Panzerringtausch für die UkraineWas sich Berlin von Bern erhofft
Deutschland braucht die Schweizer Leoparden nicht für sich, sondern für Länder wie Polen, Norwegen oder Spanien.
Seit der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Ende Januar entschieden hat, deutsche Leopard-2-Kampfpanzer im Rahmen einer internationalen Allianz an die Ukraine zu liefern, bemüht sich die deutsche Regierung, diesem Versprechen nachzukommen – und zwar möglichst bis Ende März. Vor allem Boris Pistorius (SPD), der neue Verteidigungsminister, redet seither fast täglich mit seinen Amtskollegen in vielen Nato-Ländern.
Die Aufgabe entpuppte sich als schwierig, weil viele Länder, die Deutschland ursprünglich zusagten, eigene Leopard 2 beizutragen, seither von ihrer Absicht abgerückt sind. Sechs Wochen nach Scholz’ Entscheid steht fest, dass die Ukraine nicht, wie ursprünglich erwartet, 90 bis 100 Leopard 2 erhalten wird, sondern nur rund 60. Zur Kompensation hat Deutschland Anfang Februar dafür erlaubt, dass die Rüstungsindustrie bis Mitte 2024 zusätzlich 178 Kampfpanzer vom alten Typ Leopard 1 liefert.
Konkret koordiniert Deutschland die Lieferung von 31 Leopard 2 vom zweitmodernsten Typ A6, um ein ukrainisches Panzerbataillon auszurüsten, Polen kümmert sich um 31 Panzer vom älteren Typ A4 für eine zweite Einheit. Zum moderneren Bataillon trägt Deutschland 18 Panzer bei, Portugal 3, Schweden die restlichen 10, allerdings vom älteren Typ A5. Vom Typ A4 liefert Polen 14 Stück, Kanada 4, Norwegen 8 und Spanien vermutlich die restlichen 5.
Ringtausch mit eingemotteten Schweizer Panzern
Hier könnte es nun zu einem Ringtausch mit den eingemotteten Schweizer Leopard 2 kommen, die ebenfalls vom Typ A4 sind. Polen hat bereits im Frühling 2022 erstmals Interesse an diesen Panzern gezeigt, um jene Kampffahrzeuge sowjetischer Produktion zu ersetzen, die es schon bald nach Beginn des Kriegs der Ukraine überlassen hatte. Das Gesuch wurde von der Schweizer Regierung im Sommer abgelehnt, weil der Ringtausch nicht innert nützlicher Frist umsetzbar sei.
Das Interesse von Ländern wie Polen, Norwegen oder Spanien an Schweizer Leoparden vom Typ A4 besteht aber vermutlich weiterhin. Warschau etwa liefert Kiew nicht nur 14 Leopard 2, sondern auch noch 30 Panzer vom Typ PT-91, einer polnischen Weiterentwicklung des sowjetischen T-72. Um die Lücken in der eigenen Verteidigung zu füllen, hat Polen in den USA und in Südkorea bereits neue Kampfpanzer bestellt. Bis diese eintreffen, wird es aber Jahre dauern. Die Schweizer Leoparden hingegen wären, Genehmigung durch das Parlament in Bern vorausgesetzt, innert Monaten verfügbar.
Die deutsche Bundeswehr verfügt nur über Leopard 2 vom Typ A6 und A7V und wäre an den Schweizer Panzern selbst wohl nicht interessiert. Verteidigungsminister Pistorius und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzen sich dennoch für deren Rückkauf durch den deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall ein, weil sie damit ihre internationale Panzerkoalition stärken könnten. An wen Rheinmetall die Panzer weiterverkaufen würde, wäre dann Sache des Unternehmens sowie ausländischer Regierungen. Einzig die Weitergabe an kriegführende Länder wie die Ukraine wäre – bei entsprechender Abmachung mit der Schweiz – ausgeschlossen.
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