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Was wir lesen
Ein sehr stylisches Heimatalbum

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Wenn jemand ein Haus errichtet, dann ist dieses Haus nicht nur das Heim, sondern auch die Haut dieses Menschen, ein Ausdruck seines Inneren. Und die Gesamtheit der Häuser, die Privatleute, Behörden, Städte und Unternehmen in einem Land bauen, bietet dementsprechend einen Blick in die Seelenkonstruktion des ganzen Landes.

Für die Schweiz gilt das vielleicht noch mehr als für andere Länder. Da der Bauraum knapp ist, macht man sich über Form und Zweck hier mehr Gedanken als anderswo. Die Schweiz ist zudem ein reiches Land, das sich besondere Gebäude leisten kann. Und es leistet sich auch einige der exquisitesten Architekturinstitute. So kommt es, dass die Schweiz ziemlich herausragende Architektinnen hat, darunter viele international bekannte und auch einige berühmte. Schweizer Architektur gehört damit zum Schweizer Nationalstolz.

Aber gibt es eine Schweizer Nationalarchitektur?

In diesem Jahr erschien zum ersten Mal das «SAY 2023: Schweizer Architektur Jahrbuch 2023/24». Reich bebildert und mit Blick über die Landesgrenzen betextet, gibt es einen Überblick über die neuesten Perlen der Schweizer Baukunst, kantons- und sprachübergreifend und auch nach Kriterien der Nachhaltigkeit ausgewählt. Wobei, da wäre man schon bei einer ersten nationalen Baucharakteristik: Schweizer lieben Beton. Obwohl seine Umweltbilanz eher nicht so präsentabel ist, versteckt man Beton hier nicht wie im Ausland hinter Platten und Blendfassaden, sondern poliert ihn, inszeniert ihn nackt und unzerstörbar, wie ein Fels, nur gezähmt, makellos verfugt und ganz, ganz sauber geputzt.

Zweitens zeigt sich in den ausgewählten Häusern des Jahrbuchs (aber auch bei jedem Rundgang durch Basel, Zürich oder ein Dorf in Graubünden), dass Häuser in dem Willen errichtet werden, ihre Stabilität und die quasi basisdemokratische Verteilung ihrer Lasten transparent zu machen. Denn in jedem Bau steckt auch der gesellschaftliche Überbau. Der japanische Architekt Keisuke Toyoda sagte es einmal so: «Während japanische Architektur weich und flexibel ist wie Tofu, ist Schweizer Architektur ziemlich dicht und konzentriert, wie Hartkäse.»

Hinzu kommt drittens die Liebe zur Horizontalen. Während man in Frankreich traditionell die Vertikale feiert und mit ihr die Kühnheit des Gedankens, die Transzendenz des Willens und die Göttlichkeit der Bauherren, vertraut man in der Schweiz auf die Breite, die den Besitzanspruch auf das bebaute Land markiert, aber auch die Abneigung gegen alles, was zu sehr über das rechte Mass hinausragt und zu kippen droht. Das «SAY 2023», es ist im Prinzip ein sehr stylisches Heimatalbum.