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Psychologie der Kommunikation
Warum sich mit Bullshit so gut punkten lässt

Auch in sozialen Netzwerken überzeugt der imposante Auftritt manchmal mehr als der Inhalt.
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Zu den besten Freunden in der Studentenzeit zählte das Fremdwörterlexikon. Wobei es sich dabei um eine Zweckgemeinschaft handelte, in der oft grosse Verzweiflung eine prägende Rolle spielte. Die Mehrheit der Texte in den Seminaren, so behauptet die Erinnerung, zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass die Autoren wie mit einem grossen Salzstreuer hässlich komplizierte Begriffe in ihren absurd langen Schachtelsätzen verteilt hatten.

Natürlich klangen diese Formulierungen alle irrsinnig tiefgründig. Oft waren sie das vielleicht sogar, aber fast ebenso häufig verbarg sich hinter diesen schweren Wortvorhängen banaler Kram. Zu Bullshit verwandelte sich das endgültig in den Augenblicken, in denen man als Student das dann für Seminararbeiten durch die Wurstmaschine eigenen Schreibens drehte und selbst kryptisches Zeug absonderte.

Kein Argument, dann Bullshit

Und offenbar handelt es sich dabei um eine wirksame Strategie. Gerade hat der Psychologe und, ja wirklich, Bullshit-Forscher John Petrocelli eine Studie im «British Journal of Social Psychology» publiziert, die genau das nahelegt. Demnach erhöht es die Überzeugungskraft eines schwachen Argumentes, wenn dieses mithilfe funkelnder Bullshit-Phrasen maskiert und präsentiert wird.

Das Gegenteil ist hingegen der Fall, wenn ein Diskutant sehr gute Argumente und überzeugende Evidenz auf seiner Seite hat. Wer diese in kompliziertem Jargon und modischen Begriffen präsentiert, schmälert seine Chancen, damit andere zu erreichen. Wer wirklich etwas zu sagen hat, äussert sich so klar und präzise wie möglich – das ist die kurze, an sich selbstverständliche Botschaft, die sich aus dieser Studie ziehen lässt.

Labern ohne Ahnung

Der Begriff Bullshit hat in akademischen Kreisen Karriere gemacht, seit der US-Philosoph Harry Frankfurt 1986 den Essay «On Bullshit» veröffentlichte, der fast 20 Jahre später in einer Buchversion zum Bestseller wurde. Der Bullshitter zeichnet sich demnach dadurch aus, dass er sich gar nicht darum schert, ob sein Gerede irgendwie einen Bezug zur Realität hat. Bullshit unterscheidet sich von der Lüge insofern, als der Lügner weiss, dass er die Unwahrheit spricht. Der Bullshitter ahnt hingegen nicht mal, was wahr oder falsch ist, und es ist ihm auch egal: Er labert, um zu beeindrucken, und doziert über Themen, von denen er keine Ahnung hat oder die keine Bedeutung haben.

Der Psychologe Petrocelli liess nun für seine Studie Probanden Argumentationen für verschiedene Positionen begutachten, die entweder starke oder schwache Argumente enthielten und entweder klar formuliert oder mit pompösem Begriffslametta behängt waren. Bullshit hilft demnach also nur, wenn man kaum Argumente auf seiner Seite weiss.

«Wortgetöse reduziert die Motivation, sich mit dem Gesagten inhaltlich auseinanderzusetzen.»

John Petrocelli, Bullshit-Forscher

Vermutlich liege das daran, so argumentiert Petrocelli, dass Wortgetöse die Motivation reduziere, sich mit dem Gesagten inhaltlich auseinanderzusetzen und ein Argument wirklich zu prüfen. Stattdessen wirke dann die Peripherie des Argumentes: Klingt es wichtig? Ist die Quelle irgendwie gut, also mag man zum Beispiel den Sprecher, hat man sowieso eine gewisse weltanschauliche Nähe zu den Inhalten?

Oder, ganz wichtig zum Beispiel auf Twitter oder sonstigen polarisierten Meinungslandschaften, stammt das Gestammel von einem Mitglied meines Teams, einer Frau, einem Mann, einem Linken, einem Rechten? Je stärker aber ein Argument sei, so Petrocelli, desto weniger Beachtung schenke man solchen Erwägungen. Bullshit lenkt vom Inhalt ab und lässt sich wohl als Indiz werten, dass es vielleicht gar keinen gibt, so einfach ist das.

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