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Wahl in Polen
Warschaus Bürgermeister lässt Duda zittern

Zwingt er den amtierenden Präsidenten Andrzej Duda in die Stichwahl? Der Warschauer Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski winkt nach der TV-Debatte seinen Anhängern zu. (17. Juni 2020)
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Wenn Rafal Trzaskowski bei einem Wahlkampfauftritt die Bühne betritt, skandieren seine Anhänger: «Mamy dosc» (Wir haben genug). Es ist das kurze und einprägsame Motto der Kampagne des Warschauer Oberbürgermeisters, der als wichtigster Kandidat der Opposition bei der Präsidentenwahl in Polen am 28. Juni ins Rennen geht.

Innerhalb kurzer Zeit ist Trzaskowski zum gefährlichsten Herausforderer von Amtsinhaber Andrzej Duda geworden. Umfragen geben dem von der nationalkonservativen PiS gestellten Duda um die 40 Prozent, Trzaskowski von der liberalkonservativen «Bürgerkoalition» (KO) liegt bei 30,3 bis 32 Prozent. Alles sieht danach aus, dass Trzaskowski Duda in die Stichwahl zwingen wird. Und die Formel «Wir haben genug» ist zum Mantra geworden für viele Wähler, die hoffen, das Machtmonopol der PiS brechen zu können.

Erst nachträglich nominiert

Der populäre Warschauer Stadtoberste hat das Rennen aufgemischt, obwohl er erst nachträglich nominiert wurde. Dabei sah vor wenigen Wochen alles noch ganz anders aus. Ursprünglich war die Wahl für den 10. Mai geplant. Und Präsident Duda hatte beste Chancen, gleich im ersten Wahlgang zu gewinnen.

Die Pis war von dieser Aussicht so beflügelt, dass sie die Wahl selbst dann noch übers Knie brechen wollte, als wegen der Corona-Pandemie das öffentliche Leben in Polen lahmgelegt war. Doch dann verhedderte sich das Regierungslager in einem Streit um die Änderung des Wahlrechts. Im letzten Moment zog der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski die Notbremse: Die Wahl wurde kurzfristig verschoben.

Die oppositionelle KO nutzte die Chance, um ihre blasse und unglücklich agierende Spitzenkandidatin Malgorzata Kidawa-Blonska zum Rückzug zu drängen. Zuletzt hatten ihre Umfragewerte bei zwei bis vier Prozent gelegen. Mit der Nominierung Trzaskowskis kam schlagartig die Trendwende.

Hatte beste Chancen uf eine  Wiederwahl: Andrzej Duda während einem Wahlkampfauftritt. (17. Juni 2020)

Der 48 Jahre alte promovierte Politologe mit dem modischen Drei-Tage-Bart gilt als einer der profilierten Köpfe innerhalb des liberalkonservativen Lagers. Er hat in Paris und Oxford studiert. Während Andrzej Duda schon mit Englisch hadert, beherrscht Trzaskowski fünf Fremdsprachen: Ausser Englisch und Französisch spricht er noch Spanisch, Italienisch und Russisch.

Im Jahr 2013 holte ihn der damalige Regierungschef Donald Tusk als Minister für Verwaltung und Digitalisierung in sein Kabinett. Später war er stellvertretender Aussenminister. Im Oktober 2018 gewann Trzaskowski die Wahl zum Warschauer Oberbürgermeister im ersten Wahlgang mit einem Riesenvorsprung.

Trzaskowski habe alles, was ein Politiker brauche, der für ein hohes Staatsamt kandidiert, sagte der Politologe Antoni Dudek: «Gutes Aussehen, Intelligenz, Talent im Umgang mit Medien und die Fähigkeit, sich selbst für Heldentaten zu rühmen.» Seine schwache Seite sei dagegen, dass er als Kandidat der Grossstadt-Eliten wahrgenommen werde. Bei der Landbevölkerung könne er daher kaum punkten.

Unterstützung für Schwule und Lesben

Das liegt auch daran, dass Trzaskowski aus seinen liberalen Ansichten kein Hehl macht. Er will eingetragene Partnerschaften einführen – auch für gleichgeschlechtliche Paare. Im Sommer 2019 unterschrieb er als Warschauer Bürgermeister die sogenannte «LGBT+»-Charta, die Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans-Menschen unterstützen soll. In dem katholisch geprägten Land befremdet das manchen.

Trzaskowski könnte von der Landbevölkerung als Kandidat der Grossstadt-Eliten wahrgenommen werden. (Archivbild)

Weil Trzaskowski in der Mitte punktet, bemüht sich Duda nun verstärkt um die Gunst erzkonservativer und extrem rechter Wähler. Bei einem Wahlkampfauftritt in Niederschlesien sagte er über sexuelle Minderheiten: «Man versucht uns einzureden, dass das Menschen sind. Aber es ist einfach nur eine Ideologie.»

Die homophobe Hetze zielte auch auf den Herausforderer. Der liess sich nicht provozieren und schwieg. Polens Präsident aber erntete für seine Äusserungen einen tagelangen Sturm der Entrüstung aus dem In- und Ausland, der nun kaum einzufangen ist. Eines hat Trzaskowski jetzt schon erreicht: Andrzej Duda ist nervös geworden. Er macht Fehler.

oli/sda