Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Konflikt um die Ukraine
Washington schickt neue Botschaften nach Moskau

Biden verlangt eine Lösung des Konflikts in der Ostukraine: Ein ukrainischer Soldat an der Frontlinie zu den abtrünnigen Gebieten Luhansk und Donezk. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

US-Präsident Joe Biden hat mit einer neuen diplomatischen Geste Russlands Drohpolitik gegen die Ukraine erwidert und seine Entschlossenheit im Falle einer militärischen Aggression unterstrichen. Nachdem Biden letzten Donnerstag mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert hatte, informierte er in der Nacht auf Montag den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski über das Gespräch und wiederholte dabei seine an Moskau gerichteten Warnungen. Die USA und ihre Verbündeten würden «entschlossen reagieren, sollte Russland weiter in die Ukraine einmarschieren», liess das Weisse Haus nach dem Gespräch wissen.

Hinter der Formel verbirgt sich ein nicht näher definierter Strafkatalog, den Biden seinem russischen Amtskollegen in Aussicht gestellt hat für den Fall, dass die an der ukrainischen Grenze zusammengezogenen Einheiten Russlands in das Land einmarschieren sollten. Putin hat solche Absichten stets dementiert, droht aber seinerseits, dass sich Russland zur Wehr setzen müsse, sollten die Ukraine oder westliche Staaten «rote Linien» überschreiten.

Selenski spricht von Rückeroberung der Krim

Unter «roten Linien» versteht Putin die Stationierung zusätzlicher Waffen in der Ukraine oder die Verlagerung von Truppen auf Nato-Gebiet an die russische Grenze, etwa im Baltikum. Der Kreml verlangt Sicherheitsgarantien der Nato und hat zu diesem Zweck zwei Vertragsentwürfe vorgelegt, deren Unterzeichnung er fordert.

Nachdem sich der Konflikt in den letzten Wochen immer mehr zu einer russisch-amerikanischen Auseinandersetzung verengt hatte, zeigte Biden durch das Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten, dass es den USA im Kern um die Sicherheit der Ukraine gehe. Selenski schrieb, er habe mit Biden die «gemeinsamen Aktionen für den Erhalt des Friedens in Europa» sowie Schritte zur Deeskalation besprochen.

In seiner Neujahrsansprache stellte Selenski die Rückeroberung der 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim in Aussicht und die Rückerlangung der Kontrolle über die von prorussischen Separatisten besetzte Ostukraine – militärische Ziele, die als wenig durchsetzbar gelten und von Selenski offenbar mit Blick auf den inneren Zusammenhalt der Ukraine postuliert werden.

Biden wiederholte nach Angaben des Weissen Hauses, dass die Souveränität der Ukraine und die territoriale Unversehrtheit des Landes Ziel amerikanischer Politik seien. Für die Lösung des Konflikts in der Ostukraine gelte nach wie vor der Minsker Friedensplan, der 2015 unter deutscher und französischer Führung verhandelt wurde. Ausserdem unterstütze er Gespräche im sogenannten Normandie-Format, jener Vierergruppe aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine, die zu Verhandlungen über die Lage in der Ukraine genutzt wird.

Sichert der Ukraine «die Souveränität und territoriale Integrität» zu: US-Präsident Joe Biden am Telefon. (Archivbild)

Indem sich Biden ausschliesslich zu den lange etablierten politischen Zielen im Friedensprozess der Ukraine äusserte und die europäische Führungsrolle bei den Gesprächen hervorhob, machte er indirekt auch seine Ablehnung der neuen russischen Forderungen klar. Der Verweis auf das Normandie-Format kann auch als Geste gegenüber den europäischen Staaten verstanden werden, die Biden vor Weihnachten vorgeworfen hatten, er verhandle über ihre Köpfe hinweg mit Russland über die Sicherheitsarchitektur Europas.

Biden verfolgt das Ziel, die Gespräche auf möglichst viele europäische Teilnehmer auszuweiten.

Am 9. und 10. Januar sind Gespräche der USA mit Russland in Genf geplant, vermutlich zwischen den stellvertretenden Aussenministern und Delegationen aus den Aussen- und Verteidigungsministerien beider Länder. Danach ist eine Sitzung des Nato-Russland-Rates angesetzt – die erste seit zweieinhalb Jahren. Zudem soll es anschliessend noch Gespräche der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geben. Biden verfolgt das Ziel, die Gespräche auf möglichst viele europäische Teilnehmer auszuweiten, um eine permanente direkte Fesselung an Moskaus Pläne zu vermeiden.

Unterdessen sorgen die Spannungen zwischen Russland und dem Westen auch bei unmittelbaren Nachbarn für Unruhe. Ein Vertreter des Verteidigungsministeriums in Estland kündigte an, dass das Land Artilleriegeschütze und Panzerabwehrraketen in die Ukraine zu liefern gedenke. Für den Weiterverkauf der Panzerabwehrwaffen müsste Estland die Genehmigung des Herstellerlandes USA einholen. Die Artillerie stammt offensichtlich aus Deutschland und wurde über Finnland eingeführt. Für diesen Weiterverkauf müsste eine Erlaubnis Berlins eingeholt werden.

Debatte über finnischen Nato-Beitritt

Auch in Finnland hat die Debatte über Einflusszonen und Kontrollansprüche grosse Nervosität ausgelöst. Sowohl Präsident Sauli Niinisto als auch Premierministerin Sanna Marin stellten klar, dass ihr Land das Recht auf freie Wahl einer Militärallianz habe und eine Mitgliedschaft in der Nato nicht ausgeschlossen sei. Russlands Aussenminister Sergei Lawrow hatte letzte Woche gedroht, dass eine Nato-Mitgliedschaft Schwedens oder Finnlands «ernste militärische und politische Konsequenzen» haben und eine adäquate Reaktion Moskaus provozieren würde. Beide Länder sind offiziell militärisch neutral, pflegen aber intensive Verbindungen zur Nato.