sammeln, was sehr wertvoll ist.» Timea Rankl und Co. stehen dafür als bestes Beispiel.