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Abstimmung über das CO₂-Gesetz
Was bei dieser Klima-Abstimmung anders wird als bei der letzten

Wirbt für das neue CO₂-Gesetz: Bundesrätin Simonetta Sommaruga. 
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Ungewöhnlich früh, 76 Tage vor dem Urnengang vom 13. Juni, hat Simonetta Sommaruga am Montag den Abstimmungskampf eröffnet. Das revidierte CO2-Gesetz, das die Klimapolitik der Schweiz bis 2030 festlegt, sei eine grosse Chance für das Klima, für die Schweiz und die lokale Wirtschaft, so die Umweltministerin.

Vor ziemlich genau vier Jahren waren ähnliche Worte an dieser Stätte zu hören. Damals referierte Sommarugas Vorgängerin Doris Leuthard über die Energiestrategie 2050, die im Mai 2017 zur Abstimmung kam und nebst dem Neubauverbot für Kernkraftwerke einen Ausbau der erneuerbaren Energien verlangte. 58 Prozent sagten Ja. Es gibt jedoch Unterschiede zu damals.

  1. Wirtschaft
    Economiesuisse unterstützt das CO2-Gesetz; die Wirtschaft sei Teil der Lösung. Bei der Energiestrategie hatte der Wirtschaftsdachverband noch Stimmfreigabe beschlossen. Die Nachhaltigkeitsorientierung sei auch bei den grossen Konzernen heute deutlicher, sagt Lukas Golder, Co-Leiter des Meinungsforschungsinstituts GFS Bern. «Sie stellen sich dem globalen Trend.» Ausdruck davon ist, dass grosse Unternehmen wie Novartis, BASF oder Ikea das CO2-Gesetz unterstützen. Allerdings steht auch heute die Wirtschaft nicht geschlossen hinter der Vorlage. Die Gegnerschaft wird von der Auto- und Erdöllobby angeführt, der Verband Schweizer Flugplätze und der Verband Kaminfeger Schweiz sagen Nein, ebenso der Hauseigentümerverband Schweiz. Der Gewerbeverband seinerseits hat Stimmfreigabe beschlossen, die Energiestrategie hatte er noch befürwortet.

  2. FDP

    Der Freisinn war bei der Energiestrategie tief gespalten, am Ende sagten die Delegierten knapp Ja zur Vorlage. Inzwischen macht sich der ökologischere Kurs, den Parteichefin Petra Gössi vor zwei Jahren eingeläutet hatte, deutlich bemerkbar. Zwar sei die Parteielite geschlossener, sagt Golder. Wie viel das neue Gesetz den pragmatischen Teil der FDP-Wählerschaft kosten dürfe, sei aber noch nicht beantwortet. Hinzu kommt: Parteiintern gibt es noch immer Widerstände gegen das CO2-Gesetz, bei einzelnen Exponenten, aber auch im Jungfreisinn. Ansonsten heisst es bei den Parteien wie 2017: alle gegen die SVP.

  3. Klimaschützer

    Stand dieses Lager 2017 noch geschlossen hinter der Energiestrategie, ist es nun gespalten. Ein Teil der Klimastreikenden bekämpft das CO2-Gesetz, weil es ihm nicht weit genug geht. Nervös macht die Befürworter des Gesetzes ein Signal aus dem Kanton Aargau: Im letzten Herbst lehnte dort die Stimmbevölkerung das kantonale Energiegesetz ab – ein Entscheid im Widerspruch zum zuletzt grünen Zeitgeist, der die Schweiz erfasst hat. Das knappe Nein kam nicht zuletzt wegen vieler Leerstimmen zustande. Offenbar, so interpretierten Politiker das Resultat, sei das Energiegesetz gewissen grünen Kreisen nicht weit genug gegangen. Am 13. Juni könnte ein Teil der Nein-Stimmen auch von Klimaschützern kommen.

    Golder hält es indes für wichtiger, wie sich der pragmatische Teil der Bevölkerung ohne ideelle Bindung positionieren wird. Wenn von links und rechts über mediale Kanäle Verunsicherung geschürt werde, würden diese Stimmbürger mehr als sonst aus ihrem Alltag heraus die Meinung bilden. Dieses Stimmgewicht ist laut Golder hoch. Gezeigt hat sich dies zuletzt beim sehr deutlichen Nein gegen die E-ID. Ein Nein, das weit über das linke Lager hinaus eingelegt worden sei. «Ein solcher kritischer Meinungstrend erfasst rasch einmal Zehntausende von Menschen, die sich erst in den letzten Wochen final ihre Meinung bei komplexen Gesetzesprojekten bilden.»

  4. Corona

    Wie reagiert die Bevölkerung mitten in dieser grossen Wirtschaftskrise auf eine Vorlage, die einem Teil von ihr Mehrkosten bringen wird? Die SVP und ihre Verbündeten wollen – wie schon 2017 – über die Kosten sprechen. «Alle anderen lieber über die abstrakte Klimaproblematik», sagt Golder. Zuletzt hätten ideelle Vorlagen wie die Konzernverantwortungsinitiative viel Rückenwind erlebt. «Der Wind kann aber schnell drehen.» Entscheidend könnte laut Golder auch sein, dass Regierung und Parlament seit dem ersten Lockdown Mühe bekunden, breite Kreise der Bevölkerung von ihrem Standpunkt zu überzeugen. Es sei derzeit viel Energie im politischen Klima der Schweiz.