Folgen von QualzuchtenWas Französische Bulldoggen krank macht
Sie gehören wie Möpse zu den kurzköpfigen Hunderassen. Ihre Schnauze ist extrem verkürzt, was die Hunde ständig hecheln und schnaufen lässt. Das ist nicht ihr einziges Problem.
Platte Schnauze, kugelige Augen, grosse, aufrecht stehende Ohren – viele Hundeliebhaber finden Französische Bulldoggen einfach nur niedlich. Doch die Rasse ist extrem anfällig für Erkrankungen. Viele Tiere leiden unter Atemschwierigkeiten, Entzündungen der Haut oder Problemen mit dem Bewegungsapparat. Zusammengenommen sei die Anfälligkeit Französischer Bulldoggen für 20 Beschwerden höher als bei anderen Rassen, berichten britische Wissenschaftler vom Royal Veterinary College in London. Umgekehrt seien diese Hunde im Vergleich zu anderen Rassen vor 11 Erkrankungen besser gefeit.
In vielen Ländern sind die kleinen Hunde seit einigen Jahren aussergewöhnlich beliebt. Man sieht sie als Begleiter modebewusster Grossstädter, aber auch viele Familien halten einen der grundsätzlich als freundlich beschriebenen Hunde. In Grossbritannien habe sich die Zahl Französischer Bulldoggen im vergangenen Jahrzehnt verzwanzigfacht, wie die Einträge beim Dachverband der britischen Hundezuchtvereine zeigten, schreibt das Team um Dan O'Neill im Fachmagazin «Canine Medicine and Genetics». Das Interesse sei ungebrochen, obwohl die gesundheitlichen Probleme der Rasse bekannt seien.
Bulldoggen gehören wie etwa auch Möpse zu den sogenannten brachycephalen – also kurzköpfigen – Rassen. Weniger wissenschaftlich könnte man sagen: Die Tiere haben eine platt gedrückte Schnauze. Das führt häufig zu Atemproblemen, aber auch zu einer gestörten Temperaturregulation, weil die Abgabe von Wärme über die Nase beeinträchtigt ist. Die Hunde hecheln oft permanent, um eine Überhitzung zu vermeiden.
40-fach erhöhtes Risiko für verengte Nasenlöcher
Die Wissenschaftler werteten nun Daten von Tierarztpraxen aus dem Jahr 2016 aus. Sie verglichen die Häufigkeit der Diagnosen von 43 Beschwerden bei Französischen Bulldoggen und anderen Hunden. Die Auswertung zeigte, dass die Bulldoggen ein gut 40-fach höheres Risiko für verengte Nasenlöcher hatten, zudem ein stark erhöhtes Risiko für Atembeschwerden (30-fach), Ohrenfluss (14-fach) oder Hautentzündungen (11-fach). Ihr Risiko war geringer für unerwünschtes Verhalten, für Lahmen oder Übergewicht.
Die Studie belege, dass die Gesundheit Französischer Bulldoggen sich erheblich von der anderer Rassen unterscheide und häufig schlechter sei, schreiben die Forscher. Aus gesundheitlicher Sicht dürften sie deshalb kaum mehr als «typischer Hund» gelten. Viele der beobachteten Störungen hingen direkt mit den extremen Körperformen zusammen, die die Rasse auszeichneten. Züchter könnten die Gesundheit der Tiere verbessern, indem sie ihre Anforderungen an die körperlichen Merkmale änderten. «Um das typische Aussehen der Französischen Bulldogge im Laufe der Zeit sinnvoll zu verändern, müssen die Züchter und die Zuchtverbände, die Zuchtstandards veröffentlichen, mitziehen», sagt O'Neill.
Der Dachverband der britischen Hundezüchter habe kürzlich seine Zuchtstandards für die Rasse entsprechend angepasst. «Das ist ein sehr positiver Schritt, um die Gesundheit der Hunde über die Wünsche des Menschen bezüglich ihres Aussehens zu stellen, und wir müssen diese Entwicklung der Rasse hin zu einem gemässigteren Erscheinungsbild nun fortsetzen», sagt O'Neill. Dabei seien auch Hundehalter gefragt. Sie könnten durch ihre Kaufentscheidungen für Tiere mit weniger extremen Merkmalen die weitere Entwicklung in eine andere Richtung lenken, heisst es in der Studie.
«Wir appellieren an potenzielle Besitzer und Züchter, Zucht- und Kaufentscheidungen bei Französischen Bulldoggen sorgfältig zu überdenken und Gesundheitstests, evidenzbasierte Quellen und Expertenrat in Anspruch zu nehmen», sagte Bill Lambert vom Dachverband der Hundezüchter.
Viele Probleme sind die Folge von Inzucht
Problematische Zuchten – auch als Qualzuchten bekannt – gibt es nicht nur bei Französischen Bulldoggen, das Phänomen betrifft viele Hunderassen. Häufig seien die Probleme die Folge von Inzucht bei der von Menschen kontrollierten Zucht, berichteten erst kürzlich Forscherinnen und Forscher ebenfalls im Fachblatt «Canine Medicine and Genetics». Sie hatten Angaben zum Erbgut von 50’000 reinrassigen Hunden aus einer genetischen Datenbank analysiert und dabei festgestellt, dass sich die Angehörigen einer Rasse im Schnitt genetisch so ähnlich sind wie Geschwister. So etwas würde für Menschen oder Wildtierpopulationen als sehr bedenklich eingestuft.
Weitere Analysen zeigten, dass Hunderassen mit einem höheren Grad an Inzucht eher eine spezielle tierärztliche Versorgung benötigen als andere. Im Durchschnitt waren darüber hinaus auch in dieser Untersuchung kurzköpfige Rassen weniger gesund als andere Hunde.
Zu den Rassen mit besonders niedrigen Inzuchtraten gehörten demnach vor allem jene, die erst kürzlich eingekreuzt wurden, darunter der Tamaskan, der Barbet und der Australian Labradoodle, ebenso Landrassen wie der Dänisch-Schwedische Farmhund, der Mudi und der Koolie.
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