Golf-Spektakel im WallisWarum Crans gut auskommt ohne einen wie Federer
Der zweitgrösste jährlich steigende Sportanlass der Schweiz unterscheidet sich markant von der Nummer 1, den Swiss Indoors. Turnierchef Yves Mittaz ist froh darüber.
Am Freitag geschah, was nicht geschehen sollte: Ein Gewitter zog über das Walliser Hochplateau mit Crans-sur-Sierre, dem Ballesteros-Golfparcours und damit das European Masters. Das Spiel wurde unterbrochen, 9400 Zuschauer und die Spieler mussten ins Trockene flüchten. Um vier Uhr ging es weiter, und weil die zweite Runde nicht beendet werden konnte, kam der Spielplan durcheinander, wurde die Rangliste etwas unübersichtlich.
Yves Mittaz, Turnierchef des zweitgrössten jährlich stattfindenden Schweizer Sportanlasses nach den Basler Swiss Indoors, bezeichnet das Wetter immer wieder als seinen Schlüsselspieler. «Die Zuschauerzahlen variieren mehr mit dem Wetter als mit der Qualität des Feldes. In den vergangenen 15 Jahren gab es nur eine einzige Ausnahme – als Superstar Rory McIlroy im Feld stand.» 65’000 kamen damals, normalerweise kommen etwa 50’000.
Dieses Jahr fehlen die grossen Namen fast allesamt, da diese in den USA am Fedex-Cup um viel mehr Geld und Prestige spielen. «Es stimmt, das Feld ist vielleicht ein wenig schlechter als in anderen Jahren», sagt Mittaz. «Trotzdem ist das Niveau hervorragend. Am ersten Tag führten zwei Spieler nach 62er-Runden, das ist unglaublich. Wir haben auch etwa gleich viele Tickets wie in anderen Jahren verkauft.» Und, nicht zu unterschätzen: Auch die VIP-Gäste und Sponsoren seien zufrieden.
Aufgewertet wurde das Turnier dafür durch die Anwesenheit der besten Schweizer, die letztes Jahr noch gefehlt hatten. Der Bündner Jeremy Freiburghaus, der kommende Saison als erster Schweizer seit 18 Jahren auf der Europatour spielen dürfte, verpasste zwar den Cut, die Thurgauer Jugendfreunde Benjamin Rusch und Joel Girrbach vom GC Lipperswil mussten dagegen mit Blick auf die Reduzierung des Feldes schon am Freitag keine Sorgen mehr haben, beide mit 4 unter Par. Rusch wurde schliesslich 23., acht Schläge hinter dem südafrikanischen Sieger Thriston Lawrence (262), der sich im Playoff gegen den Engländer Matt Wallace durchsetzte. Girrbach beeendete das Turnier auf Rang 68.
«Für das Schweizer Golf und unser Turnier ist der Aufstieg von Freiburghaus aussergewöhnlich und wichtig», sagt Mittaz. «Die Schweiz war bisher das einzige Land, das nicht regelmässig Spieler auf die Europatour brachte. Jetzt merkt man, dass sich bei den Profis etwas tut, und darüber sind wir sehr froh.»
Die Organisatoren des zum 75. Mal stattfindenden Traditionsturniers – es gehört schon zum 50. Mal zur Europatour – sind sich ihrer Ausnahmesituation bewusst. Wegen des faszinierenden hochalpinen Ambiente und des Charmes der Ferienregion bleibt es ihnen erspart, mit viel Geld Stars an den Start zu holen. Hier ist die Natur der Star.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Die Situation divergiert damit komplett von jener der Swiss Indoors, die mit einem Budget arbeiten, das um rund ein Drittel über jenem von Crans (10 bis 12 Millionen) liegt. «Was geschieht mit den Swiss Indoors, wenn Roger Federer einmal zurücktritt?», fragt Mittaz. «Ich sage nicht, dass es dann eingehen wird. Aber das grosse Problem ist doch: Ab dem Tag, an dem ein Athlet wichtiger wird als das Turnier selber, wird es gefährlich. Denn wenn er nicht mehr da ist, wird es Schwierigkeiten bekommen.»
Mittaz erinnert an das Platzen der Tennisblase in Deutschland in der Ära nach Becker, Graf und Stich. «Wenn man das Beste zeigen konnte, ist es unmöglich, noch besser zu werden. Und das Interesse des Publikums wechselt schnell. Das sah man auch in der Schweiz, mit Martina Hingis und dem Tennisturnier in Zürich.» Ein solches Szenario hat Crans nicht zu befürchten: «Wir haben das Glück, dass der Anlass momentan stärker ist als die Spieler.»
Wegen Brexit: Keine Rasengrüns aus England
Der 62-jährige Mittaz steht seit 1987 an der Spitze der Organisation. «Bis 2026 oder 2027 bin ich noch dabei», sagt er. «Es hängt davon ab, ob ich 40 Jahre oder 40 Turniere machen will.» Schon jetzt ist er daran, die neue Organisation aufzugleisen. Obwohl der wichtigste Vertrag – der mit Titelsponsor Omega – bereits bis 2027 verlängert wurde, gehen ihm die Projekte nicht aus.
Im Mittelpunkt steht der Championship-Parcours, der über die Jahre mit 17,5 Millionen Franken erneuert wurde. Die geplante Erneuerung einiger Grüns und Abschläge musste aber im vergangenen Herbst verschoben werden – wegen des Brexit. «Wir kaufen den Rasen für unsere Grüns jeweils in England ein. Aber seit dem Brexit dürfen die Briten keinen Rasen mehr exportieren.» Inzwischen wurde ein Lieferant in Irland gefunden, der das begehrte Saatgut liefern kann.
«In der Schweiz gibt es immer Leute, die ein solches Projekt fünf, acht oder zehn Jahre verzögern können.»
Komplizierter ist das ambitionierte Projekt der Umgestaltung und Aufwertung des 18. Lochs, das Richtung Schwimmbad erweitert und zu einer spektakulären Finalkulisse umbaut werden soll. Weil zudem das in Privatbesitz stehende Clubhaus erneuert werden soll, werden hier Synergien angestrebt. «In der Schweiz gibt es immer Leute, die ein solches Projekt fünf, acht oder zehn Jahre verzögern können», sagt Mittaz. «Aber trotz der Komplexität gibt es einen grossen gemeinsamen Willen, diese Pläne zu realisieren.»
Es wäre ein grosser Abgang, könnte Yves Mittaz dieses zurzeit etwas biedere Zielgelände im Bergdorf in eine spektakuläre Arena verwandeln. Viele träumen von diesem Szenario – aber nicht er. «In meinem Alter hat man keine Träume mehr», sagt der Walliser mit dem sonnengegerbten Gesicht. «Mein einziges Bestreben war immer nur, zu versuchen, besser zu werden.»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.