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Warum Schweizer Eier so beliebt sind wie lange nicht mehr

Der Pro-Kopf-Konsum in der Schweiz ist im Jahr 2018 auf 181 Eier angestiegen – der höchste Wert seit 16 Jahren. (Symbolbild: Keystone)
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Im Schweizer Eiermarkt herrscht Hochstimmung. Nicht nur weil die Osterhasen derzeit für den Verkaufshöhepunkt des Jahres sorgen. Sondern vor allem, weil Schweizer Eier immer beliebter werden. Der Pro-Kopf-Konsum ist im Jahr 2018 auf 181 Eier angestiegen. Das entspricht dem höchsten Wert seit 16 Jahren, wie das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) meldet.

Insgesamt steuert die Schweizer Eierproduktion direkt auf die Milliardengrenze zu: Die 2,9 Millionen Hennen legten im vergangenen Jahr 974 Millionen Eier, was einem Wachstum von 3,6 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Im Jahr 2018 wurden in der Schweiz insgesamt 1,545 Milliarden Eier verbraucht – inklusive Verarbeitungseier. Der Anstieg von 0,5 Prozentpunkten erklärt sich einerseits mit der gewachsenen Wohnbevölkerung. Andererseits profitiert der Eiermarkt vom gesellschaftlichen Trend zu gesunder Ernährung, Natur und Bio, der der Bio-Landwirtschaft insgesamt einen zünftigen Schub versetzt – und treibt damit auch die Produktion von Bio-Eiern voran.

Glückliche Schweizer Hühner legten 2018 über zehn Millionen Eier mehr als im Vorjahr und erreichten einen Rekord von 169 Millionen Stück. Mittlerweile stammt fast jedes fünfte in der Schweiz produzierte Ei von einem Bio-Hof, gleichzeitig stieg auch die Zahl von Freilandeiern; sie machen inzwischen fast zwei Drittel (62 Prozent) der gesamten inländischen Produktion aus. Auf der Strecke bleiben die Bodenhaltungseier.

Parallel dazu entwickelt sich der Detailhandel: Hier wird mittlerweile jedes fünfte verkaufte Schalenei von einer Bio-Henne gelegt, und auch Freilandeier boomen – während der Absatz inländischer Bodenhaltungseier abnimmt.

Wer nun glaubt, Eier aus Bodenhaltung gehörten bald der Vergangenheit an, der irrt: 2018 waren knapp ein Drittel aller Eier im Detailhandel aus ausländischer Bodenhaltung (+2,3 Prozent). Zusammen mit den inländischen machen damit Bodenhaltungseier über die Hälfte aller Schaleneier in den Regalen von Coop und Co. aus.

Das will die Migros ändern und kündigte vergangene Ostern an, bis zum Jahr 2020 Bodenhaltungseier ganz aus ihrem Sortiment zu verbannen. Die Umstellung erfolge etappenweise nach Genossenschaft, sagt die Migros-Sprecherin. Genf und Luzern hätten im Herbst 2018 als erste komplett auf Schweizer Eier aus Freilandhaltung umgestellt. Im Januar 2019 folgten die Migros-Genossenschaften Aare und Zürich. Für die Budgeteier werden günstige Freilandeier aus dem Ausland zugekauft. Kunz: «Ziel ist hier, den Preis möglichst tief zu halten.»

Dabei sind die Preisunterschiede beträchtlich. Für ein Bodenhaltungsei zahlt der Konsument derzeit 43 Rappen, ein Ei aus Freilandhaltung kostet 62 Rappen und das Ei vom Bio-Huhn stolze 81 Rappen – mehr als dreimal so viel wie ein Import-Ei. Der Aufpreis für ein Bio-Ei erklärt sich durch den Mehraufwand, den die Bauern haben aufgrund strengerer Produktionsvorschriften. So muss ein Bio-Huhn mindestens fünf Quadratmeter Auslauf haben, während eine Bodenhaltung-Henne nie den Himmel sieht und gerade mal 0,1 Quadratmeter Platz verlangt. Und ein Bio-Huhn bekommt nur teures Bio-Futter.

Dass die Eierpreise im Übrigen recht stabil sind, liegt daran, dass der Detailhandel klare Abnahmeverträge mit den Produzenten abgeschlossen hat. «Produziert wird, was bestellt ist, und das führt zu fixierten Preisen für ein Jahr», sagt Conradin Bolliger, Leiter Marktanalysen beim BLW.

Die Freude am Ei war trotz der aktuellen Euphorie sogar schon grösser. So lag der Pro-Kopf-Konsum vor 40 Jahren bei stolzen 220 Eiern hierzulande und nahm dann sukzessive bis zur Jahrtausendwende ab. Schuld am Rückgang war zum einen eine Reihe von «Ei-Skandalen», wie die Lebensmittelforscherin Christine Brombach von der ZHAW sagt. Zum anderen war die «Cholesterinhysterie» dafür verantwortlich, da Eier bis vor wenigen Jahren wegen ihres Cholesteringehalts als ungesund galten. Auch die Lebensmittelindustrie hat darauf regagiert und verarbeitete weniger Eier in Backwaren, Pasta oder Süssspeisen. Das alles habe zu einem rückläufigen Eierkonsum geführt.

In den letzten Jahren hat sich Einstellung zum Ei geändert, basierend auf neuen Erkenntnissen, dass Cholesterinzufuhr über die Nahrung nicht den bislang angenommenen, negativen Effekt auf den Blutfettspiegel hat. Brombach: «Daher wurden die Eier entlastet. Sie sind eine hervorragende Proteinquelle, und Menschen, die weniger Fleisch verzehren, essen daher statt dessen auch mal ein Ei.»

Auch wenn die Schweizerinnen und Schweizer im letzten Jahr so viele Eier konsumiert haben wie seit 2002 nicht mehr, können sie im internationalen Vergleich nicht mithalten: Die Deutschen essen jährlich 230 Eier pro Kopf – das sind 50 Stück mehr. Wie kann das sein? Experten machen im Wesentlichen das unterschiedliche Konsumverhalten dafür verantwortlich, Stichworte sind Backen und Frühstücksei. Der Preis habe indes kaum Einfluss auf die Konsummenge. Zudem ist der Einkaufstourismus in der Statistik nicht erfasst...