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Meinung

Kommentar zur Steuer auf Kriegsgewinne
Warum die Idee einer Sondersteuer gut klingt, aber schlecht ist

Erdgas-Gasometer in Schlieren ZH. Energiekonzerne gehören zu den Gewinnern der Ukraine-Krise.
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Der Krieg haucht einer alten Steueridee neues Leben ein: die Zufallsgewinnsteuer, besser bekannt als Windfall-Tax. Unternehmen, die durch den Krieg ohne eigenes Zutun besonders viel Geld verdienen, sollen auf ihre Zufallsgewinne eine Sondersteuer zahlen.

Angesichts der Meldungen, dass die Ölraffinerien ihre Margen drastisch erhöht haben, weil sie von der selbst geschaffenen Knappheit von Ölverarbeitungskapazitäten profitieren, gewinnt die Idee auch in der Schweiz Fürsprecher. Neu ist auch Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister dafür, wie der «Blick» berichtete.

Die Umsetzungs- und Gerechtigkeitsprobleme solch einer Steuer sind gross.

Kein Wunder. Die Idee ist politisch verführerisch: Man nimmt Geld von reichen Unternehmen, deren dicke Gewinne nicht auf Fleiss oder Innovation zurückzuführen sind, und erhält so finanziellen Spielraum für neue Wohltaten. Zum Beispiel einkommensschwachen Haushalten eine Kompensation für die steigenden Energiekosten zu bezahlen. Daher wird die Idee der Zufallsgewinnsteuer auch in Grossbritannien und in Deutschland diskutiert.

Was auf den ersten Blick fair und einleuchtend aussieht, entpuppt sich auf den zweiten Blick als Lösung mit Haken und Ösen. Die Umsetzungs- und Gerechtigkeitsprobleme einer solchen Steuer sind gross. Daher sollte die Politik die Finger davon lassen.

Die Steuer selbst ist uralt, die USA, Frankreich und Grossbritannien hatten sie bereits im Ersten Weltkrieg eingeführt. Und die historischen Beispiele zeigen bereits, wie schwierig es ist, derartige Abgaben exakt zu justieren.

Die erste Frage lautet, wer die Sondersteuer überhaupt bezahlen soll. «Kriegsgewinnler» ist kein Begriff, der sauber definiert ist. Auch wenn der Gesetzgeber nur bestimmte Branchen wie die Öl-, Energie- und Rüstungsindustrie erfassen will, gibt es allein hier schon Abgrenzungsprobleme. Beispiel Rohstoffhändler: Diese handeln oft mit mehreren Rohwaren. Ab welcher Umsatzschwelle im Ölgeschäft müsste eine Firma dann dem Ölsektor zugeschlagen werden? 

Epische Lobby-Schlacht droht

Noch schwerwiegender ist der Gleichheitsgrundsatz. Warum sollen nur Öl- und Rüstungsfirmen einer Sondersteuer unterworfen werden? Müssten nicht – wie Fachleute von der ETH-Konjunkturforschungsstelle bereits vorgeschlagen hatten – auch die Gewinner der Corona-Pandemie zur Kasse gebeten werden, etwa die Schweizer Pharmamultis? Die Debatte um den Kreis jener Firmen, welche die neue Steuer bezahlen sollen, dürfte eine epische Schlacht der Lobbygruppen auslösen. 

Auch die Berechnung des Übergewinns ist alles andere als trivial. Zieht man einen «normalen» Jahresgewinn als Vergleich heran? Wie hoch darf der sein? Oder vergleichen die Steuerbehörden den Gewinn der betreffenden Firmen, den sie vor dem Krieg erwirtschaftet haben, mit dem Gewinn der Kriegsperiode? Was ist, wenn der Vorkriegsgewinn durch Firmenverkäufe oder andere Sondereffekte verzerrt ist? 

Sind all diese Probleme gelöst, bleibt ein grundsätzliches Gegenargument: Gerade die Schweiz ist stolz auf ihre Rechtssicherheit als Standortfaktor. Wer sein Unternehmen hier ansiedelt, weiss, was auf ihn zukommt. Die Einführung einer Windfall-Tax droht dem Image der Schweiz als verlässlicher Standort Schaden zuzufügen. 

Denn ist die Idee einmal umgesetzt, dürfte ein Rutschbahneffekt einsetzen: Andere Firmen und Branchen könnten schnell ebenfalls in den Fokus der empfundenen Gerechtigkeitslücke geraten und einer Sondersteuer unterworfen werden. Polemisches Schlussbeispiel gefällig? Profitieren nicht etwa Eisverkäufer ungerechtfertigterweise von den heissen Sommern, die uns der Klimawandel beschert?