Zum 60. Geburtstag60 Jahre alt – und es bleibt dieser eine Wutausbruch
Rudi Völler ist Weltmeister und Champions-League-Sieger – aber alle Welt erinnert sich vor allem an seinen Ausbruch bei Weissbier-Waldi. Auch an seinem runden Geburtstag.
Graue Haare hat Rudi Völler eigentlich von jeher. «Tante Käthe» taufte ihn einst ein Mitspieler, «grauer Wolf» nannte ihn manches Medium. «Lieber graue Haare als gar keine», entgegnete Völler dann gerne. Und doch: Dass der Weltmeister von 1990, spätere Nationaltrainer und heutige Sportchef von Bayer Leverkusen am Ostermontag 60 Jahre alt wird, überrascht dennoch viele.
Denn Völler ist drahtig wie eh und emotional wie je. Für viele Fans gehört «Ruuudi» ihr gesamtes Fussball-Leben dazu. Weil er ein Charakterkopf mit vielen Seiten ist. Er sei eben «der Killer und Publikumsliebling, der Grüssonkel und beinharte Funktionär, der Hanauer Junge und globale Fussballstar», schrieb einst das Magazin «11 Freunde». Ein spannender Mix. Es gibt eben «nur ein Rudi Völler».
Und es gibt diesen einen Abend, der für immer mit Völler verbunden sein wird: derjenige vom 6. September 2003. Nach einem 0:0 Deutschlands in der EM-Qualifikation gegen Island sass Völler, der Nationaltrainer, im TV-Studio und stellte sich im Interview Reporter Waldemar Hartmann. Und dann brach es – völlig überraschend – komplett aus ihm heraus.
Völler schimpfte über «Käse» und «Schwachsinn», den er sich als Kritik über sich und seine Spieler anhören müsse, und schloss resigniert: «Ich kann den Scheiss nicht mehr hören.» Und er liess nicht nur die in einem anderen Raum sitzenden ARD-Kommentatoren Gerhard Delling und Günter Netzer verdutzt zurück, sondern vor allem auch Moderator Hartmann. Ihn kanzelte Völler mit der Aussage ab, er sitze ja ruhig im Studio, nachdem er «drei Weizenbier getrunken» habe.
«Rudi Wüterich» nannten ihn die Medien danach oft. Auch, weil es immer wieder legendäre Wutausbrüche Völlers gab. Philipp Lahms Verhalten bezeichnete er nach Kritik in dessen Buch als «erbärmlich und schäbig», eine Expertenrunde im TV nannte er «Muppet-Show», als ihm Sky-Reporter Ecki Heuser nach einem Interview dankte, antwortete er: «Ich Ihnen nicht.»
Die Geschichte hat ihn belastet
Sein ehemaliger Trainer Otto Rehhagel kannte diese Seite von Völler. «Ich habe noch heute ein Gespür dafür, wenn es in dir brodelt», schrieb der 81-Jährige in einer Geburtstagswürdigung in der «Bild am Sonntag». «Trotzdem bist du immer Mensch geblieben. Ehrlich und geradlinig», meinte Rehhagel.
Zu seinem Leidwesen verfolgt Völler die Tirade von Reykjavik bis heute: Er mag Weltmeister (1990) und Champions-League-Sieger (1993 mit Marseille) sein, doch im deutschsprachigen Raum erinnert man sich vor allem an diesen Ausbruch. Einst sagte er, die Geschichte hätte ihn «schwer belastet». Anders sein Gegenüber von jenem Abend auf Island: Der legendäre TV-Mann «Waldi» Hartmann erhielt einen Zehn-Jahres-Werbevertrag mit der Brauerei Paulaner – bekannt für ihr Weissbier.
dpa
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