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Federer-Bashing im Internet
Warum Provokateure und Hasser bei Federer abblitzen

Schwebt über allem: Roger Federer verabschiedet sich im All England Club nach dem Aus gegen Hurkacz von den Fans, die unter einer kleinen Brücke auf ihn gewartet haben. 

Gelegentlich sehnt man sich zurück in die Zeiten, als noch Papier und Kugelschreiber nötig waren, um Leserbriefe zu schreiben, als eine Adresse herausgefunden, ein Brief frankiert und dieser zur Post ­gebracht werden musste, um, mit etwas Glück, an die publizistische Öffentlichkeit zu gelangen – wenn auch meist in stark gekürzter, redigierter Form.

Dieses Gefühl manifestiert sich meistens dann, wenn man sich wider besseren Wissens wieder einmal darauf einlässt, Internetkommentare zu seriösen oder sachlich geschriebenen Artikeln zu lesen, die sich in vier Kategorien aufteilen lassen: a) Frust ­ablassen, b) Häme verbreiten, c) Provozieren oder d) schlicht möglichst viel Aufmerksamkeit zu erhaschen.

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Dabei gilt selbstredend: Je mehr Leute potenziell einen Artikel lesen, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem Kommentar grosse Resonanz auszulösen. PCs, Macs und Handys sind geduldig und anspruchslos, brauchen auch keine Briefmarke. Und so tauchen hingepfuschte Ergüsse im Handumdrehen online auf. Und dann kommen auch schon die Reaktionen. Daumen hoch ist gut, Daumen unten egal, richtige Antworten – wie fehlerhaft auch immer – willkommen.

Die Angst, den «richtigen Moment des Rücktritts zu verpassen», ist unsinnig

Womit wir beim Thema ­wären: Roger Federer. Neider, Hassende, Aufmerksamkeit-Suchende: Für sie ist er wegen seiner Popularität die ideale Zielscheibe. Das Phänomen, dass im ausgedehnten Herbst seiner Karriere ausgerechnet in seinem Heimatland so viele a)-, b)-, c)- oder d)-Kommentare abgesetzt werden wie wohl nirgendwo sonst, fusst auch auf einer wiederholt beobachteten, unsinnigen Angst: der verbreiteten Befürchtung, den «richtigen Moment des Rücktritts verpasst zu haben». Unsinnig ist diese deshalb, weil es im Sport um Siege, Triumphe, Emotionen geht. Niederlagen werden rasch vergessen.

Federer hat – zum Glück für ihn – gelernt, sich gegen solche Einflüsse zu wappnen, abzuschotten. Sicher: Auch er braucht den Erfolg, den Applaus, die Anerkennung. Doch davon hat er, vergleichsweise, noch immer reichlich. Umso mehr, als er sich vorrangig unter Tennisliebhabern bewegt, die zu würdigen wissen, was er geleistet hat und noch immer leistet. Wer in Wimbledon 2021 erlebt hat, wie jeder seiner Auftritte herbeigesehnt wurde, welche Emotionen sie auslösten; wer erfasst, wie schwierig es ist, mit einer derart beeinträchtigten Vorbereitung und nach zwei Knieoperationen als 39-Jähriger nochmals zurückzukommen und ältester Viertelfinalist in Wimbledons Profi­ära zu werden – ja, wer ihn dann immer noch zum Rücktritt auffordert, sollte schlicht ignoriert werden.

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Die schlechte Nachricht für Haters, Provokateure, Giftpfeilschiessende und Rücktrittsfordernde: Federer wischt sie weg wie einen einfachen Volley. Sein Stolz gepaart mit seiner Sturheit, seinen Erfolgen, seiner Popularität sowie seiner Tennis-Verliebt- und -Versessenheit haben dazu geführt, dass er sich auch mit 40 von keinem mehr etwas vorschreiben lässt – schon gar nicht den Rücktritt.

Federer ist ein Erneuerer, ein Revoluzzer der Tennisgeschichte

Federer ist ein Erneuerer, ein Revoluzzer der Tennisgeschichte. Er ignoriert auch, dass ausser Jimmy Connors alle Spieler der jüngeren Historie spätestens mit 35 ihr Racket an den Nagel hängten. Dafür spannt er den Bogen zurück in die Zeiten, als Tennis vor allem Spass machen sollte. In die Zeiten eines T. G. P. Greville, der 1927 noch als 59-Jähriger in Wimbledon Einzel spielte. Oder eines Jean Borotra, der kurz vor dem 66. Geburtstag stand, als er 1964 der älteste Teilnehmer im Doppel wurde.

Vielleicht ist Federers Vorbild aber ja auch Arthur William Charles Gore. Der war bereits 41, als er 1909 als bisher Ältester Wimbledon gewann.

Spielte noch als 65-Jähriger in Wimbledon Doppel: Der Franzose Jean Borotra (links) an der Seite von René Lacoste in Wimbledon.